Markennamen und ihre neue Konjunktur
Industrie-Nachbar Tschechien
Tschechien erlebt ein rasantes Wachstum seiner Industrie, die inzwischen ein Drittel aller Arbeitkräfte des Landes beschäftigt. Die damit verbundene Internationalisierung hat nach interner Meinung auch das rasche Comeback erleichtert.
8. April 2017, 21:58
Skoda-Vorstand Wittig zur tschechischen Wirtschaft
Der tschechische Boom wird getragen von vielen Betrieben, die über eine große und wechselvolle Tradition verfügen, die ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Verbunden damit sind Markennamen, die vielen als historische Reminiszenz erscheinen wie "Elida" und "Hirsch"-Seife oder Namen, die wie "Budweiser" und "Skoda" vitale Gegenwart verkörpern.
Sie alle repräsentieren eine industrielle Landschaft, die seit 1989 Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Fast 60 Prozent des Gesamtumsatzes der Industrie Tschechiens wird inzwischen in Betrieben mit ausländischer Beteiligung erwirtschaftet. Diese Internationalisierung, der Verbund mit großen Konzernen, hat nach interner Meinung auch das rasche Comeback erleichtert.
Umgekehrt ist der tschechische Markt für die österreichische Industrie zum Heimmarkt geworden. Österreichs Handelsdelegierter in Prag bestätigt für 2007 eine aktive Handelsbilanz, wie es sie "in den letzten sechs Jahren nicht mehr gegeben hat, und obwohl Tschechien selbst einen Exportboom erlebt".
Beispiel Papier
Im mährischen Olsany erzeugt heute die oö. Delfort-Gruppe Zigaretten- und Dünndruckpapiere. Als Olleschauer Papierfabrik war das Werk einst Alleinlieferant der k.u.k. Tabakregie, seit zehn Jahren gehört es zum österreichischen Konzern. Die traditionsreiche OP papirna in Olsany hat ihre Produktion seit der Übernahme verdoppelt, ist heute groß mit Russland im Geschäft, pflegt aber nach wie vor die aus Monarchiezeiten legendäre Marke Vaska-Libelle, ein Papier für selbstgedrehte Zigaretten.
Beispiel Auto
Skoda Auto trägt heute acht bis neun Prozent des gesamten tschechischen Außenhandels. Im Jahr 1991 produzierte Skoda am Standort Mlada Boleslav 180.000 Neuwagen, heute 630.000 Fahrzeuge. Umsatzmäßig ist Skoda das größte Industrieunternehmen der tschechischen Republik und der größte Exporteur, sagt Detlef Wittig, Vorstandsvorsitzender von Skoda Auto.
Die Autoindustrie hat hier eine Dichte wie nirgendwo sonst. 60 Kilometer entfernt von Skoda haben Toyota, Peugeot und Citroen eine Gemeinschaftsproduktion errichtet, in Mähren baut Hyundai, in der Slowakei wieder VW, Peugeot und Kia. Das macht die Region für Zulieferanten attraktiv. Bestätigt die voestalpine Stahl, einer der Hightech-Blechlieferanten.
Der neue Verbund, in den viele alte Industriebetriebe Tschechiens wie OP papirna oder Skoda getreten sind, ermöglichte es erst die traditionellen Marken aufzupolieren.
Beispiel Bier
Die Biermarke "Budweiser Budvar" brauchte im Gegensatz zu Skoda keine besondere Marketingoffensive. Allerdings will man Budvar künftig im Land stärker als Genießer-Marke positionieren. Für den Massenkonsum steht derzeit die Marke Pardal zu deutsch Panther im Test in Südböhmen.
Die starke Beteiligung ausländischer Unternehmen an der tschechischen Industrie wird nicht negativ gesehen. Die Industrie ist inzwischen zum großen Forum des Austauschs geworden, begünstigt durch historische Entwicklungen, die schon vor 100 Jahren die "böhmischen Länder" als Motor der Donaumonarchie auswiesen.