Tschechiens junge Design-Szene
Auf dem Weg in die Welt
Ein Blick über die Grenze zeigt - in Tschechien entsteht eine junge Design-Szene. Seit zwei Jahren gibt es das Design-Magazin "blok", das nun auch in Englisch erscheint. Und am Design-Festival nahmen bereits 78 internationale Firmen teil.
8. April 2017, 21:58
Jana Semeradova über tschechische Design-Tradition
Was das Design betrifft, ist Tschechien ein unbekanntes Land. Im Westen, wo traditionellerweise das Design und die Mode herkommen, reizt jetzt die unmittelbare Nachbarschaft mit der Aura des Fremden und Unbekannten. Ein Blick über die Grenze zeigt: In Tschechien ist eine frische und junge Design-Szene im Entstehen.
Seit zwei Jahren erscheint in Prag das Design- und Lifestyle-Magazin "blok" auf tschechisch und auf englisch, das Festival "designblok" fand heuer im Oktober zum fünften Mal unter Beteiligung von 78 internationalen Firmen statt. Begonnen hatte man 1999 mit nur 14 Designern. Und tschechische Jung-Designer kommen zunehmend auch weltweit gut ins Geschäft.
Prestigeträchtiges Hoffnungsland
Prag-Holoschowitze. Eine Insel in der Moldau wurde zum prestigeträchtigen Hoffnungsland in Prag. Die anspruchsvolle Industriearchitektur aus den 20er und 30er Jahren wird revitalisiert, der Wildwuchs der Kleingartenhüttchen wird in den nächsten zwei Jahren einer Parkanlage weichen.
Erfolgs-Designer "Olgoj Chorchoj"
Bereits jetzt haben sich dort etliche Architekten und Designer angesiedelt, wie auch das Designer-Studio "Olgoj Chorchoj", das mit seinen Produkten in den letzten Jahren mehr als 50 Mal in westlichen Galerien ausgestellt war.
Es sei ein bekannter tschechischer Architekt des Funktionalismus, der ihr Haus gebaut habe: Otakar Novotny. Von ihm stamme auch das "Manes Haus", der weltberühmte Kubus an der Moldau im Zentrum Prags. Nun stehe das Gebäude seit kurzem sogar unter Denkmalschutz, erklärt Michal Fronek von "Olgoj Chorchoj".
Glas-Design - Fortsetzung einer Tradition
Neben der Ausstattung von Penthouses ist vor allem Glasdesign eine der Spezialitäten von "Olgoj Chorchoj". Simax heißt die Verbindung, in der die kühlen, witzigen und durchsichtigen Gebrauchsgegenstände hergestellt werden.
Simax-Produkte können geschmolzen werden wie Metall, und sind im Gebrauch hitzebeständig. Mit diesem Glas berufen sich die Jung-Designer auf eine bewährte tschechische Industrietradition
Nicht ganz in den Westen
Auch wenn "Olgoj Chorchoj" gerne und oft im Westen präsent ist - derzeit nimmt die Design-Gruppe an der Ausstellung "Tschechmania" in London teil - will man aber nicht ganz in den Westen ziehen. Er liebe Prag, und er habe hier eine Aufgabe zu erfüllen: Nämlich der heimischen Industrie zu helfen, die die Bedeutung des Designs noch nicht ganz erkannt habe, meint Fronek.
Maxim Velcovskys ausgefallene Kreationen
Auch der 25-jährige Designer Maxim Velcovsky, der in "Qubus", der einzigen Design-Galerie Prags seine Arbeiten ausstellt, beruft sich gerne auf die tschechische Tradition der Porzellanerzeugung.
Velchovsky produziert ausgefallene Produkte: So z. B. Gummistiefel als Blumenvasen oder ein Schüssel-Set, das auf den ersten Blick abstrakt wirkt, bei genauerem Hinsehen aber die Form Tschechiens aufweist.
Angst vor Ausverkauf
Mit seinen Kreationen wirft er immer die Frage nach dem Schönen und dem Hässlichen auf. So etwa bei seinem Leninkopf, der bei vielen Tschechen Hass auslöst, der aber durch Blümchen behübscht ist.
Auch wenn sich die Designer auf heimische Traditionen berufen, können sie den Ausverkauf des Landes nicht aufhalten, bedauert Maxim Velcovsky. So seien alle Kaolin-Minen an Deutschland verkauft worden, obwohl man diesen Rohstoff immer als "weißes Gold" bezeichnet habe. Eigentlich sei es ein Ausverkauf der Republik.
Erfolgreiches Design-Magazin "blok"
Vor allem tschechischen Produkten widmet sich das Design- und Lifestyle-Magazin "blok", das im September 2001 erstmals in Prag mit einer Auflage von 7.000 Stück gestartet ist.
Inzwischen wird es auch in einer tschechisch-englischen Ausgabe gedruckt, wie Chefredakteurin Jana Semeradova erklärt: "Wir haben nicht mit einem solchen Erfolg gerechnet. Und mittlerweile wird das Magazin auch im Ausland verkauft."
Selbstbewusstsein stärken
Man müsse in Tschechien das Selbstbewusstsein stärken. Immerhin habe es hier eine bedeutende Tradition des Kubismus und des Funktionalismus gegeben. Und später Stars wie Glas-Designer Stanislav Libenski oder Stenjek Kowarsch, einen Bildhauer und Industrie-Designer, der durch seinen Entwurf für den "Tatra 603" berühmt wurde.
Links
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Olgoj Chorchoj
Qubus
designblok