Ein Durchbruch in der Behindertenpolitik?

Das persönliche Budget

Unter dem Titel "persönliches Budget" fordern Vertreter von Menschen mit Behinderungen mehr Selbstbestimmung darüber, wie sie sich helfen lassen wollen. Behindertenorganisationen konfrontierten den Sozialminister mit dieser Forderung.

Das persönliche Budget beinhaltet eine neue Leistungsform. Behinderte Menschen erhalten - sofern sie es wollen - ihre staatlichen Unterstützungen selbst, anstatt dass diese direkt an Pflegeinstitutionen ausbezahlt werden.

Als Expertin und Experte in eigener Sache können behinderte Menschen den "Einkauf" von Leistungen eigenverantwortlich und selbstbestimmt regeln. Im Rahmen des persönlichen Budgets erhalten sie Geldleistungen und Gutscheine anstelle von Dienst- und Sachleistungen. Die Kombination von beidem ist ebenfalls möglich.

So können Betroffene in Zukunft freier entscheiden, ob sie ihr Geld einer Betreuungsinstitution geben, oder andere, nicht-institutionelle Unterstützungsformen in Anspruch nehmen möchten. In vielen Fällen kann das bedeuten, dass Betroffene sich für ein Leben außerhalb der Einrichtungen entschließen. Der behinderte Mensch wird zum mündigen Konsumenten. Mit dieser Leistungsform hat er oder sie das Recht, zu wählen, wo die notwendigen Leistungen einkauft werden.

Ermutigende Beispiele

Das persönliche Budget ist bereits in Großbritannien, Schweden und den Niederlanden in der Sozialgesetzgebung verankert. Deutschland erprobt diese Leistungsform seit Juli 2004 in acht Modellregionen. Mit 1. Jänner 2008 besteht ein Rechtsanspruch auf persönliches Budget in Deutschland. Begleitende wissenschaftliche Studien belegen die positiven Auswirkungen dieser Leistungsform.

So habe sich durch das persönliche Budget die Lebensqualität der Bezieherinnen und Bezieher zum Guten verändert. Auf der anderen Seite jedoch bestehen viele Vorbehalte und Ängste gegenüber dieser Leistungsform, weil es noch zu wenige Informationen darüber gibt.

Selbstbestimmt leben
Die Gelder können von verschiedenen Quellen kommen, etwa vom Bundessozialamt, der Pensionsversicherungsanstalt, dem Sozialamt usw. Der Antrag wird nur bei einer Stelle eingebracht. Diese koordiniert dann alle anderen beteiligten Stellen. Jede behinderte Person, die Anspruch auf eine Leistung der Behindertenhilfe hat, soll einen Antrag auf persönliches Budget stellen können.

Die Art der Behinderung darf kein Ausschließungsgrund sein. Die Höhe richtet sich nach dem individuell festgestellten Bedarf. Die Mittel sind so bemessen, dass Leistungen unter Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen eingekauft werden können.

Individueller Anspruch auf Rehabilitation
Mit der Einführung des persönlichen Budgets kann ein grundlegender Wechsel in der Behindertenpolitik vollzogen werden. Der behinderte Mensch ist nicht mehr länger Objekt der Fürsorge sondern selbstbestimmt, mit individuellem Anspruch auf Rehabilitation und Teilhabe.

Ausdruck dieses Paradigmenwechsels ist das "Persönliche Budget" - ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Autonomie für behinderte Menschen.

Hör-Tipp
Journal Panorama, Dienstag, 25. September 2007, 18:20 Uhr