Chronologie einer Erfolgsgeschichte
Die maschek-Seiten
Für ihre bösen Satiren über die Vorgänge im Bundeskanzleramt wird die Rabenhof-Puppen-Show "Beim Gusenbauer - Willkommen in der Sandkastenrepublik" von maschek heuer mit dem Programmpreis zum Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnet.
8. April 2017, 21:58
Risiko geht immer
So, nimmt's schon auf? Gut! Dr. Alfred Gusenbauer, sozialdemokratischer Bundeskanzler der Republik Österreich. Ich hoffe es ist ihnen bewusst, dass sie mich zu Hause bei mir anrufen. Leider bin ich aber im Moment nicht zu Hause und deshalb nicht in der Lage, ihren Anruf entgegen zu nehmen, so wichtig er auch sein mag. Am Ende des Tages wird aber Sie jemand zurückrufen, sind Sie bitte nicht böse, wenn es nicht ich bin sondern einer meiner Parteisekretäre oder treuen Gesellen aus der sozialistischen Jugend. Sprechen Sie jetzt laut und deutlich, halten sie sich kurz.
Von der Maschekseite
"Die über alle Maßen geglückte Melange aus temporeichem Spiel, treffsicheren Pointen und innovativem Zusammenwirken unterschiedlichster Elemente der Kleinkunst machen das Rabenhof-Politpuppentheater dank tatkräftiger Unterstützung der Gruppe maschek zu einer herausragenden Produktion des Jahres 2007", attestierte die Jury. Der von Wien Energie gestiftete Programmpreis ist mit EUR 3.000,- dotiert und wird heuer zum neunten Mal vergeben.
Das bisherige Schaffen des Künstlertrios maschek umfasst aber nicht nur den Besuch beim Puppenkanzler Alfred Gusenbauer und einigen seiner Mitstreiter, wie Wilhelm Molterer, Michael Häupl und Wolfgang Schüssel.
"maschek ist eine Verkürzung von der Redewendung 'von der Maschekseite' was so viel heißt wie 'von der anderen Seite'. Und dieses schöne, aber leider kaum mehr gebräuchliche Sprichwort haben wir adoptiert und für uns verwendet. Hat auch damit zu tun, dass unser erstes Projekt, an dem wir gearbeitet haben vor zehn Jahren, eine Internetseite war. Und sich da der Ausdruck 'Maschek-Seite' angeboten hat. Und irgendwann war's keine Seite mehr und daher war's nur noch maschek", erzählt Robert Stachel von maschek.
Vom Laientheater zum Kult
Seit etwa zehn Jahren arbeiten Robert Stachel, Ulrich Salamun und Peter Hörmannseder unter dem Namen maschek zusammen. Kennengelernt haben sie sich beim Publizistik-Studium. Ihre ersten Auftritte vor Publikum absolvierten die drei im Dezember 1998, auf einer Wiener Laienbühne. Robert Stachel:
"Da gab's so ein kleines Lokal in Wien, die Hobbythek, die mehr oder weniger das Konzept hatte 'wer mag, darf mal auf die Bühne' und kann einen Abend bestreiten vor Freunden und erweiterten Bekanntenkreis und des hamma gmacht. Das hat ganz gut funktioniert und Spaß gemacht und eines hat dann das andere ergeben in den darauffolgenden Jahren. Angefangen haben wir bei diesen ersten Auftritten mit Dia-Material. Also wir haben ein Konvolut aus gebrauchten alten Dias gekauft von Leuten und auf Flohmärkten. Und aus diesen Dias, die ja wild durcheinandergemischt waren, haben wir Geschichten gebaut und die dann synchronisiert. Das war eine Facette, teilweise also improvisiert über diese Diastrecken. Und die andere Geschichte war, dass wir eigentlich aus skurrilen Benimmbüchern vorgelesen haben."
Diskussionsrunden mit erfundenen Experten
Peter Hörmannseder, Ulrich Salamun und Robert Stachel haben sich in den folgenden Jahren in verschiedensten Genres geübt. Das Trio drehte eine Kurzfilmreihe, produzierte Hörspiele und erfand den maschek-Zirkel, eine regelmäßig stattfindende Diskussionsrunde mit erfundenen Experten. Als "Hagestolz und keine Söhne" versuchten maschek auch im Musikgeschäft Fuß zu fassen.
Peter Hörmannseder: "Das war ein sehr altvaterisches Gesangsduett. Chansons, politische Chansons. Wir haben eine einzige Schallplatte gehabt, die ist durchgelaufen und wir haben dazu in lächerlich erfundenen Melodien und näselnden, singenden Stimmen tagesaktuelle 'Guglhupf'-ähnliche Kritik zum Besten gegeben. Es war Parodie der Parodie, die teilweise sehr gut funktioniert hat und teilweise überhaupt nicht. Mit dem großen Hit 'Bruno Kreisky komm oba auf an kleinen Kaffee' und dem zweiten großen Hit 'Ernst Wolfram Marboe', den man sogar auf Ö1 spielen könnte."
TV total
Kritik am Medium Fernsehen war und ist eine wichtige Triebfeder für die Arbeit der Wiener Künstlergruppe. Die maschek-Methode ist das Synchronisieren. Im "maschek-Karaoke" - später wurde daraus schlicht "maschek redet drüber" - liefern die drei Herren ihre Übersetzung von Fernsehsendungen. Ähnlich wie schon bei ihren Dia-Abenden bereichern maschek bestehendes Bildmaterial mit neuen Inhalten. Beim Fernsehen haben die drei einfach die Tonebene von Nachrichten-Sendungen oder prunkvollen Gesellschaftsereignissen, wie dem Opernball, weggeblendet und den Protagonisten auf dem Bildschirm auf diese Weise neue Worte in den Mund gelegt.
Unter dem Titel "The great television Swindle" traten maschek mit ihrem Fernsehmaterial anfangs im Rabenhoftheater auf, später wurden sie selbst Teil des Fernsehens und bekamen einen regelmäßigen Sendeplatz im Rahmen von "Dorfers Donnerstalk".
100 Mal Puppentheater
Das Kasperltheater "Beim Gusenbauer" ist eine konsequente Weiterführung der Synchronisationsidee. Die Arbeit von maschek hat sich dabei nicht wesentlich verändert. Die drei sitzen etwas abseits von der Theaterbühne und kommentieren das Puppenspiel via Bildschirm. Der Unterschied zur Synchronisation von unveränderbaren Fernsehbildern: Die Puppenspieler vom Original Wiener Praterkasperl ermöglichen maschek eine freie, pointierte und manchmal auch surreale Inszenierung.
Mittlerweile wurden vier verschiedene Kasperl-Stücke im Rabenhof-Theater auf die Bühne gebracht. Zwei Teile "Beim Gusenbauer" folgten "Bei Schüssels" eins und zwei. Inszeniert hat jeweils Thomas Gratzer. Die Ausstattung stammt von Gerhard Haderer, die Puppen gestaltete Ana Maria Heigl. Etwa 100 Kasperltheater-Vorstellungen absolvierten die Beteiligten in den letzten eineinhalb Jahren.
Am 16. November 2007 wird "Beim Gusenbauer - willkommen in der Sandkastenrepublik" im Wiener Radiokulturhaus mit dem Programmpreis zum Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnet. Der Hauptpreis geht an Andreas Vitásek für "My Generation".
Mehr zu Andreas Vitaseks "My Generation" in oe1.ORF.at
Mehr zum Österreichischen Kabarettpreis in radiokulturhaus.ORF.at
Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 11. November 2007, 22:05 Uhr
Links
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