Götz Werner und das Einkommen für alle

Anthroposoph und Milliardär

In letzter Zeit hat der dm-Gründer durch sein Eintreten für ein Grundeinkommen von sich reden gemacht. Die westlichen Industrieländer könnten sich das leisten, meint er. Seine Thesen legt Werner nun in einem Buch dar, das er auch in Wien präsentiert.

Die Drogeriemarktkette dm hat einen bemerkenswerten Gründer und Chef: Götz Werner ist 63, gelernter Drogist, und er ist Anthroposoph. Die Anthroposophie des deutschen Philosophen Rudolf Steiner stellt den Menschen in das Zentrum ihrer Betrachtungen, mit einer gewissen Nähe zum Menschenbild Johann Wolfgang Goethes. Für Aufsehen sorgt Götz Werner mit seinem Eintreten für ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle.

Götz Werner erlernt seinen Beruf im Drogeriegeschäft des Vaters. 1973 eröffnet er in Karlsruhe seinen ersten eigenen Laden und verschreibt sich dem Diskontsystem.

Heute betreibt die Drogeriemarktkette dm in Deutschland, Österreich und Osteuropa knapp 1.800 Filialen und macht mit 26.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 3,7 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Das Firmenvermögen wird auf mehr als 10 Milliarden Euro geschätzt. In Österreich gilt dm als fünftbester Arbeitgeber.

Im Geiste Goethes und Steiners

Götz Werner handelt auch als Konzernlenker nach anthroposophischen Grundsätzen. Er besucht regelmäßig seine Filialen, weniger um sie zu kontrollieren, eher um sich nach der Stimmung und der Konkurrenz zu erkundigen, und - um einzukaufen. Der zentrale Werbespruch von dm "Hier bin ich Mensch - hier kauf' ich ein", dieser Werbespruch ist - so Götz Werner - keine überdrehte Anleihe bei Goethes Faust, sondern Inhalt seiner Vorstellungen, die er auf sein gesamtes Wirken als Unternehmensführer ausdehnen will.

Kunden sind für ihn weniger Objekte der Begierde, denen man möglichst viel Geld aus der Tasche ziehen kann, sondern er bemüht sich, ihre Bedürfnisse nicht nur nach guter günstiger Ware, sondern auch nach angenehmer Atmosphäre in den Filialen zu decken.

Werner verzichtet auf Preisaktionen. Bei dm sollen die Kunden dauernd günstig einkaufen können, denn wer die Menschen besser versteht, macht auch als Händler die besseren Geschäfte. Ähnlich seine Einstellung gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Auch sie sind in erster Linie Menschen, sagt Werner, die dann ihr bestes geben, wenn sie als Menschen respektiert werden. Selbst in den einzelnen Filialen sollen sie sich Gedanken machen über Sortiment und Preise.

Betriebsrat und Gewerkschaft schätzen die hohe Gesprächs- und Kommunikationskultur bei dm. Das ist alles andere als selbstverständlich in der Handelsbranche. Götz Werner gibt zu, dass es lange gebraucht hat, um diese Unternehmenskultur aufzubauen, aber der Erfolg gibt ihm Recht.

Anwalt des Grundeinkommens

Für Aufsehen sorgt der Gründer, Chef von dm und Hochschullehrer in Karlsruhe, wenn er für ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle eintritt. Seine Thesen sind nicht nur vom Humanismus Rudolf Steiners geprägt, dass nämlich der Wert des einzelnen Menschen nicht von seiner Erwerbstätigkeit oder seiner Arbeit im herkömmlichen Sinn abhängig sein soll.

Jeder und jede habe auf Grund seines Mensch-Seins Anspruch auf materielle Absicherung, meint Götz Werner. Das sei durchaus leistbar in unserer westlichen Industriegesellschaft: Immerhin können wir Kranke, Arbeitslose, Studenten oder Pensionisten finanzieren. Ein Grundeinkommen für alle soll aus Steuergeld finanziert werden, und wer Arbeit hat, der verdient eben darüber hinaus.

Auswirkungen auf das Steuersystem

Das Einkommen eines arbeitenden Menschen setzt sich dann aus dem Grundeinkommen zusammen, und aus einem - um den Betrag des Grundeinkommens reduzierten - zusätzlichen Arbeitseinkommen. Dazu müsste allerdings das Steuersystem umgebaut werden: Hin zu einer reinen Verbrauchssteuer. Arbeit und Kapital sollen entlastet werden, denn das sind die Hauptantriebe für Wachstum und Wohlstand.

Dazu kommt, so Werner: Die Güter, die benötigt werden, werden von immer weniger Menschen erzeugt, die Automatisierung der Fertigung führt tendenziell zu Überkapazitäten, die Vollbeschäftigung im Bereich der Gütererzeugung ist daher jetzt schon Illusion. Es gelte jetzt, eine neue Kultur auch gegenüber den Menschen zu entwickeln, die nicht am Arbeitsprozess teilnehmen. Das geht nicht von heute auf morgen, räumt er ein.

Götz Werner sieht sich nicht als Missionar, sondern als einer, der einen Denkanstoß für ein neues Gesellschaftsmodell liefert. Sein Buch "Einkommen für alle" wird er nächste Woche in Wien im Parlament präsentieren.

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Manager Magazin - Götz W. Werner
Kiepenheuer und Witsch - "Einkommen für alle"
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