Preziosen des Soul Jazz

Walk tall!

Der Soul Jazz erlangte in den 1960er Jahren große Popularität und beeinflusst auch Jahrzehnte danach noch Jazzmusiker. Einer der prägenden Musiker des Genres war Joe Zawinul, der für Soul-Jazz-Legende Cannonball Adderley 54 Stücke geschrieben hat.

Cannonball Adderley, "Walk tall"

Er war groß und massiv und seine äußere Gestalt stand aufs Erste in einem merkwürdigen Gegensatz zu seiner feinen Art und zu seinem Understatement.

"Es gibt", sagt er, "Zeiten, in denen die Dinge nicht so sind, wie sie sein sollten." Doch davon soll man sich nicht demoralisieren lassen: "Walk tall! Walk tall!"

Politische Ansage

Diese empathische Aufforderung, die Julian Cannonball Adderley bei einer Konzertansage 1967 da an sein Publikum richtet, war natürlich auch eine politische Ansage.

In den 1960er Jahren erlangte der Soul Jazz große Popularität, und "Walk tall" war einer der Hits. Der Begriff "Soul" meinte im Jazz immer schon mehr als nur die "Seele" oder "beseeltes Spiel" - "Soul" war ein Codewort für ein dezidiert schwarzes Selbstverständnis, stark beeinflusst vom Kampf um Bürgerrechte und gegen Rassentrennung.

Stereotyp positiv gewendet

Soul Jazz ist gleichbedeutend mit Funk oder Funk Jazz. "Funky", etwas das stinkt, das rassistische Stereotyp, wurde damals selbstbewusst positiv gewendet. So sei seine Spielweise, sagte Horace Silver. Er hat sie Anfang der 50er Jahre initiiert, sie ist stark vom Blues beeinflusst und integrierte Soul- und Gospelelemente.

Horace Silver und Cannonball Adderley gehören zu den Pionieren dieser aus dem Hard Bop der 1950er Jahre führenden Entwicklungslinie des Jazz.

Als Soul Jazz Mode wurde

Der Jazzhistoriker Ekkehard Jost schreibt: "In seiner strukturellen Anspruchslosigkeit und emotionalen Direktheit war der Soul Jazz von vorn herein eine massenwirksame Musik. Da weder die schwarzen Bürgerrechtler noch die Soul-Jazzer als Revolutionäre zu verdächtigen waren, konnten auch die liberaleren Weißen damit zurecht kommen." Das war eine Voraussetzung für die kommerziell relevante Verbreitung des Soul Jazz. Und: Soul Jazz wurde eine Zeit lang zur Mode.

Verbindung zur Religion

"Mein ganzes Leben lang habe ich mit Gospel-Musik zu tun gehabt - und ich bin stolz darauf", sagte Les McCann, ein weiterer Exponent des Soul Jazz, in einem Interview Anfang der 1960er Jahre. "Ich spür eine Verbindung zwischen meiner Musik und Religion. Wir versuchen gute, freundliche Musik zu machen. Wenn man Jazz so spielt, dass er akzeptiert werden kann, wird er akzeptiert werden. Das ist auch der Grund, warum die Leute Cannonball so mögen".

Hit-Schreiber Zawinul

Der Grund, dass die Leute Cannonball so mochten, bestand auch darinm, dass er einen großartigen Pianisten und Komponisten in seiner Band hatte. Joe Zawinul, aus dem dritten Wiener Gemeindebezirk, mit ungarischen, tschechischen und Sinti-Vorfahren, war 1959, als 27-Jähriger nach New York gekommen. Zwei Jahre später begann er bei Cannonball Adderley, für den er 54 Stücke schrieb - unter anderem den Soul-Jazz-Welthit "Mercy, Mercy, Mercy".

"Wir waren", sagt Zawinul rückblickend, "wahrscheinlich die zweitbeste Band dieser Zeit, hinter jener von Miles Davis, aber wir hatten etwas, was Miles nicht besaß: Eine Groove, die von Soul und Funk geprägt war".

Jazz-Standards geschaffen

Dass ein Weißer einige der wichtigsten schwarzen Soul-Jazz-Standards erfinden kann, ist dann keine so große Überraschung mehr, wenn man Joe Zawinuls Geschichte kennt und ihn sie erzählen gehört hat.

Mehr zum Tod von Joe Zawinul in oe1.ORF.at

Hör-Tipps
Spielräume, Sonntag, 10. Juni 2007, 17:30 Uhr

Menschenbilder, Sonntag, 1. Juli 2007, 14:05 Uhr

Die Österreich 1 Jazznacht, Samstag, 7. Juli 2007, 22:35 Uhr

CD Tipps
"The Capitol Years: The best of Cannonball Adderley", Capitol, B000005HGJ

Horace Silver, "Jazz Profile" Blue Note, B000005H0S

Les McCann & Eddie Harris, "Swiss Movement" Atlantic, B0000033T6