Wie man es erlangt, bewahrt und mehrt

Glück!

Bücher dazu, wie man Glück erlangen könnte, gibt es viele. Nun hat Wolf Schneider, der Sprachkritiker und langjährige Leiter der Hamburger Journalistenschule, eine "andere" Gebrauchsanweisung für das Glück veröffentlicht, mit interessanten Ratschlägen.

Das Glück is a Vogerl,
gar liab, aber scheu,
es lasst si schwer fangen,
aber fortg'flogn is glei.


Hunderte von Anweisungen sind bereits erschienen, wie man das Glücksvogerl einfängt. Die erste Frage, die man sich also bei so einem Buch zum Thema Glück stellt, ist, ob der Autor ein Glücksexperte ist. Vieles spricht dafür: Er war viele Jahre Leiter der von ihm gegründeten Hamburger Journalistenschule, ist erfolgreicher Autor auch von anderen Büchern mit Auflagenzahl zwischen 8 und 27, versteht das Leben zu genießen, wie aus seinem Buch hervorgeht, und hat überdies das Geheimnis der ewigen Jugend gelüftet, zumindest dem Foto nach zu schließen, da er, Geburtsjahrgang 1925, in seinem Glücksbuch genauso aussieht wie vor 15 Jahren. Aber vielleicht gehört eine gewisse Eitelkeit auch zum Glücklichsein.

Befragungen bei Schönwetter

Es ist ein Buch mit rund 300 Seiten, bei dem auf jeder Seite eine Fülle von Information an Zitaten, Zusammenfassung von Forschungsberichten, eigene Erfahrungen und kurze Ratschläge stehen. Schneider beschäftigt sich mit dem Problem der Quantifizierung von Glück. Wussten Sie zum Beispiel, dass Meinungsforschungsinstitute, die hohe Glückswerte wollen, immer bei Schönwetter fragen und Fragen bei Schlechtwetter dadurch kompensieren können, indem der Interviewer zuerst sagt: "Was für ein Sauwetter! Ich mag das genauso wenig wie Sie."

Schneider beschäftigt sich in einem Exkurs auch mit dem Unterschied zwischen "Glück" und "Glück", klar unterschieden in anderen Sprachen durch "luck" oder "bonne chance" auf der einen Seite und "happiness" oder "bonheur" auf der anderen Seite. Dem Leser fällt dazu die Negativdefinition der ersten Form von Glück von Torbergs Tante Jolesch ein: "Gott soll einen hüten vor allem was noch ein Glück ist".

Was ist nun Glück?

Schneider nähert sich seiner Definition über drei Arten von Glück an: Erstens "die lange Zufriedenheit", die Genugtuung, sich auf der Welt halbwegs komfortabel eingerichtet zu haben, im Beruf, in der Familie, im Wohlstand, in einem Quantum Macht und in ein paar Gründen, stolz zu sein. Er weist darauf hin, dass dies offensichtlich für Personen leichter sei, für die dieser Wohlstand keine Selbstverständlichkeit ist, die noch Entbehrungen und Hunger kennen gelernt haben, wie zum Beispiel für die ältere Generation.

Eine zweite Art von Glück ist "das kleine Glück", das kurze Wohlbehagen: das Bier, das den Durst löscht, das gute Essen in fröhlicher Runde, das unverhoffte Wiedersehen mit Freunden: Spaß, Vergnügen, Freude, Fröhlichkeit.

Und die dritte Art von Glück ist "das große Glück", das, was die Dichter besingen und wovon wir alle träumen: Rausch, Lust, Wonne, Seligkeit, Jubel, Überschwang, Triumph, Euphorie, Ekstase. Wobei Schneider nicht vergisst hinzuzufügen: Die dauernde Glückseligkeit zu fordern ist eine weltfremde Ausschweifung des Geistes.

Gute Rezepte

Auf den folgenden rund 250 Seiten versucht Schneider der Leserin und dem Leser Rezepte zu liefern, was getan werden kann, um das Glück zu vergrößern und was vermieden werden sollte, damit das Glück nicht geringer wird.

Zu den guten Rezepten das Glück zu steigern zählt Schneider folgende: 1. Tu was! 2. Gönn' Dir was! 3. Pflege die Kontraste! Zufriedenheit ist immer komparativ. Den Paradiesen fehlt der Kontrast. Und dazu kommt der Reiz des Verbotenen, der zu dem scherzhaften Seufzer führt: "Denk' nur an die schöne Zeit, als die Luft noch sauber und der Sex noch schmutzig war".

Weitere Rezepte zur Steigerung des Glücks sind noch "Pflege die Kontakte!", das in den Satz mündet:

Bis zum ausdrücklichen Erweis des Gegenteils ist jede Gemeinschaft besser als keine. Man versuche also sich nicht abzusondern. Man gehe hin.


Nicht so gute Rezepte

Strittige Rezepte, das Glück zu steigern, bilden den nächsten Teil des Buches: "Selbstverwirklichung - ein gemischtes Vergnügen", "Feste und Räusche", "Nicht vorsorgen? Nichts vererben?" und "Das einfache Leben", zumindest für ein paar Wochen im Jahr - im Abenteuerurlaub, auf der Berghütte, auf dem Campingplatz - schafft mit dem Sprung ins Primitive und zurück zweimal den Kontrast.

Über Liebe, Macht und Geld bietet Schneider vorsichtshalber wenig an und das unter der Überschrift "Wo Rezepte wenig helfen". Und offensichtlich unsicher ist er in den Kapiteln über Ehe und "Machen Kinder glücklich?", die er unter "Wo Glück und Leid sich streiten" einordnet.

Es gibt ziemlich viele Ehen, in denen die Freude den Ärger überwiegt, Ehen, die nicht in Stumpfsinn münden oder Überdruss. Ja solche, die die Welt um ein kleines Gesamtkunstwerk bereichern.

Resumé

Warum sollte ein glücklicher Mensch dieses Buch lesen? Weil es erstens zeigt, wie ein Autor ein unscharfes, aber essenzielles Thema analytisch, mit gebotener Skepsis, präsentieren kann, und zweitens, weil er treffliche Ratschläge bekommt, die besonders glücklichen Augenblicke seines Lebens sogar noch zu vermehren.

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
Wolf Schneider, "Glück! Eine etwas andere Gebrauchsanweisung", Rowohlt Verlag, ISBN 978-3498063924