Vorübergehend getrennte Wege
Geschwister Pfister auf Solopfaden
Als Ensemble sind sie aus der deutschen Kleinkunstszene nicht mehr wegzudenken: die Geschwister Pfister. Regelmäßig touren sie mit neuen Programmen durch den deutschen Sprachraum. Zwischendurch gehen die Geschwister aber auch eigene Wege.
8. April 2017, 21:58
Was macht ein gutes Musical aus?
Als Ensemble sind die Geschwister Pfister aus der deutschen Kleinkunstszene nicht mehr wegzudenken: In regelmäßigen Abständen von zirka drei Jahren touren die drei mit einem neuen Programm durch den deutschsprachigen Raum. Das letzte, "Home Sweet Home", war bis Ende 2007 zu sehen. Dazwischen gehen die Geschwister Andreja Schneider, Tobias Bonn und Christoph Marti aber auch eigene Wege.
Neben dem Randy-Newman-Abend ist Ursli Pfister zur Zeit auch in dem Musical "Ein Käfig voller Narren" am Staatstheater am Gärtnerplatz in München zu sehen, Tobias Bonn alias Toni Pfister, hat im Februar im Deutschen Theater in Göttingen das Musical "Sisters of Swing" inszeniert, das das Leben der Andrews Sisters zum Inhalt hat und war im Dezember gemeinsam mit Andreja Schneider bei einem Ralph-Benatzky-Abend zu Gast, den Christoph Wagner-Trenkwitz für die Wiener Volksoper organisiert hat.
Dramaqueen Ursli
Christoph Marti, also Ursli Pfister, war zwar auch eingeladen, er hat in der damaligen Inszenierung den "schönen Sigismund" gegeben, konnte diese aber nicht wahrnehmen, weil er seit Mitte Dezember 2007 am Gärtnerplatztheater in München die Zsazsa im Musical "Ein Käfig voller Narren" spielt. Dabei entführt der Regisseur Helmut Baumann den Zuseher in einen Nachtclub, in dem es nur so schillert. Travestiekünstler in unglaublichen Glitzerkostümen tanzen über die Bühne, und dazwischen spielt sich das ganze Drama von Albin und Georges ab, ausgelöst durch Georges' Sohn Jean-Michel, der unbedingt die Tochter eines erzkonservativen Politikers heiraten möchte. Was nicht ganz einfach ist, wenn man zwei schwule Väter hat, die einen Travestienachtclub besitzen und von denen einer auch noch eine Dramaqueen ist.
"Das Stück", sagt Christoph Marti, "ist Anfang der 1960er Jahre entstanden, in einer Zeit, in der Homosexualität noch ein großes Tabuthema war, und - auch in Österreich - Sex zwischen zwei Männern noch mit einer Gefängnisstrafe geahndet werden konnte. Aber auch im Jahr 2008 hat", so Marti weiter, "'La Cage aux Folles' nichts an Aktualiät verloren, es ist und bleibt ein großartiges Plädoyer für Toleranz und ein Stück, das zeigt, dass die Travestie wirklich die Königsdisziplin unter den darstellenden Künsten ist."
Abonniert auf Frauenrollen
Christoph Marti spielte schon viele Frauenrollen in seiner Schauspielkarriere. Ob es die "böse Stiefmutter" in "The Voice of Snowwhite" war - eine Geschwister-Pfister-Adaption des Märchens "Schneewittchen" - oder ob es die Uschi Stahl in Georg Ringsgwandls Stück "Prominentenball" war, in dem ihm eine herrlich groteske, fast tragikomische Uschi-Glas-Travestie gelang, ob als Ursula West, als naive, erfolgreiche Countrysängerin, die von einer privaten Niederlage in die nächste schlitterte, oder eben jetzt als Zsazsa in "La Cage aux folles", keiner kann ihm auf diesem Gebiet das Wasser reichen.
"Das prägende Erlebnis war eine Theateraufführung in der Schulaula in Bern", erzählt der Darsteller, damals war er zwölf. "'Faust' wurde gegeben und ich unterhielt mich danach mit der Hauptdarstellerin, die um zwei Jahre älter war als ich. Sie erzählte mir von ihren Plänen, Schauspielerin zu werden, und da habe ich gedacht: Ich möchte auch Schauspielerin werden."
Auf der anderen Seite der Bühne
Während also Ursli als Schauspielerin in "La Cage aux folles" zu sehen ist, hat Toni, also Tobias Bonn, im Deutschen Theater in Göttingen ein Stück über die Geschichte der Andrews Sisters inszeniert. Titel: "Sisters of Swing". Die Andrews Sisters waren die erfolgreichste weibliche Vokalgruppe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dieses Frauentrio hatte allein in den Jahren zwischen 1938 und 1951 über 100 Charterfolge. Statistisch gesehen wären das durchschnittlich acht Hits pro Jahr. Die drei Schwestern Laverne, Maxene und Patty wurden von einem ehrgeizigen Vater zu einer Karriere im Musikbusiness getrieben. Ihre Lieder sind in Amerika mittlerweile so etwas wie Volkslieder. Nach ihren ersten Erfolgen erlebten die Schwestern ein ähnliches Schicksal, wie wir es von den Kessler-Zwillingen kennen, sagt Tobias Bonn, "sie waren ein Leben lang aneinander gekettet, auch wenn die eine oder andere immer wieder einmal versucht hatte, aus der Formation auszubrechen. Keiner der drei Schwestern ist je eine Solokarriere geglückt."
Mit Amerika hat auch das aktuelle Soloprogramm zu tun, mit dem Christoph Marti zurzeit im Admiralspalast in Berlin zu sehen ist. "American Dreams" heißt es. Dabei will er mit Hilfe von Liedtexten, die Randy Newman geschrieben hat - sehr ironische und scharfzüngige Liedtexte -, Einblicke in das Leben in den USA geben. Verbunden werden die Songs durch Moderationen, die von seinen Erfahrungen mit Amerika erzählen, zum Beispiel wie er als schwuler Austauschschüler 1981 in eine texanische Kleinstadt kam, dort zusammengeschlagen wurde und sich sein Austauschvater in ihn verliebt hat.
Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 4. Mai 2008, 22:05 Uhr
Links
Die Geschwister Pfister
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