The King, the Queen and the Prince

Zwischen Dancefloor und Kulturgeschichte

Michael Jackson, vormals genannt King of Pop, Madonna, die Queen of Pop, und Prince feiern 2008 ihren 50er. Grund genug für eine Nachtausgabe der Spielräume. Zu Wort kommen unter anderem Diedrich Diederichsen, Patrick Pulsinger und electric indigo.

Was waren das für Jahre, als im Jahresabstand zuerst "Thriller" samt "Billie Jean" und "Beat It", dann "Holiday" und "Like a Virgin" und schließlich "Purple Rain" erschienen. Es waren die Jahre 1982 bis 1984, und am Werk waren Künstlerinnen und Künstler, denen in Folge die Ehrentitel König und Königin verliehen wurden, nur der Prinz hieß wirklich so: "The King Of Pop" Michael Jackson, "The Queen Of Pop" Madonna und Prince Rogers Nelson. Alle drei feiern 2008 ihren 50. Geburtstag.

Aber Nostalgiejubel über diese Jahre ist immer noch seltsam selten, weil lange Zeit ging ja die gängige Pop/Rock-Historiographie anders: Als in den späten 1960ern die Beatles, die Stones und Bob Dylan auch in den Hitparaden die vorderen Plätze belegten, da schienen Wille und Vorstellung dieser Welt noch eins. Selbst die 1970er mit Kunst-Rock einerseits und dann Punk andererseits schienen noch Authentizität als Wert hochzuhalten, aber damit war es nach ABBA und Disco dann endgültig vorbei, und die Mainstream-80er galten dann als Kommerz und nicht als Kunst.

Neue Kriterien für Poptheorie

Aber seit sich die Pop-Theorie - ebenfalls im Laufe der 1980er Jahre - mithilfe des Poststrukturalismus statt kritischer Theorie neu erfand, hat man auch für das Nachfühlen und Vordenken von Pop neue Kriterien.

Noch immer lässt sich natürlich über die Fusion musikalischer Stile reden - R&B mit Rock, Disco mit Soul und vieles andere mehr -, aber vor allem wurde nun klar, dass Pop nicht nur wie von jeher ein Zeichenspiel ist, sondern auch hauptsächlich als solches gespielt, also auch verloren und gewonnen werden kann.

Sex und Gender

Statt R&B und Disco heißen die Stichworte nun Sex und Gender; oder Macht und Autonomie; oder Identität und Rollenspiel. Prince ficht den Kampf gegen die Großindustrie: Nachdem er als 19-Jähriger ohnedies einen bis dahin noch nicht gesehenen, künstlerische Autonomie gewährenden Vertrag mit einem Major-Label geschlossen hatte, geht es sich 1992 dann nicht mehr aus, und der Künstler, den man früher als Prince kannte, malt sich "Slave" auf den Körper.

Später veröffentlicht er dann selbst und über sein eigenes Internetportal und spielt 2008 demonstrativ beim Independent-Festival Coachella. Madonna lässt im Laufe der Jahrzehnte keinen Stein auf dem anderen im Spiel um weibliche Selbstverständnisse zwischen Sängerin/Tänzerin und Produzentin, Domina und Mutter, Provokateurin und Strategin.

Jackson als tragischer Held

Die Rolle des tragischen Helden spielt wohl Michael Jackson. Nach Jahren als Kinderstar und Superkünstler, der gemeinsam mit Quincy Jones den Pop neu erfand, verliert er irgendwann den Boden unter den Füßen und scheint sich zwischen megalomanischen Produktionen und seltsamsten Auftritten in eher unfreiwilligem Rollenspiel veränderter Identität zu verlieren.

Aber selbstverständlich ging und geht es nach wie vor um die Musik: Großartige Songs und Alben entstanden seit den erwähnten Meilensteinen wie "Billie Jean" oder "Purple Rain". Im März 1987 liefert Prince das Doppelalbum "Sign 'O' The Times" ab und Michael Jackson kontert im selben Jahr mit "Bad". Madonna hatte begonnen, sich als "Material Girl" in regelmäßigen Abständen zu häuten und war inzwischen zum multiplen Sexsymbol rund um ausgerechnet "Like a Prayer" geworden, prägte ikonenhaftes Bild um Bild wie den berühmten goldenen kegelförmigen Gaultier-BH bis hin zur musikalisch reduzierten, grandiosen Nummer "Justify My Love".

Illustre Gästerunde

Schon 1993 erschien das Buch "Das Madonna Phänomen", herausgegeben vom Pop-Vordenker Diedrich Diederichsen, und Diederichsen wird sich für diese "Spielräume - Nachtausgabe" einige Thesen zum Pop der vergangenen Jahrzehnte ausdenken, die wir dann mit illustrer Gästerunde und viel Musik genießen und überdenken wollen.

Hör-Tipp
Spielräume - Nachtausgabe, Freitag, 4. Juli 2008, 22:15 Uhr

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Buch-Tipp
Diedrich Diederichsen, "Das Madonna Phänomen", Klein

Links
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