Geheimen Machenschaften auf der Spur

Thomas Stipsits und die Mafia

Seit fünf Jahren hat die Stinatzer Mafia den Coup in Stegersbach genauestens geplant. Es ist endlich an der Zeit Rache zu nehmen, denn Stegersbach hat eine Therme! Was Thomas Stipsits aus diesem Problem macht, ist durchaus sehenswert.

It's showtime!

Man bezeichnet ihn gern als "Kabarett-Wunderkind", weil er mit seinen 24 Jahren bereits auf drei erfolgreiche Produktionen zurückblicken kann. Im Wiener Kabarett Niedermair feierte Thomas Stipsits vergangenen Mittwoch die Premiere seines vierten Solos "Cosa Nostra - unsere Sache", ein Comedy-Stück rund um Verrat, Vendetta und Omertà. Der Schauplatz ist allerdings nicht Sizilien, sondern das südliche Burgenland.

"Es geht um den größten Coup der Stinatzer Mafia im benachbarten Stegersbach. Die beiden Orte sind seit Jahren verfeindet, weil Stegersbach eine Therme hat und Stinatz nicht einmal ein Freibad", erklärt Stipsits.

Auftritt beim Stegersbacher Sommerfest

Das Ausgangsszenario von "Cosa Nostra" ist allerdings mehr als harmlos. Thomas Stipsits wartet in einem Hotelzimmer auf seinen großen Auftritt beim Stegersbacher Sommerfest und macht sich derweil tiefschürfende Gedanken. Etwa: "Ist ihnen auch schon aufgefallen, dass die Gleise immer zum Bahnhof führen? Praktisch, nicht?" Oder: "Wieso pflanzt in Griechenland niemand Tujen um sein Haus? Bei uns gibt's sogar die double penetration: Tujen und Zaun! Wer das macht, hat ja praktisch mit dem Leben schon abgeschlossen."

Mit dem Leben abgeschlossen – ein gutes Stichwort, um auf die titelgebende "Cosa Nostra" zurück zu kommen. Die Mafia sei zugleich schrecklich und glamourös, meint Stipsits im Interview und erinnert sich an die Hollywood-Filme, die ihn schon als Kind beeindruckt hätten. "In Wirklichkeit ist das natürlich ein beinhartes Geschäft, eine straffe Organisation, die viel Geld macht. Die Mafia erzielt in Italien mit Schutzgeld-Erpressungen mehr Jahresumsatz als der ganze Fiatkonzern."

Das Kontrastprogramm zur machtvoll-mysteriösen Mafia-Gesellschaft liefert der erfolglose Liedermacher Django Berisutti. Thomas Stipsits mimt hier einen hoffnungslosen Verlierertypen, der am Hauptplatz von Stegersbach Lieder trällert, die keiner hören will, etwa über den steigenden Benzinpreis.

Drei Handlungsstränge

Wenn man ein Kabarett-Programm "Cosa nostra" betitelt, plagt einen dann nicht die Angst, selber Zielscheibe - zum Beispiel für Schutzgelderpressungen - zu werden? "Welches Interesse hätte die Mafia am Kabarettbetrieb? Wobei die Kabarett-Szene ja auch gewisse Züge von einer Mafia-Organisation hat. Man begrüßt einander mit Bussi links und Bussi rechts. Und die Feinde oft noch herzlicher als die Freunde."

Die geheimen Machenschaften der Mafia bilden in Stipsits Stück nur den Hintergrund für drei parallel laufende Handlungsstränge, die erst ganz am Ende auf dramatische Weise zusammenlaufen. Da ist einmal der Künstler, der auf seinen Auftritt wartet, dann das allgemeine Dorfleben von Stegersbach und schließlich ein Reisebus, der unterwegs ist ins ungarische Schwefelbad Bük. Dem Reiseleiter dieser "Adventure Tour" ist kein Schmäh zu tief, er erweist sich als gnadenlos geschmacklose Stimmungskanone: "Ich hab meiner Freundin, meiner Prinzessin, ein Schloss gekauft. Leider ist es gestohlen worden, genau wie das Fahrrad." Wurde Thomas Stipsits nach seinem vorigen Programm "Griechenland" als "hinterfotziges Kleinkunstwunder" gefeiert, so schlägt er nun eindeutig den Weg Richtung Comedy ein.

One-Man-Show mit vielen Rollen

Bei der Arbeit am Programm, so Stipsits, gebe es eine Dreifaltigkeit. Er und sein Vater, ein sichtlich humorbegabter Spenglermeister, schreiben die Szenen, gehen mit ihren gesammelten Notizen zum Regisseur Andi Peichl und der gebe dann auch noch seinen Senf dazu. Weitere Würze, beziehungsweise Unterstützung kam diesmal von den Kollegen I Stangl, Pepi Hopf und Klaus Eckel.

Zahlreich sind auch die Personen, die Stipsits auf der Bühne verkörpert. Neben dem "Stipsits-Buam" und dem Liedermacher spielt er auch noch den Paten, die als Blumenhändler getarnten Mafia-Mitglieder, den Reiseführer, Kurgäste, den Bürgermeister und einige mehr. Erst im zweiten Teil springt er nicht mehr ganz so oft zwischen den einzelnen Rollen hin und her, und gönnt dem Publikum auch längere Passagen mit seinem Bühnen-Alter-Ego.

Ein Mann der Ehre

"Schlechte Manieren" philosophiert er, "sind ein Zeichen dafür, dass ein Mensch selbstständig denkt. Beigebracht werden dir ja nur die guten. Und ich bin auf viel selber drauf gekommen. Vor allem in der Pubertät. Wenn dich dann die Eltern endlich aufklären wollen, kommst du dir vor wie ein österreichischer Nationalspieler im Trainingslager: Du lernst einfach nichts mehr dazu."

Als der Entertainer endlich zu seinem Auftritt beim Sommerfest gerufen wird, kommt es zu einem folgenschweren Unfall mit dem "Adventure-Bus", der gerade am Hotel vorbei fährt. Welche Auswirkungen das auf den geplanten Mafia-Coup hat, wird hier natürlich nicht verraten. Das muss man sich schon selber anschauen. Und Thomas Stipsits erweist sich ganz als "uomo d'honore", als "Mann der Ehre" - und schweigt.

"Wenn man ein Betriebsgeheimnis der Mafia preisgibt, wenn man die Omertà bricht, wird man mit dem Tod bestraft. Die Rache kommt immer. Und das Schlimme ist ja, dass die Täter immer leise kommen, als Freunde. Wenn du überhaupt nicht damit rechnest, dann wirst du erschossen." Das Ende wird also nicht ausgeplaudert, nur die Moral von der Geschicht': Auch Verlierertypen wie Django Berisutti ziehen manchmal das große Los.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 17. Februar 2008, 22:05 Uhr

Links
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