Spezielle Plätze in Wien

Stadt der Frauen

Auguste Fickert, Rosa Mayreder, Ida Baumann und Marie Lang sind Frauen, die Wien bewegt haben. Die Literaturwissenschaftlerin Marlen Schachinger organisiert Spaziergänge, die die Wege dieser Frauen von Währing bis in die Innere Stadt nachzeichnen.

Die Autorin Marlen Schachinger hat schon während ihres Literaturwissenschaftsstudiums ihre Begeisterung für Wirken und Leben der frühen Wiener Frauenrechtlerinnen entdeckt. Jetzt hat sie eine "Reiseführerin" durch die österreichische Hauptstadt veröffentlicht, und sie veranstaltet Spaziergänge auf den Spuren der gesellschaftlichen Pionierinnen durch Wien.

Allgemeiner österreichischer Frauenverein

Einer dieser Lesungsstadtspaziergänge steht ganz im Zeichen des "Allgemeinen österreichischen Frauenvereins", gegründet 1893 von Auguste Fickert. Im Türkenschanzpark versammelt Marlen Schachinger ihre Spaziergänger unweit der Meierei beim Denkmal für Auguste Fickert.

Das Frauenwahlrecht, eine Reform des Ehe- und Familienrechtes, die Zulassung der Frauen zum Hochschulstudium, eine Schulreform und die Unentgeltlichkeit des Unterrichtes waren Auguste Fickerts zentrale Anliegen. Die Situation der Hausgehilfinnen, die Forderung eines Mutterschutzes und die Prostitution sind Themen, die Auguste Fickert unter den Nägeln brannten.

1895 eröffnete Auguste Fickert die erste Rechtschutzstelle für mittellose Frauen in Österreich. Um die Jahrhundertwende widmete sie sich den Frauen im Staatsdienst, denn die Arbeitsbedingungen der neu eingestellten Telegrafistinnen und Postbeamtinnen waren himmelschreiend schlecht. Seit 1905 kränkelte Auguste Fickert, starb 1910 und liegt am Neustifter Friedhof auf der Pötzleinsdorfer Höhe begraben.

Einküchenhaus in der Peter-Jordan-Straße

Der dem "Allgemeinen Österreichischen Frauenverein" gewidmete Lesungsstadtspaziergang führt nach den verschlungenen Pfaden des Parks hinaus aus der Grünoase durch ein Wohnviertel. In der Peter-Jordan-Straße bleibt Marlen Schachinger vor einem Haus stehen, in dem Auguste Fickerts letztes visionäres Projekt realisiert wurde: ein Einküchenhaus für berufstätige Frauen. Adresse: Peter-Jordan-Straße 32-34, wo Frauen unter dem Titel "Heimhof" die Hausarbeit gemeinsam organisieren und an gemeinsame Hausangestellte abgeben konnten.

Die Stadtspaziergängerinnen bummeln weiter durch den 19. Bezirk, vorbei an der Hochschule für Welthandel hin zur Fickertgasse, ein kurzes, verstecktes Straßenstück, das den Namen der Gründerin des Allgemeinen österreichischen Frauenvereins in die Wiener Topographie eingeprägt hat.

Rosa Mayreders Geburtshaus

Weiter geht es per Straßenbahn in den 9. Bezirk, Wilhelm-Exnergasse 34, wo sich der Sitz des Bundes österreichischer Frauenvereine befand, und dann in das Zentrum von Wien, zur Wipplingerstraße 8, wo die Gründungsversammlung des Allgemeinen österreichischen Frauenvereins stattfand. Gleich ums Eck findet sich das Geburtshaus von Rosa Mayreder, einer einflussreichen Gestalt im Bunde des "Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins.

1900 gründete Rosa Mayreder den Frauenbildungsverein Atheneum, der für die geistige Nahrung der Frauen sorgte, bis diese an allen Fakultäten der Universität Wien zugelassen wurden. 1928 wurde sie von der Stadt Wien geehrt, zur "Bürgerin Wiens" ernannt. Kurz darauf, in den 1930er Jahren musste sie bestürzt zur Kenntnis nehmen, dass vermeintliche Freundinnen und Freunde von ihr abrückten, weil Rosa Mayreder einen jüdischen Großvater hatte. 1938 starb Rosa Mayreder. Sie ist am Wiener Zentralfriedhof begraben.

Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 25. November 2007, 10:06 Uhr

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Buch-Tipp
Marlen Schachinger, "Reiseführerin Wien. Stadt der Frauen", Promedia Verlag

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Marlen Schachinger