Warum ist der Arztberuf so erstrebenswert?
"Gott in weiß" ist tot - oder doch nicht?
Das Medizinstudium gilt als besonders lernaufwändig. Die Turnusärzte-Ausbildung wird seit Jahren als mangelhaft kritisiert. Fertige Ärzte fühlen sich häufig dem hohen Leistungsdruck nicht gewachsen. Der Ansturm auf das Studium ist dennoch ungebremst.
8. April 2017, 21:58
In kaum einem anderen Beruf kann man hohes gesellschaftliches Ansehen, finanzielle Sicherheit und Selbstverliebtheit so gut miteinander verbinden wie im Arztberuf: Porsche fahren, Partys feiern, ein hübsches Häuschen am Land und exklusiven Hobbys nachgehen - das ist das Klischee vom "Gott in Weiß".
Der Wunsch ist so groß...
Menschenleben retten zu können, psychisch Kranke verstehen zu können und den Blick hinter die Vorgänge im menschlichen Körper zu haben - darum möchte Alexandra Ebert Medizin studieren.
Ungewöhnlich deshalb, weil sie sich erst im Alter von 24 Jahren und mit einem fast abgeschlossenen Universitätsstudium in Landschaftsarchitektur dafür entschieden hat. Freunde und Bekannte können ihre Entscheidung kaum verstehen.
...doch die Chancen gering
Sie ist eine von 5.652 Bewerbern, die um 1.140 Plätze an den Medizinuniversitäten in Wien und Innsbruck ringen. Die erste Hürde auf dem Weg zum Arztberuf ist der Eignungstest für das Medizinstudium, der EMS, ein Marathon-Test, der am 6. Juli stattfindet.
Für 198 Aufgaben hat man fünf Stunden Zeit, das ist kaum zu schaffen und so ist der Test auch angelegt.
Dank von Patienten als Lohn
Wenn Andrea Kottmel einen 90-jährigen Patienten zum schäkern anregen kann; wenn es ihr gelingt, dass eine 12-Jährige eine Blinddarmoperation als tolle Erfahrung in Erinnerung behält, weil sie wie eine Prinzessin behandelt wurde, dann weiß sie, warum sie als Turnusärztin in einem niederösterreichischen Spital arbeitet.
Beim Infusionen anhängen, Blutabnehmen und bei Schreibarbeiten, die sie wie viele andere Turnusärzte als "Mädchen für alles" tagtäglich erledigen muss, tritt der eigentliche Grund für ihre Berufswahl manchmal schon in den Hintergrund, sagt sie.
Ärzte haben eine besondere Wirkung
Ein Gott ist er selbstverständlich nicht, sagt der Allgemeinmediziner Nikolaus Brinskele, das wollte er auch nie sein. Als Kleinkind hat er zum ersten Mal seinen Hausarzt, wie der durch seine Anwesenheit die nervöse Mutter beruhigen und den kleinen Geschwistern helfen konnte, das hat ihn fasziniert.
So wollte er auch einmal auf andere Menschen wirken. Seine Rolle innerhalb der Familie - als jemand, der sich besonders um andere sorgt und kümmert - war auch ausschlaggebend, meint er. Seinem Beruf kann Nikolaus Brinskele auch heute noch diese Faszination abgewinnen, die ihn vor dem Burnout bewahrt, das so viele Ärzte erfasst.
Aktiver Musiker oder Arzt?
Rudolf Mallinger, Vizerektor für Lehre an der Universität Wien, wäre auch gerne aktiver Musiker geworden. Dann dachte er sich, das sei noch schwieriger, als Arzt zu werden und studierte Medizin.
Sein Interesse für den menschlichen Körper und die Naturwissenschaften war schließlich ausschlaggebend. Der Wunsch, das hohe Sozialprestige der Ärzte am eigenen Leib zu erfahren, könnte vielleicht mit ein Grund gewesen sein, meint er.
Hör-Tipp
Moment, Dienstag, 22. Mai 2007, 17:09 Uhr
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