Christian Petzold über "Yella"

Gespenster des Kapitalismus

In seinem neuen Film "Yella" schickt der deutsche Regisseur Christian Petzold ("Die innere Sicherheit") eine ostdeutsche Provinzbewohnerin in den finanzstarken Westen. Die Reise wird zur gespenstischen Odyssee. Im Interview erläutert Petzold seinen Zugang.

Christian Petzold im Gespräch mit Arnold Schnötzinger

Mit "Yella" hat der deutsche Regisseur Christian Petzold seine Gespenster-Trilogie nach "Die innere Sicherheit" und "Gespenster" abgeschlossen. "Man sagt, dass den Sterbenden ihr Leben wie ein Film vor den Augen vorbeiziehe. Auch Yella sieht einen Film", schreibt Christian Petzold in der Vorbemerkung des Drehbuchs zu seinem neuem Film, der schon zum Abschluss der Viennale07 bereits einmal in Österreich gezeigt wurde.

Aufbruch mit Hindernissen

Yella will weg von zu Hause, weg aus dem ostdeutschen Wittenberge in den Westen, um beruflich durchzustarten. Zurück bleiben ihr trauriger Vater (Christian Redl) und ihr jähzorniger Ex-Ehemann Ben (Hinnerk Schönemann). Der Osten steht für Vergangenheit, der Westen für den Fortschritt, auch wenn Regisseur Christian Petzold nicht von einem klassischen Ost-West-Deutschlanddrama sprechen will. Die Handlung könnte überall spielen.

Die Hauptfigur Yella, die nach Unabhängigkeit auf allen Ebenen strebt, wird von Nina Hoss gespielt. Für ihre Leistung wurde sie mit dem Silbernen Bären auf der vorjährigen Berlinale ausgezeichnet.

Primär geht es, wie so oft in Petzolds Filmen, um eine Person, die auf der Suche ist, und noch nicht am Ziel angekommen ist. Yella kann in ihrer alten Welt nicht mehr leben. Ein letztes Mal fährt sie widerstrebend aber doch mit ihrem Ex-Mann Ben im Auto, der sie vermeintlich zum Zug in den Westen chauffieren will. Beide hatten einmal eine gemeinsame Firma, die aber pleite ging, doch Ben stürzt das Auto an einer Brücke in die Elbe, Yella schafft es mit unglaublichem Einsatz ans Ufer.

Gelehrige Schülerin

Ihr Ziel ist Hannover, wo ein Job auf sie wartet. Dort angekommen, stellt sich der erwartete Job als Trugbild heraus. Yella lernt schließlich Philipp kennen, einen Private-Equity-Manager, der sie überraschend zu seiner Assistentin macht. Yella lernt schnell, sich in dieser Welt zu bewegen, doch wie alle Parvenüs, so Regisseur Petzold, beherrscht sie die Codes nur oberflächlich und erkennt ihren tödlichen Fehler nicht.

Doppelter Boden

Es wirkt jedoch alles wie nicht von dieser Welt, der Welt des modernen Kapitalismus, in die Yella aufbrechen will. Die Bilder ihres alten Lebens holen Yella immer wieder ein. Wie ein Gespenst ist sie dazu verdammt, nach der eigenen Erlösung zu streben. "Geh weg", wird ihr einmal entgegen geworfen, ein Ausdruck dafür, dass sie immer am falschen Ort ist.

Das Faszinierende an dem Film ist die Gleichzeitigkeit von Anwesendem und Abwesendem, gepaart mit einer großartigen schauspielerischen Leistung von Nina Hoss. Im Gespräch mit Arnold Schnötzinger, das Sie im Audio hören können, spricht Regisseur Christian Petzold über den Reiz, in die Welt des kultivierten Kapitals einzutauchen, über seine Zusammenarbeit mit dem Dokumentarfilmer Harun Farocki und über seine durchaus zufälligen Recherchen zum Thema "Kapitalismus", die zwischen Himmel und Erde, zwischen Science Fiction und beinhartem Business angesiedelt waren.

Hör-Tipp
Synchron, Freitag, 4. Jänner 2007, 21:45 Uhr

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Yella