Ö1 Dossier Arbeit
Und wovon leben Sie?
Steuern wir auf eine Gesellschaft zu, in der die Mehrheit den "Working Poor" zuzurechnen sein wird? "Arbeit" ist ein Thema mit vielen Facetten. Ö1 hat sich den unterschiedlichen Aspekten dieses Phänomens im Jahr 2008 schwerpunktmäßig gewidmet.
8. April 2017, 21:58
Jeder Arbeitsvertrag wird individuell ausgehandelt, es gibt keine Normverträge mehr. Man kann, je nach Familien- und Biografiesituation, mit verschiedenen transferierbaren Zeitkonten operieren, auf denen man Lebensarbeitszeit verschiebt, ansammelt, handelt und in Altersversorgung umwertet. Ein ‚Grundlohn‘, von dem man gerade die Miete bezahlen kann, wird durch vielfältige Erfolgsbeteiligungen ergänzt.
Man kann das, wie der Zukunftsforscher Matthias Horx (aus seinem Buch "Wie wir leben werden" stammt auch das Zitat), positiv sehen. Schließlich ist Matthias Horx eine etablierte Marke der Kreativökonomie.
Immer weniger Sicherheiten
Menschen, die eine Familie gründen wollen, werden der Vision eines "Grundlohns mit Erfolgsbeteiligung" wenig abgewinnen können. Wer langfristig sein Leben plant, ist auf der Suche nach Sicherheiten. Doch gerade diese bietet der Arbeitsmarkt immer seltener. Vollbeschäftigung werde es nicht mehr geben, auch Vollzeitbeschäftigung wird ein rares Gut. Denn die Kreativökonomie, die die Industriegesellschaft ablöst, verlangt einen flexiblen Menschen, der in Projekten denkt und arbeitet.
Steuern wir auf eine Gesellschaft zu, in der 80 Prozent den "Working Poor" zuzurechnen sein werden, in der Menschen auch mit zwei bis drei Jobs von Armut bedroht sind? Oder werden doch die Trendforscher Recht behalten, die in rosigen Farben eine selbstbestimmte schöne neue Arbeitswelt ausmalen?
"Arbeit" ist ein Thema mit derart vielen Facetten, dass es in einer Sendung allein nicht befriedigend behandelt werden kann. Und so bringen wir in der letzten April- und der ersten Maiwoche in Ö1 schwerpunktartig Sendungen, die sich unter verschiedenen Blickwinkeln dem Phänomen "Arbeit" widmen.
Die Sendungen im Überblick
Im Rahmen des ersten Ö1 Dossiers zum Thema "Arbeit" blicken wir etwa zurück auf ein Schlagwort der 1990er Jahre, die Telearbeit, und stellen in "matrix" die Frage, wie "tele" die Arbeit heute ist. Um "Arbeitswut" geht es in einem Buch der Schweizer Wirtschaftsjournalisten Philipp Löpfe und Werner Vontobel, das wir Ihnen in "Kontext" vorstellen. Kathrin Röggla konfrontiert im "Hörspiel-Studio" in ihrem Stück "Draußen tobt die Dunkelziffer" Arbeitslose und Ausgesteuerte mit Berater/innen und Sozialhelfer/innen.
Der Stellenwert von Arbeit für die Integration von Migrant/innen ist eines der Themen im Salzburger Nachtstudio. Wie aus dem Auswanderungsland Türkei allmählich ein Einwanderungsland wird, darüber berichten die "Dimensionen". In "Betrifft: Geschichte" blickt der Historiker Josef Ehmer zurück auf die Industrielle Revolution und die Anfänge des Produktionsmittels Arbeitskraft. Warum auch heute noch manche Kinder arbeiten müssen, ist Thema der Ö1 Kinderuni und ob Arbeit krank macht, beantwortet im Salzburger Nachtstudio unter anderem der Soziologe Anthony Giddens.