Eine ganze Armee aus Ton
Das Terrakotta-Puzzle von Xian
Die Stadt Xian ist ein Fixpunk auf fast allen Kulturreisen durch China. Grund dafür ist die größte archäologische Entdeckung des 20. Jahrhunderts: die Terrakotta-Armee von Qin Shi Huangdi. Das Grab des Kaisers wird als das achte Weltwunder gerühmt.
8. April 2017, 21:58
Xian ist eine chinesische Megacity: laut, schmutzig und eigentlich wenig sehenswert. Und doch ist die Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt ein Fixpunkt für Chinareisende. Unter die touristischen Must-Haves schaffte es Xian durch einen sensationellen Fund, der im März 1974 nicht nur das Leben eines Bauern veränderte: Der Bauer förderte beim Brunnengraben eine Kopf aus Ton zu Tage, und ging damit als Entdecker des ersten Puzzleteils der berühmte Terrakotta-Armee in die Geschichte ein.
Seit jenem Kopffund setzen in Xian Archäologen die Truppen des Qin Shi Huangdi zusammen. Seit dem dritten Jahrhundert vor Christus standen die Kavalleristen, Infanteristen und Pferde unter der Erde stramm, um ihren Kaiser ins Jenseits zu geleiten.
Geeintes China
Qin Shi Huangdi war der erste Kaiser, der China vereinte. Der Name seiner Dynastie - Qin - wurde zum Namen für das Reich: China. Schon als 14-Jähriger begann Qin Shi Huangdi mit der Errichtung eines Monumentalgrabes, das alles bisher da Gewesene übertreffen sollte. Jahrhundertelang war es üblich gewesen, mit dem Kaiser gleich den ganzen Hofstaat mit zu bestatten. Doch dieser grausame Brauch wurde mit der Zeit verworfen. Damit der verstorbene Kaiser seine Reise ins Jenseits dennoch nicht allein antreten musste, ging man dazu über, ihm Nachbildungen von Menschen und Tieren mitzugeben.
Qin Shi Huangdi ließ in jahrelangen Arbeiten über 7.000 Soldaten aus Terrakotta anfertigen. Terrakotta-Figuren würden haltbarer sein als Menschen. Zudem bot sich Ton in dieser lößreichen Gegend Chinas als Werkstoff an.
40 Jahre Arbeit
Vier Jahrzehnte lang waren 720.000 Arbeiter mit der Herstellung der Terrakotta-Armee beschäftigt. In Tonmodeln wurden individuell unterschiedliche Krieger und Pferde gebrannt. Als Qin Shi Huangdi im Jahr 210 vor Christus starb, war die Armee in ihrem unterirdischen Grab fertig gestellt. Das Grab des ersten Kaisers wurde in einem 100 Meter hohen Erdhügel unweit von der Fundstelle der Terrakotta-Armee lokalisiert. Bis heute wurde es noch nicht geöffnet.
Die Terrakottafiguren sind höchst elaboriert. Ihre Frisuren, Röcke, Jacken, Schals und Stiefel liefern wertvolle Zeugnisse für die Rekonstruktion des Alltags in der Qin-Dynastie. Die Terrakotta-Gesichter sind ernsthaft und würdevoll angesichts der Aufgabe, den toten Kaiser im Jenseits zu beschützen.
Mit durchschnittlich 1,80 Meter sind die Figuren überlebensgroß und wiegen jeweils etwa 150 Kilo. Die falschen Soldaten aus Erde trugen echte Waffen aus Bronze, Eisen und Kupfer. In elf Tunnelreihen nahmen die ursprünglich farbenfroh bemalten Terrakotta-Soldaten ihre Formationen ein. Kurz nach dem Tod des ersten Kaisers plünderten schwadronierende Rebellen die Paläste der Qin-Dynastie. Sie drangen auch in das Grab von Qin Shi Huang ein und zerstörten die Figuren.
Ein Krieger als Souvenir
Das riesige Ausgrabungsgelände bei Xian hat auch einen geräumigen Souvenirshop mit umfassendem Sortiment. Der Shop-Betreiber erzählt stolz, dass er jedes Jahr einige Hundert Nachbildungen der Terrakotta-Krieger ins Ausland verkauft und verschickt. Der Transport eines Kriegers nach Österreich ab Museumsshop Xian würde inklusive Versicherung etwa 800 Euro kosten. Bisher haben aber erst wenige Österreicher einen Terrakotta-Krieger gekauft. Wie alles in China ist auch der Preis für einen Terrakotta-Krieger verhandelbar. Und dann gibt es natürlich auch noch kleine, handliche Ton-Krieger im Viererpack - Take-away-Soldaten sozusagen.
Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 17. Juni 2007, 10:06 Uhr
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "Die Terrakotta-Armee", bis 26. August 2007, Künstlerhaus,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (30 Prozent).
Link
Künstlerhaus