Wie kann die Umgebung klingen?

Räume hören

In Architektur und Stadtforschung ist ein Trend zur Beschäftigung mit Klängen und Geräuschen zu bemerken. Konzeptuelle und technische Ansätze zur Gestaltung unserer akustischen Umwelt werden vermehrt bei der Realisierung von Bauprojekten mitgedacht.

Christoph Gehr, Auditive Architektur

Die Tatsache, dass unser Gehör immer in Bereitschaft ist, macht die Auseinandersetzung mit Akustik nicht nur für Musiker relevant. Das Erfassen und Interpretieren von Schallereignissen - also von Geräuschen und Klängen - ist sowohl im Alltag als auch beim aktiven Musikhören ein bewusster Akt.

Wir nehmen Gehörtes wahr und speichern es - sonore Abdrücke des Gehörten bleiben in unserem Gedächtnis haften.

Auditive Architektur

Dass das Hören für Architekten wesentlich ist, wusste schon Vitruv, ein römischer Architekt, Ingenieur und Schriftsteller des 1. Jahrhunderts vor Christus. Er wandte sich an die Architekten mit der Bitte, sich mit dem Thema Musik, Harmonien und Akustik auseinanderzusetzen.

Vitruvs Bitte folgten vielen Architekten bis heute: Auf ganz besondere Weise war die Beschäftigung mit Akustik in der Architektur für den Architekten Christoph Gehr möglich, gemeinsam mit dem Computermusiker und Klangkünstler Thomas Kusitzky und Alex Arteaga als Dozenten. In dem Forschungsschwerpunkt Auditive Architektur an der Universität der Künste Berlin formten sie eine neue künstlerisch-wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Gestaltung des Klangs und der Klangumgebung von Bauwerken beschäftigt.

Klangliche Gestaltungsmöglichkeiten

Das interdisziplinäre Forschungsprojekt untersucht sowohl die klanglichen Gestaltungsmöglichkeiten von Innen- und Außenräumen als auch die begleitenden gesellschaftlichen Faktoren und den Einfluss der Gestaltung auf die Nutzer der Architektur.

Das erste Projekt der Auditiven Architekten war das Mehrgenerationswohnprojekt "Lebens(t)raum" in Berlin Johannisthal. Dabei gestalteten die Architekten nicht ausschließlich nach visuellen Gesichtspunkten, sondern stellten sich der Frage: Wie kann die Umgebung klingen? Durch spezifische Bepflanzung wurden etwa im Außenbereich um die Siedlung Tiere angelockt, die eine gewünschte ländliche Klangatmosphäre erzeugten.

Momentan gestalten die Auditiven Architekten die Cafeteria der Universität der Künste in Berlin nach akustischen Gesichtspunkten.

Akustiker unterrichten Architekten

Ein Kanon aus innovativen Architekten, Architekturtheoretikern, Stadtforschern, Komponisten und Klangkünstlern fordert das Einbeziehen von akustischen Maßnahmen in den Planungsprozess unserer gebauten Umwelt. Spezialisten - also Akustiker - sind von Beginn an, also bereits vor der Planung, mit einzubeziehen.

Viele Akustiker unterrichten Akustik für Architekten. Im Studium ist es wichtig eine Sensibilisierung der Planer zu erreichen - wenn Bauvorhaben in Bezug auf Akustik zu komplex werden, müssen ohnehin Spezialisten zugezogen werden.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 7. Mai bis Donnerstag, 10. Mai 2007, 9:45 Uhr

Literatur-Tipp
Dérive - Zeitschrift für Stadtforschung, Heft 27 (April-Juni 2007), Stadt hören, dérive - Verein für Stadtforschung, ISSN 1608-8131

Links
Auditive Architektur
Dérive - Zeitschrift für Stadtforschung