Allgegenwärtig und doch im Hintergrund

Blut, Schweiß und Tränen

Neben den physiologischen Bedeutungen von Blut, Schweiß und Tränen sind diese Körpersäfte auch mit kulturellen Interpretationen aufgeladen. Blut, Schweiß und Tränen liefern Bilder für Trauer, Mühe und Angst, Schmerz und Lust.

Ohne Blut würden die Zellen des Körpers nicht mit Sauerstoff versorgt werden. Innerhalb kürzester Zeit würde das den Tod bedeuten. Der Schweiß hält die Muskeln in optimaler Arbeitstemperatur. Würden wir nicht schwitzen, so wäre ein Leben nur in ganz wenigen Regionen der Welt möglich. Und schließlich die Tränen: Ohne die Tränenflüssigkeit könnte das Augenlid nicht über den Augapfel gleiten. Erblindung wäre die Folge.

In der medialen Öffentlichkeit sind Blut, Schweiß und Tränen allgegenwärtig, von der Berichterstattung aus Kriegs- und Katastrophengebieten über Gefühls- und Actionfilme bis hin zur Werbung, doch im realen Leben sollen sie möglichst wenig in Erscheinung treten. Hier ist der heile, saubere und schmerzfreie Körper das Ideal.

Blut

Blut galt in der Kunstgeschichte als Symbol für Leiden und Schmerz. Blut ist über Jahrhunderte in der Kunst in Strömen geflossen. Neben dem Kreuz gehört Blut zu den zentralen Symbolen des christlichen Glaubens. Der Betrachter von Bildern sollte zum Mitleiden angeregt werden. Blut sozusagen als Maß für den Tragikgehalt einer Szene. Dieses Muster wird auch in den heutigen Videospielen angewendet.

Zumeist jedoch wird Blut aber versteckt in unserer Gesellschaft. Etwa wenn es um nach wie vor tabuisierte Themen wie etwa die Menstruation geht. Die Werbung für Hygieneartikel für die Monatsblutung kommt ganz ohne Blut aus.

Blut jedenfalls ist ein großer Träger von Emotionalität. In Kombination mit Schweiß und Tränen können da schon die Emotionen der Massen angesprochen werden. So geschehen in einer berühmt gewordenen Ansprache von Winston Churchill im Jahr 1940. Ich kann euch nichts bieten außer Blut Schweiß und Tränen, hat er sich angesichts der Entbehrungen im 2. Weltkrieg an die britische Bevölkerung gewandt.

Schweiß

Die einfache Erklärung des Kunsthistorikers dafür, dass es sehr wenige Bilder gibt, auf denen Schweiß zu sehen ist. Und das, obwohl Schweiß allgegenwärtig ist. Der Mensch verfügt über mehr als drei Millionen Schweißdrüsen, deren Absonderungen die Körpertemperatur regulieren. Bis zu drei Liter Schweiß sondert der Körper pro Tag ab.

Schweiß ist gesellschaftlich grundsätzlich negativ bewertet. Doch gibt es auch die Ausnahmen. Diese sind sportliche Betätigung, Schwitzkuren und Sexualität.

Tränen

Tränen sind die Waschanlage für die Seele, nicht geweinte Tränen machen uns krank, haben kürzlich britische Wissenschaftler festgestellt. Tränen gelten als ultimatives Maß von Emotionalität, von Trauer und Freude.

Es hat im Mittelalter eine regelrechte Kunst des Weinens gegeben, die man erlernen konnte. Weinen wurde als notwendige Voraussetzung gesehen, den Glauben und die Religiosität in der ganzen Tiefe erleben zu können. Weinen hatte den Charakter des Mitleidens, aber auch der Freude und der Erregung.

In der bürgerlichen Kultur ab dem 18. Jahrhundert ist das Weinen immer mehr aus der Öffentlichkeit verdrängt worden. Die Tränen wurden zum Ausdruck des Schmerzes und des Leidens. In Goethes Werther soll der Protagonist über 80 Mal geweint haben. Die grundsätzliche Forderung war nach der Natürlichkeit, nach der Authentizität.

Die vielleicht berühmtesten Tränen der Filmgeschichte, die Abschiedstränen von Ingrid Bergmann im Film Casablanca, haben wohl Millionen Menschen mitweinen lassen. Die Massenmedien kommen ohne Tränen nicht aus. Auch im aktuellen amerikanischen Wahlkampf haben Tränen eine Rolle gespielt, als Hillary Clinton bei einer Wahlkampfveranstaltung in Tränen ausbrach. Was ihr bei der US-Bevölkerung hohe Sympathiewerte einbrachte.

Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 12. August 2008, 19:05 Uhr

Buch-Tipps
Christina von Braun und Christoph Wulf (Hg.), "Mythen bes Blutes", Frankfurt am Main 2007

Piero Camporesi, "Das Blut", Wien 2004

Richard Sennett, "Fleisch und Stein. Der Körper und die Stadt in der westlichen Zivilisation", Berlin 1996

Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung, "Blut, Schweiß und Tränen. Botschaften des Körpers“, Steirischen Volkskundemuseum in Graz, bis 26. Oktober 2008

Link
Steirisches Volkskundemuseum Graz