Schocktruppe der Besatzer

Blackwater

Blackwater ist die größte, mächtigste und mittlerweile berüchtigtste der Söldnerfirmen, die im Auftrag der US-Regierung im Irak stationiert sind. Zuerst schießen, dann fragen ist ihr Motto. Jeremy Scahill hat ihre Geschichte recherchiert.

Der 16. September 2007 ging in Bagdad als "blutiger Sonntag" in die Geschichte ein. Das will in dieser Stadt viel heißen. An jenem Sonntag fuhr ein von Blackwater-Sicherheitspersonal bewachter amerikanischer Konvoi über eine Kreuzung. Die Fehlreaktion eines irakischen Autofahrers führte zu Verwirrung. Die Blackwater-Garde schoss sicherheitshalber wild um sich. Als die Maschinengewehre verstummten, waren 17 Iraker tot.

"Die irakische Regierung forderte, dass Blackwater abgezogen wird, doch das US-Außenministerium weigert sich", so Jeremy Scahill, Autor des Buches "Blackwater", im Interview.

Aufstieg in nur zehn Jahren

Jeremy Scahill, Journalist der liberalen Zeitschrift "The Nation", recherchierte die Blackwater-Saga seit 2005. Er beschreibt den phänomenalen Aufstieg des Unternehmens in nur zehn Jahren. Doch dem Autor geht es auch darum, eine veränderte Kriegskultur aufzuzeigen. Blackwater ist die größte, mächtigste und mittlerweile berüchtigste der Söldnerfirmen im Irak, doch sie ist nicht die einzige. Derzeit sind drei amerikanische Sicherheitsfirmen im Auftrag der US-Regierung im Irak.

"Insgesamt gibt es 180.000 Militärdienstleister. Davon sind rund 60.000 Söldner", hat Scahill recherchiert. "Die amerikanische Besetzung des Irak wäre ohne diese privaten Militärdienstleister nicht machbar."

Sonnenbrille und hoch gerollte Ärmel

Niemand weiß, wie viele Söldner Blackwater beschäftigt. Doch eines, so der Autor, sei gewiss: Angeheuert werden nur ehemalige Mitglieder von Elitetruppen wie etwa der Delta Force oder den Navy Seals. Ein Blackwater-Mitarbeiter verdient pro Tag 600 Dollar, das ist fast acht Mal so viel wie ein US-Soldat.

Blackwater-Leute erkennt man. Sie sehen ein wenig so aus, schreibt der Autor, wie man sich den typischen, hässlichen Amerikaner vorstellt.

Bodybuilderstatur, kurz geschorenes Haar, Spitzbart und protzige Sonnenbrillen, khakifarbene Uniformen mit Munitionswesten oder Blackwater-T-Shirts mit dem Firmenlogo - einer Bärenklaue im Fadenkreuz - und hoch gerollten Ärmeln. Manche wirken wie Karikaturen, wie Figuren aus Actionfilmen oder professionelle Ringer. Zur typischen Ausstattung gehören auch drahtlose Kopfhörer und leichte Sturmgewehre.

Von erzkonservativem Millionärsspross gegründet

Blackwater wurde von Erik Prince, einem katholischen, erzkonservativen Millionärsspross aus Michigan gegründet. In den 1990er Jahren wurde das US-Militär Schritt für Schritt reduziert; quer durch die USA wurden Stützpunkte geschlossen. Erik Prince, ein Ex-Navy-Seal, erkannte, dass es an Trainings- und Ausbildungsmöglichkeiten fehlen würde, und stieg mit solchen Angeboten ins Geschäft ein.

Blackwaters Aufstieg wäre ohne eine wesentliche Umstrukturierung des US-Militärs, die einem kulturellen Wandel gleich kam, nicht möglich gewesen. Anfang der 1990er Jahre propagierte Dick Cheney das Auslagern etlicher Bereiche aus dem Militärapparat.

"Folgende Überlegung führte schließlich zu Firmen wie Blackwater", erzählt Scahill: "Wenn man verschiedene Bereiche der Militärmaschinerie privatisiert, dann stehen die Soldaten zu 100 Prozent für die Kriegsführung zur Verfügung. Das heißt, Soldaten schälen nicht mehr Kartoffeln und waschen nicht mehr Wäsche. Soldaten kämpfen."

Aufstieg zum Söldnerheer

Die große Stunde schlug für Erik Prince mit dem 11. September 2001. Ohne die Terroranschläge in New York und Washington, so Jeremy Scahill, wäre Blackwater wohl eine vergleichsweise bescheidene Trainingseinrichtung geblieben. In einem seiner ganz seltenen Interviews gab Erik Prince selber zu: Nach dem 11. September hörten die Telefone nicht mehr zu läuten auf. Einer der ersten Anrufe kam von der CIA.

"Sie engagierte Blackwater als eine Art Vorhut für verdeckte Operationen in Afghanistan", so Scahill. "Das war nach meinen Recherchen der Wendepunkt, als Blackwater sich von einem Trainingsanbieter in eine Söldnerfirma verwandelte. Seither blühen die Geschäfte."

Blackwater "macht seine Sache gut"

Dass Blackwater nach wie vor im Irak operiert, habe vermutlich zwei Gründe: Erstens, die hervorragenden Beziehungen von Erik Prince zum Weißen Haus, und zweitens:

"Die Firma hat im Irak genau das gemacht, was man von ihr erwartet hat. Blackwater ist die Schocktruppe der Besatzung", meint Scahill. "Keine Region ist für amerikanische Diplomaten so gefährlich wie der Irak. Doch Blackwater hat bisher keinen einzigen Mann verloren. Washingtons offenes, schmutziges Geheimnis ist, dass Blackwater seine Sache gut macht. Wenn ein Iraker einem Fahrzeug zu nahe kommt, wird er erschossen. Man tut alles, damit jeder Iraker in Angst und Schrecken verfällt, wenn er sich einem amerikanischen Konvoi nähert."

Das berechtigte Image von Blackwater-Söldnern als brutale Typen, die im Zweifelsfall lieber schießen statt Fragen zu stellen, ist Gold wert. Allen Kontroversen zum Trotz, so der Autor, expandiert das Unternehmen.

Bessere Kontrolle per Gesetz

Das nun von Demokraten dominierte US-Parlament hat schon vor dem Gemetzel an 17 irakischen Zivilisten durch Blackwater-Söldner begonnen, die Praktiken von Sicherheitsfirmen unter die Lupe zu nehmen. Der "blutige Sonntag" hat diesen Prozess beschleunigt.

"Im Oktober 2007 verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das eine bessere Kontrolle von privaten Sicherheitsfirmen vorsieht", erzählt Scahill. "Im November folgte eine der bisher wichtigsten Entwicklungen: Die Abgeordnete Jan Schakovsky präsentierte einen Entwurf, der mit Jänner 2009 verbietet, dass die USA Söldnerfirmen beschäftigen. Wird das Gesetz durchgehen? Vermutlich nicht."

Doch es sei schon erfreulich, dass eine solche Maßnahme ernsthaft diskutiert werde, meint Scahill. Als zweiten Hoffnungsschimmer nennt er die Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen. Diese untersucht die möglichen Folgen, wenn jeder mit genügend Kleingeld bei Bedarf eine Elitetruppe anheuern kann.

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
Jeremy Scahill, "Blackwater. Der Aufstieg der mächtigsten Privatarmee der Welt", aus dem Englischen übersetzt von Rita Seuß und Bernhard Jendricke, Antje Kunstmann Verlag

Link
Antje Kunstmann Verlag - Blackwater