Zwischen Styling und Funktionalität
Food Design
Ist es Zufall, dass die Extrawurst genau in eine Semmel passt? Und warum hat das Fischstäbchen seine rechteckige Form? Eine Ausstellung im Wiener designforum gewährt Einblick in die Massenproduktion von Lebensmitteln.
8. April 2017, 21:58
Leporello zum Thema "Food Design"
Warum Toastschinken uns vergessen lässt, dass wir hier eigentlich ein Tier essen, warum es keine schwarzen Gummibärchen gibt und warum Japaner Torten in Scheiben schneiden - all diese und viel mehr Fragen hat sich das Architekten-Duo Martin Hablesreiter und Sonja Stummerer in den vergangenen Jahren gestellt. In einer Ausstellung im Wiener designforum werden die Ergebnisse ab morgen, Samstag, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Synästhetische Mitmach-Ausstellung
Aus verschiedenen Blickwinkeln wird die Funktionalität und das (oft damit einhergehende) Design von Essbarem untersucht, Zusammenhänge hinterfragt und Kuriositäten ausgestellt. In einem zweiten Raum - dem Sensorium - kann der Besucher mit Hilfe seiner Sinne die Mechanismen der unterschiedlich gewachsenen Wahrnehmungen rund um das Essen erforschen. In kleinen Flaschen befindet sich Watte mit wohl bekannten Gerüchen, die erraten werden sollen.
Vitrinen zeigen Eisbecher mit diversen Farben, aufgrund derer wir auf den Geschmack schließen, eine Sound-Installation stellt die - im Food Design unerlässliche - Erforschung der Geräusche vor, die die "Produkte" beim Abbeißen von sich geben.
Vom Säugling zum Kauling
"Das Wichtigste beim Essen ist nicht der Geschmack, sondern die Haptik", erklärte Martin Hablesreiter bei einem Pressegespräch am Freitag. Allein aufgrund der Essgewohnheiten eines Menschen könne man auf dessen Charakter schließen. Beim Essen würden alle Phasen der menschlichen Entwicklung - vom Säugling über den "Lutschling" und den "Beißling" bis hin zum "Kauling" durchgemacht, was besonders in der Pralinenproduktion von Bedeutung sei, wo man vom harten Kern, seiner flüssigen Umrahmung bis hin zur weichen Schokolade alles in einem Produkt vereint.
Sich ändern, um gleich zu bleiben
Auf großen Tafeln werden die einzelnen Entwicklungsstufen des Food Designs in großen Firmen aufgeschlüsselt, die den beiden Architekten jedoch nur in seltenen Fällen Fotomaterial zur Verfügung gestellt haben. In einem weiteren Teil sind heute noch gebräuchliche und beliebte Produkte wie die Semmel, Coca Cola oder Mannerschnitten auf einer Zeitleiste abgebildet, die laut Hablesreiter zeigt, dass es "seit 20 Jahren kaum ein Produkt gegeben hat, das nahezu unverändert überlebt hat".
In einigen Tagen soll es auch einen Food-Design-Shop geben, in dem Kuriositäten wie essbare Totenschädel aus Mexiko zu erwerben sind. Weiters geplant ist auch ein Dokumentarfilm über das Thema, ein Buch unter dem Titel "Food Design" ist vor zwei Jahren erschienen und wurde mehrfach ausgezeichnet.
Mehr zum Programm der Ö1 Sendung Leporello in oe1.ORF.at
Buch-Tipp
Martin Hablesreiter, Sonja Stummerer, "Food Design - Von der Funktion zum Genuss", Springer Verlag
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