Heimatlosigkeit, Abschiebung, Asyl

Massenschicksal Heimatlosigkeit

Anna Seghers' Roman "Transit" ist eines der eindringlichsten Werke der Exilliteratur. In diesem Buch hat sie ihr eigenes Flüchtlingsschicksal verarbeitet. Was Seghers vor mehr als sechs Jahrzehnten schrieb, ist heute aktueller denn je.

Anna Seghers liest aus "Transit".

Der Roman "Transit" von Anna Seghers über Flüchtlingsschicksale wurde erstmals 1944 in englischer und spanischer Sprache veröffentlicht. Erst nach Kriegsende erschien eine stark entstellte deutsche Ausgabe mit Übersetzungsfehlern. Es dauerte mehr als 50 Jahre, ehe der Aufbau Verlag in Berlin nach sorgfältiger Rekonstruktionsarbeit die authentische Fassung vorlegen konnte.

"Mausefalle" Marseille

Heimatlosigkeit, Abschiebung, Exil, Asyl: Die Thematik von "Transit" hat bis heute nichts an Aktualität verloren. Weltweit sind auch heute Menschen auf der Flucht, auf der Suche nach einem besseren Leben, Sicherheit und Glück.

In diesem Roman hat Anna Seghers ihre eigene Odyssee verarbeitet. 1933 musste sie mit ihrer Familie aus Deutschland nach Paris fliehen. 1940, nach dem Einmarsch deutscher Truppen, wurde Ihr Mann in einem Lager im französischen Süden interniert. Sie flüchtete mit ihren Kindern nach Marseille im unbesetzten Teil Frankreichs und kämpfte verzweifelt um die Freilassung ihres Mannes und um die für eine gemeinsame Ausreise nötigen Papiere.

Die Hafenstadt war 1940 für die Verfolgten das Tor zur freien Welt, die letzte Überlebenschance. Für die Vielen, die es nicht schafften, die notwendigen Visa, Bestätigungen und Schiffspassagen zu ergattern, wurde Marseille zur großen "Mausefalle". In den Straßen regierten Angst, Verzweiflung und zugleich Hoffnung. Anna Seghers und ihrer Familie gelang es 1941 nach zahlreichen Rückschlägen über Martinique, Santo Domingo und New York nach Mexiko auszureisen. Sechs Jahre später kehrte sie nach Berlin zurück, 1950 zog sie in den Ostsektor.

Hoffen und Bangen

In "Transit" schildert ein nach Frankreich geflüchteter Ich-Erzähler das große Hoffen und Bangen in Marseille. Er gerät durch Zufall an die Habseligkeiten eines Toten, darunter ein gültiges Einreisevisum nach Mexiko.

Als er Marie kennen lernt, die rastlos nach ihrem verschollenen Ehemann sucht, erkennt er, dass er dessen Papiere besitzt. Als er nach zermürbenden Bittgängen endlich alle Papiere für die Flucht per Schiff ergattert hat, lässt er Marie mit ihrem Geliebten ausreisen. Er selbst beschließt, zu bleiben.

Hörspiel als Hörbuch

Jetzt ist "Transit" auch als Hörbuch erschienen. Es bietet neben der atmosphärisch dichten Hörspielproduktion von Bayerischem Rundfunk, NDR und RIAS aus dem Jahre 1983 eine kleine Kostbarkeit als Bonustrack: Anna Seghers selbst liest fünf Minuten aus ihrem Roman.

Hör-Tipp
Hörbücher, Freitag, 26. Oktober 2007, 18:15 Uhr

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Hörbuch-Tipp
Anna Seghers, "Transit", Hörspielbearbeitung: Bernhard Pfletschinger, BR,RIAS, NDR 1983, mit Peter Lieck, Heta Mantscheff, Eduard Linkers u.v.a., Bonustrack: Anna Seghers liest aus "Transit", Der Audio Verlag, 2 CDs, Gesamtlaufzeit 92 Minuten