Acht Erzählungen von Rudolf Habringer

Alles wird gut

Rudolf Habringer jobbte schon als Kabarettist, Theater-Regisseur, Pianist und Komponist für eine Modern-Dance-Truppe. Literarisch fiel das Multitalent zuletzt durch Satire auf. Nun legt Habringer einen Band mit acht Kurzgeschichten vor.

Treffen sich eine Schlange und ein Vogel. "Wie geht's", fragt der Vogel. "Naja, man schlängelt sich durchs Leben", meint die Schlange. "Und wie geht's Dir?", fragt die Schlange den Vogel.

Rudolf Habringer kann den Schalk nicht verleugnen. Mit Witzen dieser Art verwöhnt er seine Leser zwischendurch gern.

So lala

Schon der Titel seines aktuellen Bandes deutet es an: "Alles wird gut" - eine stehende Redewendung, die in jeder der acht Kurzgeschichten irgendwann einmal ausgesprochen wird, meist als Verlegenheitslösung, in einer Situation, in der sich nichts Besseres mehr sagen lässt.

Wirklich gut wird in diesen Geschichten natürlich nie etwas. Richtig böse endet's aber auch nie. Das Leben ist so lala, könnte man Habringers Botschaft auf den Nenner bringen. Es fließt dahin, von der Quelle bis zur unvermeidlichen Mündung. Besser, man nimmt es mit Humor, solange das geht.

Große Leidenschaften zerbröseln da ins Nichts - wenn etwa der Höhepunkt des Begehrens sich in einem kurzen Streicheln einer Wange ausdrückt. Dafür kann an anderer Stelle ein überraschendes Frühstück mit einer Unbekannten plötzlich im wilden Taumel enden.

In der Routine gefangen

Gerade ist er aufgestanden. Er trägt die abgetragene Flanellhose, die bequemste, die er besitzt. Das Hemd steht offen. Sein Gesicht ist blass, die Augen sind noch verklebt. Mit bloßen Füßen tappt er durchs Vorzimmer. In der Küche sitzt eine fremde Frau am Tisch und liest Zeitung.

So beginnt die Geschichte "Am See". Dort, am See, muss die Unbekannte, die Schwester eines Wohngemeinschafts-Genossen, die bloß ihren Bruder besuchen wollte, dem etwas trägen Protagonisten nicht nur buchstäblich das Leben retten, sondern auch sonst einige Raffinesse aufbieten, um dem Bummelstudenten und Bediensteten der Verkehrsbetriebe so etwas wie Leben, im Sinn von Aktivität nämlich, zu entlocken.

Manchmal schreibt er Tagebuch. Keine Ahnung, wie es mir geht, schreibt er. Ob ich glücklich oder unglücklich bin - ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was Glück ist, was Unglück. Ich weiß nicht einmal, wer mit "ich" gemeint ist, wenn ich "ich" schreibe.

Ein wahrlich apathischer Zeitgenosse, den Autor Habringer da porträtiert - stellvertretend wohl für viele, die in der Routine eines nur noch mechanisch dahin funktionierenden Lebens jedes Ziel und jede Ambition verloren haben.

Auf und Ab

Zwischendurch kann Rudolf Habringer dann auch ernst werden: Ein Sohn sitzt im Spital am Sterbebett seines Vaters, mit dem er in den letzten Jahren nicht gerade viel zu besprechen hatte. Der Sohn erinnert sich in diesen Stunden der Wache an seine Kindheit, als der Vater ihn auf die Schultern hob oder ihn durch die Luft wirbelte; an die gemeinsamen Kartenspiel-Abende als Halbwüchsiger; an die Schreiduelle, Jahre später, wegen langer Haare, lauter Musik und der Antikriegs-Demos, an denen er teilnahm. Und an manches mehr. Etwas anderes, als sich zu versöhnen, kann man in dieser Situation ohnehin nicht tun.

Und auch da wird "alles gut": Als es vorbei ist, der Sohn das Spital verlässt, dringt aus der Geburtsklinik ein Stockwerk tiefer das Schreien neugeborener Kinder an sein Ohr. Ein wenig sorglos, könnte man einwenden, greift Autor Rudolf Habringer da in den Schmalztiegel. Doch andererseits: So ist das Leben nun einmal - ein Auf und Ab, ein Kommen und Gehen, eine andauernde Wiederholung des Gleichen.

Originell und grotesk

Acht Geschichten, jede einzelne kurz und prägnant, jede mit einem je eigenen Zug ins Originelle, ins Groteske, acht mal kluge und genaue Beobachtung und psychologisches Feingefühl, und immer diese wohl dosierte Ironie, die aus jeder Story hervor lacht - eine bessere Lektüre für einen ruhigen, erholsamen Sommertag kann man sich kaum vorstellen.

"Das Buch der Woche" ist eine Aktion von Ö1 und Die Presse.

Hör-Tipps
Kulturjournal, Freitag, 29. Juni 2007, 16:30 Uhr

Ex libris, jeden Sonntag, 18:15 Uhr

Buch-Tipp
Rudolf Habringer, "Alles wird gut. Liebesgeschichten", Picus Verlag, 2007, ISBN 978-3854526193