Die Hafenstadt Sewastopol
Die Krim
Die Halbinsel Krim, die auf Betreiben von Nikita Chruschtschow 1954 der Ukraine zugeschlagen wurde, wird von über 100 Nationalitäten bewohnt - darunter Tataren, Armenier, Koreaner, Usbeken. Bereits zu Zarenzeit war sie ein beliebtes Urlaubsziel.
8. April 2017, 21:58
Der Hafen von Sewastopol, bereits in der Zarenzeit ein wichtiger Flottenstützpunkt auf der Halbinsel Krim, beherbergt auch nach dem Zerfall der Sowjetunion die zwischen Rußland und der Ukraine aufgeteilte Schwarzmeerflotte.
Die natürlichen Gegebenheiten sind wie geschaffen für einen Hafen: Insgesamt 40 Buchten, die bis zu 50 Meter tief sind, verzweigen sich bis zu neun Kilometer ins Landesinnere. Sogar U-Boote können im Tauchgang in den Hafen einfahren. Von den 50 U-Booten, die die sowjetische Schwarzmeerflotte umfasste, sind jedoch nur sechs übrig geblieben: ein ukrainisches und fünf russische.
Junge Stadt
Sewastopol wurde erst 1783 auf Betreiben der Zarin Katharina der Großen gegründet. Allerdings hatten die Griechen an dieser Stelle bereits vor zweieinhalbtausend Jahren eine Stadt mit dem Namen Chersones gegründet. Der von Katharina ausgewählte Name ist ebenfalls griechischen Ursprungs: "Sewastopol" bedeutet "Stadt des Ruhmes".
Ruhmreiche, aber vergebliche Verteidigung
Sowohl im Krimkrieg 1854/55 als auch im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt von den Angreifern schließlich erobert und bei den Kampfhandlungen völlig zerstört. Als der Autor Mark Twain 1865, also zehn Jahre nach Kriegsende, Sewastopol besuchte, bemerkte er: "Ich welche Richtung man auch blickt, die Augen treffen auf nichts anderes als Ruinen, Ruinen, Ruinen".
Als Winston Churchill nach der Konferenz von Jalta im Februar 1945 die im Jahr zuvor zurückeroberte Stadt besuchte, meinte er, der Wiederaufbau werde 50 Jahre dauern. Stalin ließ die Stadt in nur fünf Jahren wieder aufbauen, in einem neoklassizistischen Prunkstil aus weißem Kalkstein.
"Heldenstadt"
Sewastopol wurde als wichtiger Flottenstützpunkt bei der Zuteilung von Gütern bevorzugt und erhielt die Auszeichnung "Heldenstadt". Sie blieb aber bis in die 1990er Jahre Sperrgebiet, nur wer sie in seinem Ausweis als Wohnort stehen hatte, durfte hinein.
Seltsame Geschichten
Manche der Schiffe im Hafen haben eine lange Geschichte. Die "Angara" zum Beispiel war ursprünglich ein deutsches Schiff. Während der deutschen Besatzung sei Admiral Dönitz mit diesem Schiff gekommen, erfährt man bei der Hafenrundfahrt. Das Schiff habe über eine spezielle Kabine verfügt, die extra für Hermann Göring eingebaut worden sei, mit Scharnieren, die die Kabine auch bei hohem Seegang immer waagrecht hielten, weil Göring leicht seekrank wurde.
Ein anderes Schiff mit Namen "Neues Rußland" fiel zehn Jahre nach Kriegsende einer Explosion zum Opfer. Es war ursprünglich eine italienisches Schiff namens "Julius Caesar" gewesen, das als Reparation von den Sowjets beschlagnahmt worden war. Noch heute kursieren Gerüchte, dass es aus Rache von italienischen Faschisten gesprengt worden sei.
Dabei hatte die Sowjetmarine Delfine ausgebildet und bewaffnet. Auf dem schnabelförmigen Maul war eine Giftspritze montiert, mit der die Delfine feindliche Taucher attackieren sollten. Andere Tiere waren mit einer Magnetmine auf dem Rücken versehen worden, die sie an ein feindliches Schiff heften sollten. Bis 1994 hat es dafür eigens trainierte Delfine gegeben.
Flottenteilung
Nach der Teilung der Schwarzmeerflotte bekam Rußland einen Pachtvertrag bis zum Jahr 2019. Derzeit umfasst die ukrainische Flotte 18 große Schiffe und die russische 23.
Bei einer Hafenrundfahrt nähert man sich nur den russischen Schiffen, die ukrainischen liegen weiter hinten in einer Bucht und sind nur aus der Ferne zu sehen.
Zivile Nutzung
Heute wird der Hafen von Sewastopol vermehrt auch zivil genutzt. Sogar Kreuzfahrtschiffe legen an. Frachtschiffe, Öltanker und Kühlschiffe aus aller Welt sind ebenfalls zu sehen. Und nicht wenige Einheimische nützen das Hafenbecken, um sich einen Fisch zu fangen.
Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 20. April 2008, 10:06 Uhr
Buch-Tipps
Dagmar Köck, "Die Krim entdecken", Trescher-Reihe Reisen
Sarah Johnstone, "Ukraine", Lonely Planet Verlag
Andrew Evans, "Ukraine", Bradt Verlag
Leo Tolstoj, "Die Kosaken", Diogenes Verlag