Neue Richtlinien

Cholesterinwerte

Zu hohe Cholesterinwerte nehmen im Ranking der Risikofaktoren der Herz-Kreislauferkrankungen einen besonders hohen Stellenwert ein. Daher haben acht österreichische medizinische Fachgesellschaften neue Cholesterin-Behandlungsrichtlinien definiert.

Nach wie vor sind Herz-Kreislauferkrankungen - allen voran Herzinfarkt und Schlaganfall - die häufigste Todesursache in Europa. Faktoren, die die Entstehung begünstigen, sich aber nur schwer beeinflussen lassen, sind das Alter, das Geschlecht oder eine genetische Vorbelastung.

Übergewicht, Rauchen und Bewegungsmangel tragen zum einen selbst zur Entstehung von Herz- Kreislauferkrankungen bei und begünstigen andererseits drei weitere Risikofaktoren: Zuckerkrankheit, Bluthochdruck und erhöhte Blutfettwerte. Die letztgenannten sechs Faktoren lassen sich durch Lebensstiländerung und Medikamente sehr wohl beeinflussen.

Neuer Österreichischer Cholesterin-Konsensus

Zu hohe Cholesterinwerte nehmen im Ranking der Risikofaktoren, so Experten, einen besonders hohen Stellenwert ein. Daher haben acht Österreichische Medizinische Fachgesellschaften kürzlich neue Cholesterin-Behandlungsrichtlinien definiert.

Die Zielwerte für das "böse" LDL-Cholesterin wurden niedriger denn je festgesetzt: unter 100 mg/dl für Patienten mit einem hohen Risiko für Herz- Kreislauferkrankungen (zum Beispiel Diabetiker oder Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit) und sogar unter 70 mg/dl bei Patienten mit einem sehr hohen Risiko (zum Beispiel nach einem Herzinfarkt).

Diese Empfehlungen stützen sich auf die größte bislang in Österreich durchgeführte Untersuchung.

Die ACT-Studie

Im Rahmen des Großprojektes ACT (Austrian Cholesterol Treatment Program regarding Achievment of Cholesterol Targets in High Risk Patients) wurden mehr als 6.400 Risikopatienten mit Koronarer Herzkrankheit untersucht. Es stellte sich heraus, dass nur 31 Prozent der Betroffenen trotz lipidsenkender Therapie mit so genannten Statinen - diese hemmen u.a. die körpereigene Produktion von Cholesterin - den angepeilten Zielwert für LDL-Cholesterin von unter 100 mg/dl erreichten.

Intensivierte Therapie empfohlen

Diese Tatsache legte nahe, dass die Therapie mit Statinen alleine für die effiziente LDL-Cholesterin-Senkung nicht ausreichend ist. Daher veröffentlichten die acht österreichischen Fachgesellschaften nun ein neues Behandlungsschema, mit dem die Zielwerte effizienter erreicht werden können.

Die Statine sollen - so der Neue Österreichische Cholesterin-Konsensus - ausreichend hoch dosiert werden. Bei Nichterreichen der Zielwerte sollte ein potenteres (damit auch teureres) Statin eingesetzt werden, bzw. eine Kombination mit einem weiteren Medikament namens Ezetimib zum Einsatz gelangen. Diese Substanz hemmt die Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm. Mit dieser Strategie kann der LDL-Wert um bis zu 80 Prozent gesenkt werden.

Blutfette und Gefäßerkrankungen

Der Zusammenhang zwischen erhöhten Blutfettwerten und Atherosklerose, jener Veränderung der Gefäße, die in weiterer Folge zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führt, sei durch große Studien belegt. Ebenso wie der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von kardialen Ereignissen (z.B. Herzinfarkt) und der Höhe der Lipidwerte, insbesondere des LDL-Cholesterinwertes, so der Leiter der 1. Medizinischen Abteilung am Landesklinikum Mistelbach, Primar Univ.-Doz. Dr. Otto Traindl.

Durch eine Senkung des LDL-Cholesterinwertes um 30 mg/dl könne unabhängig vom Ausgangswert das relative Risiko eines Gefäßereignisses um 30 Prozent gesenkt werden. Die Risikosenkung sei dabei umso größer, je höher das individuelle Risiko ist.

Wie wirken Statine?

Statine senken den "bösen" LDL-Wert und erhöhen geringfügig den "guten" HDL-Wert. Darüber hinaus haben diese Substanzen eine ganze Reihe weiterer (pleiotroper) Auswirkungen: sie sind entzündungshemmend, stabilisieren den atherosklerotischen Plaques, wirken auf die Thrombozyten, etc.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht ganz klar, ob es wirklich die Senkung des LDL-Cholesterins alleine ist, die die Gefahr eines drohenden Herzinfarkts abwendet oder ob auch die anderen genannten Wirkmechanismen eine Rolle spielen.

Wie wirksam sind Statine?

Um diese Frage gibt es seit Jahren einen Expertenstreit. Die in den meisten Schlagzeilen verwendete relative Risikoreduktion von z.B. 30 Prozent entspricht keineswegs der individuellen Risikoreduktion. Das bedeutet: Nicht jeder Mensch, der ein Statin schluckt, reduziert sein persönliches Herzinfarktrisiko um 3o Prozent. Statistisch betrachtet liegt die individuelle Risikoreduktion bei unter einem Prozent.

Eine andere aufschlussreiche Größe ist die Anzahl an Patienten, die mit einem Medikament behandelt werden müssen, um ein einziges Gefäßereignis zu verhindern (number needed to treat, NNT). Diese liegt je nach Studie für die Statine zwischen 15 und weit über 100. Das bedeutet im Klartext: man muss 15 (oder viel mehr) Menschen mit einem Statin behandeln, um einen "zu retten".

Diskutieren Sie mit!

Wenn Sie Fragen haben oder von Ihren eigenen Erfahrungen berichten möchten, dann rufen Sie während der Sendung unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 22 6979 an, oder posten Sie hier.

  • Wie schädigt das "böse" LDL-Cholesterin die Gefäße eigentlich?
  • Was hat es mit dem "guten" HDL-Cholesterin auf sich?
  • Haben Sie selbst ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen?
  • Kennen Sie Ihren LDL-Cholesterinspiegel aus?
  • Wie effektiv können die zur Verfügung stehenden Therapieoptionen einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verhindern?
  • Was können Sie selbst tun, um Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall vorzubeugen?
Nach der Sendung beantwortet Prim. Univ.-Doz. Dr. Otto Traindl bis ca. 15:15 Uhr Ihre Postings.

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Hör-Tipp
Radiodoktor, Montag, 3. Dezember 2007, 14:20 Uhr