Star-Mezzo singt in "Werther"
"Ich weiß, was ich will"
Zunächst studierte die bulgarische Mezzosopranistin Vesselina Kasarova Klavier. Die gefragte Sängerin, die im Juni wieder an der Staatsoper auftritt, ist zu Gast im Ö1 Klassik-Treffpunkt. Hier spricht sie über ihre Karriere und über ihr Vorbild.
8. April 2017, 21:58
Bereits im Alter von vier Jahren begann sie mit dem Klavierspielen: die in Stara Zagora in Bulgarien geborene Mezzosopranistin Vesselina Kasarova. Nach ihrem Konzertdiplom war sie an der Musikakademie in Sofia als Korrepetitorin tätig und begleitete viele Sänger bei deren Gesangsausbildung.
"Während meiner Tätigkeit als Klavierbegleiterin dachte ich mir, ich sollte auch versuchen zu singen. Ich bemerkte, dass viele junge Sänger nicht richtig zuhören. Sie singen zu tief oder zu hoch - da habe ich begonnen mitzusingen. Und ich muss sagen, das schwierigste Instrument, das es gibt, ist die menschliche Stimme", erzählt der Star-Mezzo.
Willenskraft und Selbstkritik
"Man muss einen starken Willen haben, selbstkritisch sein und nicht zu rasch mit zu schwierigen Partien beginnen. Obwohl ich ein friedlicher Mensch bin, weiß ich, was ich will. Ich mache nicht alles mit. Mir werden immer wieder dramatische Rollen angeboten, aber ich bin nun 41 Jahre alt und singe noch immer auch Mozart. Das Problem bei dramatischen Partien ist, dass die Orchester heute viel lauter spielen als früher", stellt Kasarova fest.
Spezielle Farben für jeweilige Partie
Die erfolgreiche Sängerin bemüht sich bei ihren Auftritten, den jeweiligen Rollen auch die entsprechenden Farben zu geben:
"Man kann nur dann Farben ausdrücken, wenn man weiß, wie man mit der Stimme umgehen muss. Dies ist ein langer Prozess. Ich denke immer an die Ästhetik in der Musik. Die Zuhörer sollen spüren, was ich sagen möchte, was ich fühle. Die Gefühle sind ganz wichtig. Zuerst muss ich von mir überzeugt sein, nur dann kann ich auch das Publikum überzeugen", so Vesselina Kasarova.
Großes Vorbild Edita Gruberova
Ein besonderes Vorbild von Kasarova ist Edita Gruberova, wie sie erzählt:
"Ich habe sie das erste Mal in Zürich gehört, wo wir damals gemeinsam in 'Lucia di Lammermoor' gesungen haben. Ich war mit ihr auf der Bühne und habe gar nicht gemerkt, als ihre Arie zu Ende war, so fasziniert war ich von ihr. Wie ist es möglich, dass ein Mensch so singt? In der Folge habe ich viel mit Edita Gruberova zusammengearbeitet und sie hat mir viele gute Ratschläge gegeben. Denn nur ganz wenige Sänger wissen, wie sie mit der Stimme umgehen sollen. Ich möchte niemanden beleidigen, ich bin auch nur eine Sängerin unter vielen, aber die meisten singen mit ihrer Naturstimme. Und dann beginnen sie zu brüllen."
Mit einem Fan verheiratet
Vesselina Kasarova ist heute Schweizer Staatsbürgerin und lebt bei Zürich. Sie ist mit einem ehemaligen Fan verheiratet, gemeinsam haben sie einen achtjährigen Sohn.
"Ich habe mich in seine Augen verliebt, denn es gibt wenige Menschen, die diese Reinheit in den Augen haben wie er. Mein Mann betreut mich heute und kümmert sich um alles, er ist aber nicht mein Manager, das wäre nicht gut. Und mein Sohn ist das Beste, was ich bisher in meinem Leben gemacht habe!"
Großer Respekt vor Sängerberuf
Ihren Beruf nimmt Vesselina Kasarova sehr ernst: "Ich bin ein Arbeitstier, bin immer pünktlich und habe großen Respekt vor meinem Beruf. Ich möchte lange singen, deshalb bin ich auch so vorsichtig bei der Rollenauswahl."
Mezzosopran - eine interessante Stimmlage
Ist es ein Zufall, dass es neben Vesselina Kasarova heute eine ganze Reihe ausgezeichneter Mezzos gibt?
"Mezzosopran ist eine sehr interessante Stimmlage. Und durch die heutige Regie haben wir mehr Gelegenheit zu spielen. Denn heute genügt es nicht mehr, in einem mehr oder weniger pompösen Kostüm auf der Bühne zu stehen und zu singen. Heute muss man auch eine gute Schauspielerin sein. Es gab immer gute Sängerinnen in diesem Fach, aber heute lässt sich das Phänomen feststellen, dass wir um zirka einen halben Ton höher singen, als es früher üblich war - denn die Orchester sind höher gestimmt", so die Kasarova abschließend.
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Hör-Tipps
Klassik-Treffpunkt, Samstag, 16. Juni 2007, 10:00 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Jules Massenet, "Werther", 14., 18., 22., 26. und 30. Juni 2007, 19:30 Uhr, Wiener Staatsoper
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