Fröhlich und respektlos

Luzi Korngolds Komponistenhimmel

Anlässlich der neu erweckten Korngold-Forschung kam ein Dramolett der Ehefrau des Komponisten zu Tage: Ein Komponistenhimmel, in dem sich Richard Wagner beschwert, dass er von Korngold auf fünf Minuten gekürzt wird, Mendelssohn und Mozart auftreten.

Vor 50 Jahren - am 29. November 1957 - starb der österreichisch-amerikanische Komponist Erich Wolfgang Korngold in Los Angeles. Geboren am 29. Mai 1897 in Brünn, war er gerade 60 Jahre alt geworden. Er zählte zu den wenigen im Exil erfolgreichen Österreichern, ihm gelang eine exzeptionelle Hollywood Karriere - ein Vertrag mit nur zwei Filmmusiken im Jahr, er bewältigte sein Leben in glücklicher Weise.

Viel Verdienst daran hat seine Frau Luzi - Stummfilmstar, Pianistin, Musikwissenschafterin und Autorin einer Chopin- wie einer Korngold-Biographie. Der Film "Die Kurtisane von Venedig" übermittelt etwas vom Charisma der Luzi Korngold, die als Enkelin des Burgtheaterschauspielers Adolph von Sonnenthal in ein großbürgerliches, jüdisches Wiener Milieu hineingeboren wurde.

Souveräne, elegante Pianistin

Die von ihr überlieferten Chopinaufnahmen lassen eine technisch souveräne, elegante Pianistin hören - kurios angesichts der Tatsache, dass sie niemals an einem Konservatorium studierte. Sie war die Managerin der Emigration, sie war die, die ihren Mann ermunterte, neue Medien und neue Technologien zu nützen. Sie war es, die ihren Mann zur Filmkarriere ermunterte - eine Tatsache, die ihr der gekränkte, Besitz ergreifende Schwiegervater ein Leben lang nicht verzieh.

Sie kommentierte es ironisch und lernte damit zu leben. "Von leidenschaftlichem Temperament, fanatisch in Allem, was er unternahm, gleichzeitig belastet mit der bürgerlichen Kleinlichkeit seiner Vorfahren, strebte er mit eisernem Fleiß und ungewöhnlichem Talent, in dem wohl auch ein genialischer Funke glühte, neben seinem Beruf als Anwalt nach höheren Idealen, Zielen: nach Musik, nach der "heiligen Kunst". Es blieb ihm trotz seines gründlichen Wissens, trotz seiner hübschen Tenorstimme und einer überdurchschnittlichen Begabung versagt, selbst ein Ausübender zu sein".

Die Chauffeuse der Familie

Sie lernte Auto fahren, wurde Chauffeuse der Familie, bereitete ihren Schwiegereltern einen friedlichen Lebensabend im US-Exil. Eine vergebene Chance für das Jüdische Museum in Wien, das sich zwar Luzis Bedeutung bewusst ist, in seiner Ausstellung "Die Korngolds" aber nur dem Vater und dem Sohn, nicht aber den Frauen der Familie eigene Lebenslinien widmet.

Luzis humorvoll-poetische Begabung trug viel zum glücklichen Familienleben der Korngolds bei: Sie dichtete Wilhelm Busch neu für ihre beiden Söhne, sie karikierte die Komponisten in treffenden Darstellungen, sie dichtete für die Welt mit und nach Korngold.

Autorin mit Pseudonym

Ein Leben ohne Korngold war ihr unmöglich: Geboren im Jahr 1900, starb sie 1962, ihren Ehemann um nur fünf Jahre überlebend. Ihr Dramolett "Der Himmel der Unsterblichen" teilt sich in zwei Akte: der erste spielt noch vor Korngolds Tod, der zweite danach. Als Autorin gab sie sich das Pseudonym "Santa Lucia".

Ausgangspunkt des Stücks, in dem fast nur Männer und Engel vorkommen, ist der sich im Himmel bei Korngold beschwerende Richard Wagner, der die Kürzung seiner Musik nicht hinnehmen kann. Die Komponisten spielen Billard, Engel servieren Erfrischungen, Johann Sebastian Bach ermahnt noch immer seinen zu viel trinkenden Sohn Friedemann.

Morbide Gespräche

Antonin Dvorak beobachtet fasziniert eine Spielzeugeisenbahn, Richard Strauss spielt Skat, Hugo Wolf und Robert Schumann befragen einander über den Grund ihrer Erkrankung, die sie schließlich in den Himmel führte. Schumann sagt: "Ich werde nicht gerne erinnert." Hugo Wolf sagt: "Es war ein Mann." Schubert: "I waß ned, i hab's von an Stubnmadl derwischt." Der Engel versucht, die morbiden Gespräche einzudämmen.

Beethoven sitzt mit Smetana in einer Ecke und Schubert - ehrfurchtsvoll - kann nicht glauben, dass sich Smetana das traut: "Mir zittern noch alleweil die Knie, wenn Beethoven mich anschaut!" Beethoven und Smetana brüllen einander an, aber nur solange, bis Rossini gekocht hat und mit schnalzender Zunge zum Essen ruft. Jetzt kommt Händel, schnuppert verzückt und will seinen Finger in die Sauce tauchen. Rossini weist ihn zurecht: "Sie sind ein Fresser und ich bin ein Feinschmecker".

Die Stimme des Herrn ermahnt in einem Schlussmonolog den Neuankömmling Korngold, es endet mit Mahlers "Lied von der Erde" - wir kehren also wieder zurück in den Neujahrstag.

Hör-Tipp
Österreich 1 extra, Dienstag, 1. Jänner 2008, 22:05 Uhr

Veranstaltungs-Tipp
Jüdisches Museum Wien, "Die Korngolds", Palais Eskeles, bis 18. Mai 2008,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (40 Prozent).

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Link
Jüdisches Museum Wien