Gesellschaftspolitische Fragen im Blickfeld
David Wiltschek, Kunst; Fotografie
David Wiltschek, Jahrgang 1979, der 2007 das Studium Kunst und Fotografie an der Akademie der bildenden Künste Wien abgeschlossen hat. Vor kurzem erhielt er ein Stipendium für Japan, wo er sich derzeit aufhält.
27. April 2017, 15:40
"Ich habe mich schon sehr früh für Comics interessiert und damals viel gezeichnet. Besonders beeindruckt war ich von Leuten wie Walter Moers, die mit spitzer Zunge und Feder die Zeit kommentieren konnten - und habe sie imitiert."
Dann habe ich in diversen Marketingjobs gearbeitet und kurz Kunstgeschichte studiert. Nach dem Zivildienst habe ich schließlich die Aufnahmeprüfung an der Akademie gemacht und wurde aufgenommen", erzählt David Wiltschek, gebürtiger Niederösterreicher aus Scheibbs, Jahrgang 1979, der seit 2001 an der Akademie der bildenden Künste in Wien zunächst bei Eva Schlegel Kunst und Fotografie studierte und nun bei Matthias Hermann im Sommer 2007 mit Auszeichnung abgeschlossen hat.
"Ganz zu Beginn wollte ich auch Fotografieren, weil ich etwas Neues lernen und mein Spektrum erweitern wollte. Und dann kam das Video dazu. Nun ist die Zeichnung wieder mein Hauptmedium. Seit einigen Jahren sind auch handgezeichnete Video-Animationen ein Schwerpunkt", berichtet Wiltschek, der sein Studium unter anderem als Kameramann für das Tanzquartier Wien sowie mit einem Job bei der Generali Foundation finanzierte.
Große Affinität zur japanischen Kultur
Vor drei Jahren studierte Wiltschek zwei Semester internationale Entwicklung und in diesem Zusammenhang Japanisch als außereuropäische Fremdsprache. 2005 ging er für drei Monate nach Japan, wo er auf Bauernhöfen für Kost und Logis arbeitete.
"Im Rahmen des Kunststudiums erhielt ich nur ungenügende Antworten zu für mich wichtigen Themen wie Kapitalismus- und Gesellschaftskritik sowie auf weltpolitische Fragen. Diese Fragen wollte ich aber in der Kunst kommunizieren, allerdings nicht mit Halbwissen. Mein Interesse am Japanischen kommt nicht zuletzt aus dem Visuellen. So beeindruckt mich - wie viele Künstler - die spezielle Ästhetik, das Reduzierte", erläutert der junge Künstler.
Gesellschaftspolitische Fragen im Zentrum
"Im Zentrum meiner Kunst stehen Fragen an mich, an die Kunst und an die Gesellschaft. Es ist ein Wechselspiel zwischen gesellschaftlichen Problemstellungen und wie ich darauf reagiere. Das war auch das Thema meiner Diplomarbeit: Welche Möglichkeiten habe ich als Künstler, Kritik zu äußern und was passiert dann mit dieser Kritik im Prozess der Veröffentlichung?" so Wiltschek.
Diplomarbeit "blow over"
"Im Zuge meines Studiums hatte ich beruflich viel in Kunst-Institutionen zu tun und konnte beobachten, wie Kunst ausgestellt und rezipiert wird. Mich interessierte, was mit kritischer Kunst im institutionalisierten Betrieb passiert. So habe ich eine Geschichte über einen fiktiven Künstler namens Keshliv verfasst. Dieser Künstler, der zunächst mit einer Gruppe kritisch mit Poster- und Stadtguerilla-Aktionen gearbeitet hat, wird von Galerien und Sammlern entdeckt. Anfangs ist das für die Gruppe gut, weil sie damit neue Aktionen finanzieren kann. Aber nach einiger Zeit werfen die Mitglieder Kashliv vor, dass er ihre kritischen Ideen vermarktet und diese verflacht werden. Die Gruppe löst sich auf. Keshliv macht noch eine Weile weiter, und verschwindet dann von der Bildfläche", erläutert Wiltschek seine Diplomarbeit "blow over".
"Nach Jahren meldet sich eine Galerie bei Keshliv, die die meisten seiner Bilder gekauft hat. Sie plant eine Retrospektive und will neue Arbeiten von ihm. Aber Kashliv stellt fest, dass sich sein Zugang zur Arbeit verändert hat und er nicht mehr produzieren kann. Sein Weg endet schließlich in jener Galerie, wo die Schau stattfinden soll. Er geht hinein und findet leere Räume vor - bis auf einen Monitor, auf dem er sich selbst bei seinen vergeblichen Versuchen, wieder zu arbeiten, sehen kann."
Comicstory "Energy for President"
Dass Humor eine wesentliche Rolle bei den seinen Arbeiten spielt, ist auch bei Wiltscheks "Energy for President" zu entdecken, die er in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Kosta Tonev realisierte: "Diese Comicgeschichte entstand aufgrund einer Initiative des Verbundes, der Arbeiten zu seinen Wasserkraftwerken haben wollte. Wir verfassten zunächst ein Drehbuch über das Kraftwerk Wallsee. Da Tonev und ich gerne zeichnen, entstand schließlich ein Comic", erzählt Wiltschek.
Mehr zum Kunstprojekt Kraftwerke in Österreich in Ö1 Inforadio
Nun sechs Monate in Japan
Seit August 2007 hält sich der junge Künstler, der ein Atelierstipendium des Bundeskanzleramtes erhielt, nun für sechs Monate in Japan auf.
"Ich habe dafür ein Konzept für eine Video-Dokumentation eingereicht, die das zeitgenössische Kunstgeschehen in Japan beleuchten soll. Denn ich habe entdeckt, dass Länder wie Japan oder Korea bei uns sehr speziell rezipiert werden", berichtet Wiltschek.
Zahlreiche Ausstellungen und Projekte
Seit 2002 hat Wiltschek an zahlreichen Ausstellungen und Projekten teilgenommen:
Darunter an der Intervention "when it rains" in der MAK Galerie, am Workshop mit Kendell Geers "Kitsch", an der Gruppenschau "endlich sechsundzwanzig" in der Wiener Galerie Westlicht, am Ausstellungsprojekt von Mona Hahn in Kooperation mit der Bauhausuniversität Weihmar, Gruppenausstellung "Zürich" in Kooperation mit Josephine Pryde in der Wiener Galerie Mezzanin, bei der Soundinstallation "sentidos gratis" für die MAK-nite mit Sweet Susie (alle 2002/03), an der Schau "Rien ne vas plus" zum European Social Forum in Paris (2003/04), an der Video-Liveperformance für die "globe art academy", an der Schau "Zeichnung forever" in der Aula der Akademie (2004/05), beim "Artmart CheapArtFestival" im Künstlerhaus Wien, hatte seine Einzelausstellung im Rathaus Scheibbs, war bei der Gruppenschau "Kraftwerke" im Semperdepot, die anschließend bei der "Vienna Art Fair" gezeigt wurde sowie mit seiner Arbeit "blow over" im Rahmen der Diplomausstellung im Semperdepot (alle 2006/07) vertreten.
Von Kunst leben und reisen können
Nach seiner Rückkehr wird sich der junge Künstler um einen Platz in einem Gruppenatelier umsehen. Denn das Arbeiten zuhause gestalte das Privatleben doch etwas schwierig.
Wie seine Zukunftswünsche lauten? "Ich möchte als freischaffender Künstler so unabhängig wie möglich arbeiten, von meiner Kunst leben und meine Reiselust ausreichend befriedigen können. Vor allem würde ich gerne viel Zeit in Südkorea, woher meine Freundin kommt, sowie in Japan verbringen", so David Wiltschek.