Zwischen Wahn und Sinn
Psychedelische Drogen
Geistige, künstlerische und gesellschaftspolitische Strömungen der 1960er Jahre gipfelten im Summer of Love von 1967. Eines der Charakteristika dieser Zeit: der Gebrauch bewusstseinserweiternder Drogen. Waren Sie dabei? Diskutieren Sie mit!
8. April 2017, 21:58
Der Wirkstoff von Ecstasy MDMA wurde 1912 von Chemikern der Firma E. Merck synthetisiert. 1938 stieß Albert Hofmann in den Labors des Basler Pharmakonzerns Sandoz zufällig auf Lysergsäurediäthylamid - 1943 entdeckte er die Wirkung von LSD.
Es waren in der Folge wissenschaftliche Experimente mit psychedelischen Substanzen wie LSD, Ecstasy, Meskalin etc, die deren breiten Einsatz in den 1960ern vorbereiteten. Schriftsteller, Künstler und Ikonen dieser Jahre wie Aldous Huxley, Ernst Jünger, Jean Paul Sartre, Timothy Leary, Ken Kesey und viele andere lernten die Wirkung der Psychedelika unter kontrollierten Bedingungen kennen und teilten ihre Erfahrungen durchaus breitenwirksam mit.
Der Stoff für Filme und Kommunen
Der Schriftsteller Ken Kesey arbeitete 1959 in einer Abteilung für Psychiatrie. Dort machte er erstens Erfahrungen mit psychoaktiven Drogen und zweitens mit ihm unmenschlich erscheinenden psychiatrischen Behandlungskonzepten. Unter diesen Eindrücken begann er 1960 den später mit Jack Nickolson verfilmten Roman "Einer flog über das Kuckucksnest" zu schreiben.
Anfang der 1960er gründete Kesey in La Honda mit den "Merry Pranksters" eine Kommune, in der die damals noch legale Droge LSD zum Partyalltag gehörte. Die "Merry Pranksters" gelten übrigens als Vorreiter der "Hippie-Bewegung" in San Francisco.
Wirkung auf Psychiatrie und Psychotherapie
1955 verwendete der Psychiater Humphrey Osmond erstmals den Begriff psychedelisch (die Seele entfaltend). In den 1960ern wurden Drogen vermehrt in die Konzepte der Psychotherapie und Psychiatrie eingebaut. Die Idee dahinter war es, die psychisch aktivierenden Eigenschaften bestimmter Substanzen zur Unterstützung psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlungen zu nutzen. Dazu wurden u.a. Substanzen wie LSD, Psilocybin, Meskalin oder auch Methylendioxyamphetamin (MDMA) eingesetzt. Man hoffte die "psycholytische" (seelenlösende) und "psychedelische" (den Geist offenbarende) Wirkung sinnvoll nutzen zu können.
In Deutschland experimentierte u.a. auch Hanscarl Leuner, der später die Methode der Katathymen Imaginativen Psychotherapie entwickelte, mit Psychedelika im psychotherapeutischen Kontext.
Psychedelika und die Forschung
LSD macht zwar körperlich nicht abhängig, es kann aber Angst, Wahnvorstellungen, Horrortrips auslösen und die Suizidgefahr erhöhen. Mit dem LSD-Verbot Ende der 1960er Jahre kamen auch die Experimente mit Psychedelika in Verruf. Dennoch haben die Erkenntnisse über die Wirkung dieser Substanzen die Medizin nachhaltig geprägt.
Auf der Suche nach der Wirkung von LSD im Gehirn wurde festgestellt, dass es zwei verschiedene Typen von Serotoninrezeptoren gibt. Einer wird durch LSD aktiviert, der andere unterdrückt. Mittlerweile wurden viele weitere Serotoninrezeptoren klassifiziert. Diese Erkenntnisse führten zur Entwicklung einer ganzen Palette von Rezeptor-Spezifischen Medikamenten: Moderne Antipsychotika, Mittel gegen Depressionen etc. sind aus dieser Forschung hervorgegangen.
Auch Cannabis hielt Überraschungen bereit: Seit einigen Jahren ist bekannt, dass der Körper selbst cannabinoide Substanzen produziert. Diese spielen u.a. im Prozess des Vergessens eine Rolle.
Diskutieren Sie mit!
Wenn Sie Fragen haben oder von Ihren eigenen Erfahrungen berichten möchten, dann rufen Sie während der Sendung unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 22 6979 an, oder posten Sie hier.
Nach der Sendung, bis zirka 15:15 Uhr beantwortet Univ.-Prof. Dr. Michael Freissmuth Ihre Postings.
- Waren Sie dabei?
- Welche Drogen haben derzeit noch einen Stellenwert bei bestimmten Erkrankungen oder bei Therapiestrategien?
- Was hat die Forschung aus der Wirkung von Drogen über die Funktionsweise des Gehirns gelernt?
- Welche Substanzen wurden in den letzten 40 Jahren mit der Absicht auf die Psyche zu wirken (Aggressionsdrogen, Wahrheitsdrogen, etc.), entwickelt oder eingesetzt?
- Wie ist der aktuelle Stand bei der Entwicklung von Medikamenten, die auf Intelligenz, Aufmerksamkeit, Denkleistungen wirken?
Mehr zum "Summer of Love" in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Radiodoktor, Montag, 1. Oktober 2007, 14:20 Uhr