Eindrücke aus Moskau, Teil 5
Moskauer Salat und Wiener Würstel
Dieses Mal sind die Moskauer Impressionen kulinarischen Aspekten der russischen Hauptstadt gewidmet. Unsere Stichworte heißen McDonalds, Snickers, Wodka und Kwas. Es gibt auch Verbindungen zur Wiener Gastronomie. Die Kolumnistin wünscht prijatnovo appetita.
8. April 2017, 21:58
Vor zehn Jahren wuselte es noch im GUM: Unter dem Glasdach des neo-altrussischen Gebäude, das Ende des 19. Jahrhunderts entstand, drängten sich Moskauer wie Touristen um die Stände in der Mitte der Durchgänge. Heute scheint das größte Gebäude am Roten Platz vom Menschendschungel zu einer 250 Meter langen Nobelwüste verkommen zu sein: Sündteure Geschäfte werden von gelangweilten Verkäuferinnen bewohnt, die rosalackierte Däumchen drehen.
Mit den Käufern rund um das Prestigegeschäft sind auch die alte Mütterchen verschwunden, die ihre Piroschki - köstlich gefüllt mit Kohl, Kartoffeln, Fleisch oder Pilzen - verkauft haben. Und die vom allgegenwärtigen Bürgermeister Luschkow initiierte Fast-Food-Kette russkoe bistro, der russische Antipol zu McDonalds, konnte sich gegen seine Mitstreiter nicht durchsetzen. Was schade ist, denn so hatten auch Touristen die Möglichkeit schnell in den Genuss der üppigenMayonnaisesalate oder süßen Bäckereien zu kommen.
Seit der Perestroika stapeln sich westliche Schoko-Riegel in den Regalen: Mars- und Snickers waren in den ersten Jahren nach der Öffnung beliebt, die Russen haben ihre Hausschokolade aber nicht vergessen: das Konfekt der traditionsreichen Fabrik Roter Oktober (Krasny Oktjabr).
Heute gehören drei Moskauer Süßwarenwerke dazu und das ehemals staatliche Unternehmen wird privat geführt. Generationen von Russen schlecken also weiterhin Aljonka-Schokolade (erkennbar am Kindergesichtchen der kleinen blondhaarigen Aljonka) und Mischka-Kosolapy-Konfekt, ein Schoko-Waffel-Würfelchen, dessen Verpackung die drei tollpatschigen Bären mit Mama schmücken - in Bild von Ivan Ivanovitsch Schischkin übrigens, das in der Tretjakovskij-Galerie zu sehen ist.
Vor dem Schokoladegenuss liegt aber ein kalorienhältiger Weg: ein Frühstück kann hier deftig ausfallen: Würstchen mit Spiegelei, Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Kascha (Buchweizen). Die Würstchen heißen Wiener Würstchen, manche Kekse Wiener Kekse und in der Zeit der Zaren gab es auch Wiener Bier, Wenskoe Piwo, das heute als Schiguljevskoe verkauft wird. Kulturelle Gemeinsamkeiten gehen verdächtig oft durch den Magen...
Wer üppig frühstückt, den gelüstet es bald nach Wodka. Der wurde nach der Pererstroika in unglaublicher Vielfalt verkauft. Vielfachkonsumenten wussten aber, dass von den Flaschen mit Metallkappen statt Drehverschlüssen zu lassen war. Ob man davon erblindete oder nicht, wusste man unter Umständen erst nachher. Inzwischen werden "aktionnye marki" an die Flaschen geklebt, damit jeder sehen kann, dass der Inhalt staatlich geprüft und genehmigt ist.
Nach wie vor beliebt ist auch Kwas - das süßliche Getränk aus vergorenem Schwarzbrot wird in kleinen gekühlten Tankfässern auf der Straße verkauft und auch gern für Okroschka verwendet - eine Art kalte Suppe. Die Zubereitung ist einfach: Kleingeschnittene Extrawurst, Kartoffeln, Eier, Gurken in den Suppenteller geben, Kwas darüberleeren, darauf ein Löffel Smetana, also Sauerrahm, das Ganze mit Dill (wie alles) garnieren. Fertig. Prijatnovo appetita.
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