Harte Drogen und die Folgen
Drugs and Rock'n'Roll
Ende der 1960er Jahre gab es kaum noch eine namhafte Rockband, die nicht Drogenerfahrungen vorweisen konnte. Die Beatles waren da keine Ausnahme. John Lennon griff wie viele andere zu Heroin. Der Entzug war für ihn fast so mörderisch wie die Droge selbst.
8. April 2017, 21:58
John Lennon: Mit den Beatles high, alleine auf Entzug
Sommer 1960. Irgendwo in Mexiko. In der Nähe von Acapulco. Eine Gruppe von Wissenschaftlern rund um den Anthropologen Gerhard Baum und den Psychologen Timothy Leary beschließt, die Wirkung der sagenumwobene magischen Pilze der Azteken an sich selbst zu testen.
Eine überwältigende Erfahrung, ganz besonders für Timothy Leary, eine Erfahrung, die sein ganzes späteres Sein verändern sollte. Und nicht nur seines.
Neue, ungewöhnliche Klänge
Viele Rockmusiker folgen Timothy Learys Beispiel. Zu einigen wie zum Beispiel den Rolling Stones hatte er persönlichen Kontakt. Andere machten ihre Drogenerfahrungen, ohne je den Namen Timothy Leary gehört zu haben. Jedenfalls gab es Ende der 1960er Jahre kaum noch eine namhafte Rockband, die nicht zumindest ansatzweise Drogenerfahrungen vorweisen konnte.
Tatsache ist, dass gerade bewusstseinserweiternde Drogen wie zum Beispiel LSD direkten Einfluss auf die Ausweitung des musikalischen Spektrums der Pomusik hatten. Immer mehr Bands öffneten sich für neuartige, ungewöhnliche Klänge, ehemals einfach gehaltene musikalische Strukturen wurden aufgelöst und durch experimentellen Songaufbau ersetzt. Der Psychedelic Rock war geboren.
Zum ersten Mal in einem Song verwendet wurde der Begriff "psychedelic" im Jahr 1964 im "Hesitation Blues" von den Holy Modal Rounders, die später durch ihre Songspende für den "Easy Rider"-Soundtrack einem breiteren Publikum bekannt geworden sind. Ebenfalls am "Easy Rider"-Soundtrack vertreten: The Fraternety of Man mit ihrem Kultklassiker "Don't Bogart That Joint, My Friend".
L, S und D
Und da war noch dieser eine Beatles-Song, dem allseits unterstellt wurde, dass er die Wirkung von LSD beschrieb und verherrlichte, hauptsächlich wohl auch deshalb, weil die Anfangsbuchstaben der drei Hauptwörter im Songtitel L, S und D waren. Die BBC sah sich damals außerstande, den Song zu spielen. John Lennon, von dem bekannt war, dass er ganz gern mal den einen oder anderen LSD-Trip einwarf, lüftete später die wahre Identität des Mädchens mit den Kaleidoskop-Augen. Gemeint war - Überraschung! - Yoko Ono.
Offiziell war "Lucy In The Sky With Diamonds" natürlich kein Drogensong, aber wir wissen, dass die Beatles selber von vornherein ganz genau Bescheid darüber wussten, dass diese LSD-Interpretationen nicht ausbleiben würden. Man kann davon ausgehen, dass die Beatles es ganz gezielt darauf angelegt haben. Es war die Zeit der farbenfrohen "Seargent Pepper"-Comic-Charaktere auf großer, neugierig fröhlicher "Magical Mystery Tour" quer durch eine scheinbar selbstverständliche Unverwundbarkeit.
Zerstörerische Substanzen
Hinter dem vordergründigen Experimentieren und Herumprobieren lauerte aber bereits das unausweichliche Sich-selbst-verlieren, zum Beispiel an eine Droge, an der später einige der größten Musiker aller Zeiten zugrunde gehen sollten: Jimi Hendrix, Jim Morrison, Brian Jones, Janis Joplin... Bei allen war Heroin zumindest mitschuld am vorzeitigen Ableben.
Und auch John Lennon konnte den dunklen Verlockungen des intravenösen Giftes nicht widerstehen. Mehrere Jahre kämpft er vergeblich gegen die zerstörerische Substanz, aber oft genug nur noch gegen sich selber. Und immer wieder gegen die Leere, die sich nach jedem neuen Reinkippen immer weiter auftat und ihn zu verschlingen drohte.
Kalter Entzug
Mit seinem Freund Harry Nilsson und einem Jahresvorrat an Alkohol und injizierbaren Runterholern versuchte er gleich mehrere Wochen lang, bis ans Limit zu gehen. Ebenso spannend wie deprimierend beschrieb John Coleman in der John-Lennon-Biografie das - abgesehen von seinem tragischen Tod - vielleicht traurigste Kapitel in der Geschichte des John Lennon.
1969, während eines kalten Entzugs, schrieb John Lennon einen seiner eindringlichsten Songs - genau darüber, über die Leiden, die Schmerzen, die Qualen des Entzugs.
Die Temperatur steigt
das Fieber ist hoch
kann keine Zukunft mehr sehen
und keinen Himmel mehr.
Die Füße wie Blei
mein Kopf ebenso schwer
ich wünschte, ich wäre ein Baby
oder gleich tot.
Cold turkey has got me on the run.
Hör-Tipp
Zeitmaschine, Freitag, 22. August 2008, 22:15 Uhr
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