Peter Slavik zwischen Berlin und Wien
Eine Qualität von Freiheit
Wenn im Berliner Viertel Wedding ungewöhnliche Ausstellungen, Lesungen und Festivals stattfinden, dann ist ein Mann entscheidend an all diesen Initiativen beteiligt - der österreichische Schriftsteller und Regisseur Peter Slavik.
8. April 2017, 21:58
Aus Berlin betrachtet ist Wien ein Museum
Schmale, steile Holzstiegen führen hinauf zur Wohnung von Peter Slavik in Berlin-Wedding. Draußen auf der Straße spielen türkische Kinder Fußball, im Stiegenhaus riecht es nach exotischen, gut gewürzten Speisen.
Seit gut zwanzig Jahren lebt der gebürtige Wiener Peter Slavik nun schon im Wedding, einem Bezirk, der in den Medien mitunter als "verbotene Stadt" bezeichnet wird, und da ist besonders der "Soldiner Kiez" gemeint, ein Viertel im Bezirk rund um die Soldiner Straße, nur einige Straßenbahnstationen von Peter Slaviks Wohnung entfernt.
Von der Kultur- zur Sozialarbeit
In Wien hat Peter Slavik als Journalist für Zeitschriften gearbeitet. Als Autor schrieb er Theaterstücke, die an verschiedenen Bühnen, so auch im Wiener Burgtheater gezeigt wurden. In Berlin hat er sich in den letzten Jahren vor allem auch der Kultur- und Sozialarbeit verschrieben.
Er betreute eine "Kultur -Werkstatt" in Wedding, er organisierte Feste und Theaterevents für Behinderte, kümmerte sich um arbeitslose Jugendliche. Seit seiner Pensionierung beim QM, beim Quartiersmanagement des Soldiner Kiez, das er zwischen 2001 und 2005 geleitet hat, hilft er beim Aufbau eines "Bürgerforums" im Bezirk und fungiert als Herausgeber der Zeitschrift "Klopfzeichen".
Am Widerstand wachsen
"Die Stadt beflügelt dort, wo sie einen hemmt und sie droht mit Stillstand, wo es nichts zu überwinden gilt", sagt Peter Slavik über seine Wahlheimat Berlin. Das sei auch eine Qualität von Freiheit, die man sich immer wieder erkämpfen müsse. "Berlin ist eine Stadt ohne Nachsicht, die einzig den Ausbruch honoriert, aus welchem Ghetto auch immer", sagt Slavik, der über die Stadt in den nächsten Jahren ein Theaterstück schreiben will, ein Stück über eine Stadt mit vielen Grenzen, die man immer wieder neu überwinden muss.
Blick zurück nach Wien
Die Stadt seiner Kindheit, Wien, besucht er regelmäßig. Seine Mutter lebt in Linz in einem Heim, so ist er oft in Linz und in Wien zu Gast, der Kontakt zu einigen alten Freunden ist nie abgerissen.
Geboren wurde Peter Slavik im September 1939 in Wien. Der Vater stirbt im Krieg, nur wenige Erinnerungsbilder bleiben dem Sohn im Gedächtnis. Die Mutter ist präsent, muss sich um alles kümmern. Bei Kriegsende ist Peter Slavik sechs Jahre alt. "Als Kind sieht man die Ruinenlandschaften ganz anders", sagt er. "Man erlebt die Trümmerfelder als Abenteuerspielplatz."
Der Weg zur Bühne
Peter Slavik studierte Germanistik und Journalistik in Wien, er schrieb für Tageszeitungen wie dem Wiener Kurier, wo Hugo Portisch sein Mentor wurde. Er schreibt Theaterkritiken und versucht es schließlich mit eigenen Stücken. 15 sind es bist heute insgesamt.
1970 wurde in der "Tribüne", dem Kellertheater unter dem Cafe Landtmann seine ersten drei Einakter uraufgeführt, bald folgten weitere Stücke. 1983schließlich wurde "Raumleben" am Wiener Burgtheater uraufgeführt.
Auf nach Deutschland
Bereits 1971 hat Peter Slavik, damals erfolgreich als Journalist und Autor, Österreich verlassen. Er wurde Dramaturg und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit an den Württembergischen Staatstheatern in Stuttgart. Es folgten Jahre als Dramaturg, Autor, Regisseur und zuletzt Theaterleiter in Dortmund, Ulm und Kiel.
Nach Berlin war er gekommen um ein kleines "Kneipentheater" aufzumachen, ein Projekt, das sich nicht verwirklichen ließ. Also ging er lieber - wie er selbst sagt - "in den sozialen Bereich".
In den Jahren 1989 bis 1999 war Slavik Leiter der Kultur-Werkstatt im Berufsbildungszentrum Berlin-Schöneberg, ab 2001 Leiter der "Werkstatt im Medienhof" beim Quartiersmanagement Soldiner Kiez.
Engagement am Kiez
Seine Arbeit für den Kiez war vielfältig. Er war als Sozialarbeiter tätig, leitete Theatergruppen, engagierte sich in zahlreichen Initiativen vor allem für die Jugendlichen aus Migrationsfamilien. Mit seiner Hilfe entstand ein Verbund von Galerien, die Kunst von Behinderten zeigen, die "Kolonie Wedding". Und es entstanden Festivals für Menschen mit Behinderung wie "Grenzen verschwimmen" oder " Heller Wahnsinn"...
Weshalb er Österreich verließ? "Ich habe mich immer als politischen Autor gesehen", sagt Peter Slavik. "Die Jahre um 1968 brachten eine spannende Aufbruchsstimmung in vielen Bereichen mit sich, in Österreich viel weniger als in Deutschland. Das erschien mir spannend!"
Und dennoch - bei allem Engagement für Wedding und den Kiez - im Gespräch denkt er auch über eine Rückkehr nach Wien nach. "Der Kreis soll sich schließen", sagt Peter Slavik.
Hör-Tipp
Menschenbilder, Peter Slavik, Sonntag, 27. Mai 2007, 14:05 Uhr
Links
Forum Soldiner Kiez
Kolonie Wedding - Werkstatt im Medienhof