Im Dschungel der Wiederveröffentlichungen
Historische Aufnahmen
Es gibt unzählige Billigpreis-Serien aus den Backkatalogen der Plattenfirmen. Für wiederveröffentlichte Aufnahmen aus dem ersten Jahrhundert der Schallplatten-Geschichte gilt gleiches wie für den Supermarkt: Kein Kauf ohne genauen Vergleich.
8. April 2017, 21:58
Die Namen für Billigpreis-Serien aus den Backkatalogen der Plattenfirmen sind Legion. Aber Namen sind Schall und Rauch. Denn: Auf den einzelnen Titel und seine Interpreten kommt es an. Und diese findet man oft bei verschiedenen Firmen, oft aber auch bei einer in verschiedenen Serien.
Wie im Supermarkt sollte man auch hier nicht kaufen, ohne genau zu vergleichen. Das gilt auch für das unerschöpfliche Reservoire der Backkataloge mit mehr oder weniger legendären Aufnahmen des ersten Jahrhunderts der Schallplatten-Geschichte.
Interessante "Universal"-Serien
So bietet "Universal Music" interessante Neuerscheinungen in den Serien "Eloquence" und "Original masters". Zum Teil sind es Reihen für Sammler, die sich teilweise überschneiden.
Jedenfalls bieten sie ungewöhnliche künstlerische Qualität zu unglaublich niedrigem Preis. Das Angebot reicht von Aufnahmen aus der Schellackzeit bis in die 70er und 80er Jahre.
50-Jahre-Frist für Interpretenschutz
Wirklich heikel wird es aber, wenn man mehr als ein halbes Jahrhundert zurückgeht: 50 Jahre ist nämlich jene Frist, die das Urheberrecht für den Interpretenschutz von Schallplatten-Aufnahmen setzt.
Konkret bedeutet das: Die erste "Fledermaus"-Einspielung mit den Wiener Philharmonikern (1950 unter Clemens Krauss) ist nicht mehr, die zweite (1960 unter Herbert von Karajan) aber noch geschützt. Beide Aufnahmen sind bei "Decca" erschienen und noch bei diesem Label ("Universal") erhältlich. Die Krauss-Einspielung hingegen gibt es auch bei anderen Labels.
Beispiel "Preiser"-Fledermaus
Ein anderes Beispiel ist die Aufnahme der renommierten österreichischen Firma "Preiser", einem Label, das seit den 60er Jahren auf Schellack-Transfers spezialisiert ist.
"Preiser" bietet diese legendäre "Fledermaus"-Gesamtaufnahme ohne Dialoge unter Clemens Krauss schon seit längerer Zeit auf zwei CDs an.
"Eloquence"-Serie als Konkurrenz
Jetzt hat dieser preisgünstige "Preiser"-Doppelpack Konkurrenz bekommen - und zwar von der Originalfirma in der Serie "Eloquence-Dokumente" der "Universal". Und dieses Angebot ist billiger und günstiger.
Und dies nicht nur hinsichtlich des Preises, der ja vom Einzelhändler abhängt (Übrigens - schon gesehen um EUR 9,90), sondern auch wegen des Inhalts: Fast die gesamte zweite CD enthält Bonus-Tracks mit Neujahrskonzert-Repertoire der Wiener Philharmoniker unter Clemens Krauss.
Komponente Klang
Soweit, so eindeutig - scheint die Kaufempfehlung zu lauten. Aber es gibt noch eine individuelle Komponente: den Klang. Und der ist durchaus unterschiedlich. Welches Klangbild einem mehr zusagt, das hängt natürlich vom jeweiligen Geschmack ab:
So klingen die Streicher der Philharmoniker bei "Preiser" natürlicher als in der "Eloquence"-Version. Hingegen sind bei den Singstimmen kaum Unterschiede zu erkennen.
Operetten-Stars Güden-Patzak
Und auf die Sänger kommt es an: Hilde Güden und Julius Patzak bilden ein nobles Operetten-Duo. Sie sind bestens bei Stimme, stilsicher und zeigen vokale Eleganz.
Das trifft ebenso für den Rest der Besetzung zu: Für die Adele von Wilma Lipp, den Falke Alfred Poells sowie den Eisenstein von Anton Dermota.
Historische Einzel-CDs
Gleichzeitig mit dieser - instrumental vollgepackten - "Fledermaus" sind in der "Eloquence-Dokumente"-Serie eine Reihe interessanter historischer Einzel-CDs erschienen:
So u. a. Schuberts "Winterreise" mit Peter Anders und Michael Raucheisen, Tschaikowskys 5. Symphonie unter Sergiu Celibidache, der erste Akt "Walküre" mit Wolfgang Windgassen sowie eine Reihe von Wagner-Aufnahmen der Wiener Philharmoniker unter Hans Knappertsbusch.