Unterwegs auf Papua-Neuguinea, Fiji und Tonga.

Die unabhängigen Inselwelten Ozeaniens

Vielschichtig und exotisch präsentieren sich die Inseln Ozeaniens dem Reisenden: Orchideen und Pidgin-Englisch in Port Moresby, Accessoires aus der Geschichte des Kannibalismus in Suva, traditionelle Musik am Strand der Liebe, auf Tongatapu.

"Mixmaster Belong Jesus Christ" zählt vermutlich zu den originellsten Umschreibungen, die für das Wort "Hubschrauber" bislang gefunden wurden. Sie entstammt dem Waigani-Pidgin, einer Sprache, die sich aus englischem und melanesischem Vokabular zusammensetzt. Gesprochen wird sie in und um Port Moresby, der Hauptstadt von Papua-Neuguinea.

Lange isoliert
Papua Neuguinea gehört zum pazifischen Großraum Melanesien, der sich im Osten bis zu den Fidschi-Inseln erstreckt. Das Landesinnere ist gebirgig, das Hochland oft entsprechend schwer zugänglich, flankiert von weiten Tälern und tiefen Schluchten. Die mehr als 800 linguistisch voneinander getrennten Sprachen und Kulturen, die auf der Insel zu finden sind, zeugen von der Isolation, die über einen langen Zeitraum beherrschend war.

Die in einigen Regionen noch recht ursprünglichen Formen des Zusammenlebens stehen im krassen Gegensatz zum Alltag in Port Moresby, der größten Stadt der Insel. Die Landflucht der vergangenen Jahrzehnte ließ immer mehr illegale Siedlungen an der Peripherie der Hauptstadt entstehen. Heute prägen die hohe Bevölkerungsdichte und eine noch höhere Arbeitslosenrate die Dynamik von Port Moresby.

Eleganz und Wellblech

Greg Berry ist von Christchurch, Neuseeland, nach Port Moresby ausgewandert. Er folgte einer Zeitungsannonce der späten 1970er Jahre, in der nach einem Hochschulabgänger mit Kenntnissen in der Bilanzbuchhaltung Ausschau gehalten wurde. Heute lebt Greg auf einem jener Hügel, die zu den Nobelvierteln zu zählen sind - mit ungetrübter Aussicht auf den Hafen, dessen günstige Lage schon 1873 von dem britischen Forscher John Moresby gelobt wurde.

"Als wir 1978 hierher kamen, konnte man überball herumgehen und man fühlte sich sicher", erzählt Berry. "Das Auto blieb unversperrt, das Haus offen. Heute, nicht zuletzt durch die hohe Arbeitslosigkeit bedingt, muss man da etwas vorsichtiger sein. Wer hier schon länger lebt, ist vermutlich nicht so paranoid und schaut sich dauernd um. Wissen sie, Kriminelle in Papua Neuguinea sind in der Regel Feiglinge und gehen nur auf Einzelpersonen los. Wenn Sie in einer Gruppe unterwegs sind, dann werden sie nicht ins Visier genommen. Denn dann wissen ja die Diebe, dass sie unterlegen sein werden."

Eleganz und Wellblech, großzügige Raumplanung und bescheidene Verhältnisse liegen in Port Moresby ähnlich nahe beisammen, wie in jedem andern Ballungsraum. Eine Besonderheit hat dieses Zentrum allerdings: Es ist vom Rest des Landes abgeschnitten, seine Ausfahrtsstraßen führen irgendwann ins Nichts, enden in einem Ort, einem Feld oder ganz abrupt, weil die Straße weggebrochen ist.

Bula vinaka! Willkommen auf Fiji!
Über den Kannibalismus im südpazifischen Raum ist viel geforscht und geschrieben worden. Auf Fiji hatte der Verzehr von Menschen noch eine zusätzliche Bedeutung: Es galt als besondere Schmach für einen Krieger, von seinem Kontrahenten nicht nur besiegt, sondern auch verspeist zu werden. Als besonders eindringliches Relikt aus diesen Tagen ist im Fiji-Museum auch eine spezielle Gabel für Kannibalen ausgestellt. Sie wurde aus Holz hergestellt, hat die Form eines großen Pinsels, der anstelle von Haaren lange, dünne Holzstäbe hat. Die Form dieses ausgefallen Besteckstücks sollte dabei behilflich sein, das Fleisch in den Mund führen zu können, ohne dabei die Lippen zu berühren. Denn es war absolutes Tabu, die Lippen mit dem Fleisch seines Opfers in Kontakt zu bringen, erzählt Tevita Seru vom FiJi Museum.

Du bist, wen du isst
"Sehen sie dieses lange Tablett aus Holz? Das ist lang genug, um einen Mensch darauf zu legen. Dieses Tablett gehörte einem High Chief im Westen von Fiji und es wurde verwendet, um ihm darauf die gekochten Menschen zu präsentieren. Er mochte Menschenfleisch sehr gerne und soll, um seine Opfer zählen zu können, für jedes einen Stein aufgestellt haben. Als die Missionare auszogen, um diesem Kannibalismus Einhalt zu gebieten, fanden sie angeblich 874 Steine auf dem Feld. Im Dorf stellte sich dann heraus, dass der Chief 999 Menschen verspeist haben soll", so Tevita Seru.

Meist waren es Feinde, Kriegsgefangene, die gegessen wurden. Es gibt keine Aufzeichnungen, aber das Ganze folgte einem speziellen Ritual. "Man versammelte sich außerhalb des Tempels, es wurde gesungen, dann brachte man das Opfer um und steckte es in einen Ofen", erzählt Seru. "Man glaubte damals, wenn du einen Menschen isst, dann gehen automatisch seine Fähigkeiten auf dich über. Aß man einen tapferen Krieger, so wurde man selbst zu einem."

"Heiliger Süden" Tongatapu
Das ist der Name der größten Insel des Königreichs Tonga. Und Nuku'alófa, die Hauptstadt des Archipels, heißt übersetzt "Stadt der Liebe”. Mit derart klingenden Namen empfängt das Herrschaftsgebiet von Tupou V. seine Gäste. Tonga ist eine konstitutionelle Monarchie, das heißt, dem amtierenden König werden größere Befugnisse eingeräumt als beispielsweise den englischen Monarchen. Zu den schillerndsten Persönlichkeiten von Tonga zählte König Tupou IV., der im September 2006 im Alter von 88 Jahren verstarb. Er war ein direkter Nachfahre des ersten Königs. Tupou V., sein Sohn, regiert seither das Inselreich.

Böse Schwestern, arme Schwägerin
Finau Heuifanga Limuloa, die im Außenministerium des Königreiches beschäftig ist, weiß: Auf Tonga haben viele Traditionen überlebt, die anderswo nicht mehr existieren. Das hängt damit zusammen, dass Tonga nie Kolonie war, nie ein fremdes Rechtssystem übergestülpt bekam.

Zum Beispiel gibt es zwischen Schwester und Bruder eine ganz spezielle Beziehung: Die Schwester, egal ob älter oder jünger, ist für den Bruder ein Leben lang Autorität. "Grundsätzlich basieren alle Familienregeln auf dem Verhältnis von Bruder und Schwester", erzählt Limuloa. "Wenn ein Mann heiratet, so wird die Schwester des Mannes der neuen Familie ihres Bruders immer übergeordnet sein. Umgekehrt untersteht die angeheiratete Frau samt ihrer Familie der neuen Schwägerin, was mit einer Reihe von Verpflichtungen verbunden ist. Das ist alles sehr kompliziert. Nehmen sie mich als Beispiel - gehe ich in das Haus der Schwester meines Vaters, dann hat sie das Sagen. Ich sitze in der Küche, koche für sie, mache die Arbeit und halte mich vom Wohnzimmer fern - ich bin ihr ja untergeordnet. Gehe ich aber zum Bruder meiner Mutter, dann bin ich die Überlegene, weil ich ja die Tochter seiner Schwester bin. Bei meinem Onkel brauche ich daher keinen Finger zu rühren und kann machen, was ich will. Wenn man also vor hat zu heiraten, ist es ganz wichtig, vorher zu erkunden, wie viel Schwestern dein Bräutigam hat - sie werden dich schließlich später herum kommandieren. Sind die Schwestern schrecklich, dann sollte man das mit der Heirat überdenken."

Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 23. August 2009, 10:06 Uhr