Lust am kreativen Gestalten im Team
Johannes Pölzgutter, Musiktheaterregie
Seine erstes Interesse weckte die "Zauberflöte": Johannes Pölzgutter, Jahrgang 1981, der an der Musik-Uni Wien Musiktheater-Regie studiert. Zuletzt setzte er Offenbachs "Ritter Eisenfraß" in Szene. Als Diplom-Inszenierung wird er Händels "Alcina" zeigen.
27. April 2017, 15:40
"Die Initialzündung war die Bregenzer 'Zauberflöte', 1985, ich war damals vier. Die Musik und die Bühnenshow haben mich begeistert. Ich habe bereits vor der Schule mit Klavier begonnen. Aber es war für mich eher Mittel zum Zweck - denn mich interessierte mehr, in den Klavierauszügen zu blättern, als zu üben. Meine Eltern haben mein Theaterinteresse gefördert und so wurde ich oft in die Volksoper und Staatsoper mitgenommen. Der Gedanke, Regie zu machen, war zwar sehr stark, aber nach der Matura war ich noch nicht ganz sicher und habe deshalb mit Musik- und Theaterwissenschaften. Ausschlaggebend war dann meine Hospitanz bei der 'Butterfly'-Produktion von Stefan Herheim, 2004, an der Volksoper. Danach habe ich mich für das Musiktheater entschieden", erzählt Johannes Pölzgutter, gebürtiger Wiener, Jahrgang 1981, der nun seit Oktober 2004 Musiktheater-Regie an der Musik-Universität Wien studiert.
Nach der Matura hatte der Nachwuchs-Regisseur zunächst mit dem Studium der Musikwissenschaften und Theaterwissenschaften an der Universität Wien begonnen: "Aber die Praxis machte eben mehr Spaß als die Theorie", so Pölzgutter, der nun im siebenten Semester ist und im Juni 2008 abschließen wird.
Kreative Teamarbeit
"Es ist schön, dass man mit einem Team arbeitet und gemeinsam etwas entstehen lässt. Es geht mir darum, dass sich kein Sänger vergewaltigt fühlt. Ich habe ein Konzept, beziehe natürlich die Sänger mit ein und versuche, Begeisterung für meine Ideen zu schaffen", erläutert Pölzgutter seine Arbeitsweise.
"Wichtig ist mir, dass man zwischen gutem und schlechtem Theater unterscheidet - nicht zwischen altmodischer Inszenierung und modernem Regietheater. Es gibt auf beiden Seiten Gutes und Schlechtes."
Geschichten erzählen, die das Publikum versteht
"Ich will den Menschen eine Geschichte erzählen, die sie auch verstehen. Mit meiner Inszenierung versuche ich jene Atmosphäre zu schaffen, die die jeweilige Handlung verständlich macht. Es gibt ja eine Intention des Komponisten - und ich versuche nun herauszuhören, was er gemeint hat. Deshalb beschäftige ich mich zunächst sehr intensiv mit dem Libretto und der Musik. Dann kommen ohnehin die Ideen", so der junge Regisseur.
Zeitgenössisches, Barock-Oper und Operette
"Mein Interesse gilt vor allem dem Musiktheater des 20. und 21. Jahrhunderts, der Barock-Oper - und der Operette, die oft vernachlässigt wird. Bei diesem Genre sollte man einen frischeren Blick haben. Man darf diese Stücke nicht verleugnen, denn sie sind Kleinode, die man pflegen sollte, weil sie ungemein unterhaltsam sein können", so Pölzgutter zu seinen Schwerpunkten.
Umfangreiche Theaterpraxis
Seit 2001 konnte der Nachwuchsregisseur bereits praktische Bühnenerfahrungen sammeln: so absolvierte er eine Regiehospitanz bei Kalmans "Gräfin Mariza" bei den "Herbsttagen Blindenmarkt" (2001), bei der "Butterfly"-Produktion von Stefan Herheim an der Volksoper Wien (2004), machte Regieassistenz bei Mozarts "La finta giardiniera" am Schlosstheater Schönbrunn (Regie: Michael Temme, 2004) sowie bei Verdis "Attila" der Opernwerkstatt Wien (Regie: Paolo Trevisi, 2005), hatte eine Regiehospitanz bei der Volksoper-Produktion von Janáceks "Die Ausflüge des Herrn Broucek" (Regie: Anja Sündermann; Februar 2006), eine Regieassistenz bei Verdis "Ernani" der Opernwerkstatt Wien (Regie: Robert Simma; Juli 2006) sowie heuer bei der "Triptychon"-Produktion der Neuen Oper Wien (Regie: Johannes Erath).
"Die Arbeit beim 'Herbsttage'-Festival war eine sehr schöne Erfahrung. Denn vor dieser Hospitanz war ich sehr skeptisch gegenüber der Operette - und habe sie dort lieben gelernt. Nicht zuletzt deshalb, weil ich sah, mit wie viel Freude die Sänger bei der Sache waren. Wichtig und spannend war für mich natürlich auch die Regieassistenz bei der Neuen Oper Wien".
Regie bei "La Serva padrona" und "Ritter Eisenfraß"
Bisher hat der Nachwuchsregisseur zwei eigene Inszenierungen gemacht: und zwar von Pergolesis "La serva padrona" im Fuhrmannhaus Wien 2004 sowie heuer Offenbachs Operette "Ritter Eisenfraß" auf der Neuen Studiobühne Penzing.
"Die Pergolesi-Oper, die ich schon kannte, war mein Einstiegsstück. Ich mag dieses Werk, weil es zwar komisch ist, aber einen sehr bösen Kern hat. Ich habe damals gemerkt, dass ich noch viel lernen muss, aber es hat ganz gut funktioniert. Offenbachs 'Ritter Eisenfraß' entdeckte ich bei der Suche nach einem Einakter. Und kam drauf, dass ich das Werk durch den Szabo-Film 'Offenbachs Geheimnis', den ich mit zwölf gesehen hatte, zum Teil kannte. Es war eine sehr schöne Erfahrung - denn es gelang mir, das Publikum zu unterhalten und zum Lachen zu bringen", berichtet Johannes Pölzgutter.
Händels "Alcina" als Diplom-Inszenierung
Für seine Diplominszenierung, die im April 2008 Premiere haben wird, hat der junge Regisseur Händels "Alcina" gewählt.
"Momentan ist es noch eine Denkwerkstatt, aber ich arbeite bereits seit dem Vorjahr an der Händel-Oper. Ich wollte eine Barock-Oper inszenieren und habe auch das nötige Ensemble an der Universität gefunden", berichtet Johannes Pölzgutter.
Von Cavalli bis Verdi
Nach Abschluss seines Studiums will der Nachwuchsregisseur zunächst Regieassistenzen machen, sich aber auch nach Angeboten für eigene Inszenierungen umsehen.
Und was wäre sein größter beruflicher Zukunftswunsch? "Jene Werke inszenieren zu können, die mich auch persönlich beschäftigen, wie zum Beispiel Cavallis 'La Calisto' oder Offenbachs 'Ritter Blaubart' - beide Werke verbindet Satire und Humor. Aber es reizen mich natürlich auch tragische Werke wie 'Tamerlano' oder Verdis 'Otello' - hier ist es die emotionale Ebene der Figuren, die mich interessiert", so Johannes Pölzgutter.