Spielerei oder Zukunftschance?

Smart Clothes

Ein T-Shirt mit eingewebter Bedienung für den iPod: Ein modischer Gag, aber Elektronik in der Kleidung kann mehr, etwa die Feuerwehrjacke, die dem Einsatzleiter Daten über Gefahren am Brandherd meldet: eine Zukunftschance für die Bekleidungsindustrie.

Johann Hörndl zur Bedeutung von Smart Clothes für Ergee

Die Entwicklung ist erst am Anfang, die Verbindung von Elektronik und Textil, aber die Zukunftsmusik klingt verlockend. Smart Clothes heißen elektronisch unterfütterte Kleider, die viele Funktionen in sich bergen können: Vom MP3-Player über medizinische Überwachung von Patienten, bis hin zur Weste, die zugleich ein Computer ist. Es sind vorerst kleine aber feine Nischen, die es am Markt zu besetzen gilt. Zum Beispiel - Schutzjacken für Feuerwehrleute.

Intelligente Berufskleidung

Es hat sich herausgestellt, dass Feuerwehrleute im Einsatz weniger durch Verbrennungen zu Tode kommen oder durch Rauchgasvergiftung, sondern meistens durch Hitzschlag. Dieter Götzl, Chef der Firma Ötscher Berufskleidung in Amstetten, beschreibt die Funktionen der elektronisch gefütterten Feuerwehrjacke: Sie soll die Außentemperatur messen, die Feuchtigkeit, aber auch Schadstoffe, vor allem Kohlenmonoxid oder andere Giftgase, die dem Feuerwehrmann gefährlich werden können. Aber auch der Feuerwehrmann selbst wird elektronisch überwacht: Temperatur, Feuchtigkeit am Körper, Puls und andere Vitalfunktionen. Diese Daten werden an die Einsatzzentrale übermittelt, der Feuerwehrmann kann im Ernstfall rechtzeitig aus der Gefahrenzone geholt werden.

Die Forschungsarbeit leisten die Austrian Research Centers, unter anderem in Seiberdorf. Diplomingenieur Manfred Bammer sorgt dafür, dass der Textilfirma die Geräte und Sensoren zur Verfügung gestellt werden.

Dritter Partner ist die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, die sich besonders die Verhütung von Arbeitsunfällen auf ihr Banner geheftet hat. Die ersten Feuerwehrjacken dieser Art sollen 2009 ausgeliefert werden.

Beispiel: Medizin

Die Technologiefinanzierungsgesellschaft des Landes Niederösterreich, tecnet capital, fördert das Projekt der Feuerwehrschutzjacke ebenso wie eines aus dem Bereich der Medizin. Beinamputationen als Folge des Diabetikersyndroms sollen künftig vermieden werden. Das soll eine elektronisch gefütterte Socke bewirken. Die medizinische Betreuung liegt bei der Medizinischen Universität Wien, die technische Forschung betreiben die Austrian Research Centers.

Manfred Bammer ist Bereichsleiter für biomedizinische Technik. Er verweist auf die lange Erfahrung der ARC bei der Erfassung biomedizinischer Daten für die diversen Zwecke. Im speziellen Fall geht es vor allem darum, kleine Abweichungen der Köpertemperatur am Fuß zu messen. So sollen Nervenschwäche und Durchblutungsstörungen aufgespürt werden, damit rechtzeitig eine Behandlung einsetzen kann, die ihrerseits wiederum eine Amputation vermeidet.

Die Diabetikersocke soll die traditionsreiche Strumpffirma Ergee in Schrems in Niederösterreich herstellen. Ergee-Geschäftsführer Johann Hörndl sagt, die Sensoren und die Strom leitenden Textilfasern müssen möglichst ohne Druckstellen in einem speziellen Strickverfahren verarbeitet werden. High-Tech-Textilien seien wichtig für den Standort in Österreich, sagt Ergee-Chef Hörndl, denn auch seine Firma bezieht Massenware aus Osteuropa und Fernost.

Urban Tools

Die kleine Wiener Firma urban tool sieht Life Style als Hoffnungsmarkt für elektronisch gefütterte Textilien, für Smart Clothes also. Geleitet wird die Firma urban tool mit rund 10 Beschäftigten von Anja Herwig und Sabrina Tanner. Sie kommen aus dem Bereich Mode und Design. Hauptprodukte sind modische Halterungen fürs Handy und für den Mp3-Player.

Der nächste Schritt war logisch: ein T-Shirt, in das die Bedienung für den iPod integriert ist, erklärt Sabrina Tanner. Die Bedienungselemente sind auch hier leitende Textilstoffe. Die technischen Bestandteile kommen von einer britischen Firma. Stückpreis: Einhundert vierzig Euro.

Das Handy über die Oberfläche eines T-Shirts zu bedienen, ist noch Zukunftsmusik, sagt Anja Herwig, aber man arbeitet daran.
Viel versprechendes Forschungsprojekt - gemeinsam mit der Universität Bremen - ist ein Computer, der wie ein Kleidungsstück getragen werden kann. Der Zweck: Komplizierte Kontroll- und Wartungsarbeiten in der Industrie in engen Räumen. Derzeit wird die Computerweste in der Flugzeugindustrie getestet.

Sowohl die Forscher als auch die Unternehmer sehen in diesen Smart Clothes einen wichtigen Zukunftsmarkt für die Textilindustrie in Europa, die gegenüber der Konkurrenz in Osteuropa und Fernost mit hohen Produktionskosten fertig werden muss. Die Entwicklung von Smart Clothes, also die Integration von Elektronik in die Bekleidung, wird oft noch als technische Spielerei abgetan. Aber das Internet ist - als Massenkommunikationsmittel - am Anfang auch ziemlich unterschätzt worden.

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