Gerade noch davongekommen
Schüchterner Neil Young
1967 war es, dass es einen schüchternen Exilkanadier mit nasaler Singstimme nach Kalifornien verschlug. Wenn auch alles andere als drogenfrei, so ist Neil Young doch der Abstieg in die Heroin-Abhängigkeit erspart geblieben.
8. April 2017, 21:58
Neil Young, "The Needle and The Damage Done"
Heroin verhielt sich zu Marihuana wie Altamont zu Woodstock. Die Leichtigkeit und der Spaß an der Freude hatten längst der Brutalität und der Selbstzerstörung Platz gemacht. Das hatte auch der Kanadier Neil Young recht schnell feststellen müssen. Er traf 1967 in Kalifornien den Gitarristen und Sänger Stephen Stills und gründete mit ihm Buffalo Springfield - in einem Umfeld, das der SZ-Journalist Willi Winkler in seiner Neil-Young-Kurzbiografie folgendermaßen beschrieb:
An der Westküste trug 1967 schon niemand mehr Blumen im Haar, dafür wurde alles geraucht und geschluckt, was nur reinpasste. Die Doors drohten mit ungeheuerlichen Einsichten ins eigene Ich, Janis Joplin trank sich auf der Bühne ihre mächtige Stimme an, Jefferson Airplane wünschte jedem einen zum Liebhaben, die notwendigen Pillen und ein weißes Kaninchen dazu, die Grateful Dead waren kaum zu sehen, weil sie hinter weihrauchdickem Marihuananebel auftraten, die Beach Boys führten ein gastfreies Haus, in dem jeder barfüßige Junkie willkommen war, solange er eine Wandergitarre umgehängt trug.
Irgendwo dazwischen der fast schüchterne Exilkanadier, so schüchtern, dass andere in der Band seine Songs singen mussten, gleichzeitig einer, der gerne mit Charles Manson abhing und diesen auch noch für einen talentierten Musiker hielt.
Zoff mit Stephen Stills
Buffalo Springfield lösten sich schneller auf, als man ihren Namen buchstabieren konnte, Neil Young setzte zwischenzeitlich auf seine neue Band Crazy Horse und war alsbald auch als Solist auf der Erfolgsspur. Dann stieß er für zwei Alben zu Crosby, Stills & Nash. Willi Winkler über dieses eher ambivalente Kapitel in der Neil-Young-Biografie:
Er störte den Schöngesang der Gruppe. Außerdem kam es auf offener Bühne zu heftigen Prügeleien mit dem weit besseren Gitarristen Stephen Stills um die Soli. Wenn sich Young trotz seiner schneidenden Nasalierung doch nicht durchsetzen konnte, verließ er die Bühne lieber gleich.
In Woodstock erlaubte er nicht einmal, dass man ihn an der Gitarre filmte. Etliche Jahre später, als Bob Dylans Begleitband The Band in San Francisco ihr Abschiedskonzert gab, torkelte auch Neil Young auf die Bühne, nuschelte und sang irgendwas und bereute sofort, dass er dabei gefilmt worden war. "The Last Waltz" konnte erst ins Kino kommen, nachdem der Regisseur Martin Scorsese die Kokainflocken vom Film geätzt hatte, die dem Sänger deutlich sichtbar an der Nase hingen.
Trauer um den Freund
Immerhin ist ihm der Abstieg in die Heroinabhängigkeit erspart geblieben, die dafür seinen Freund und Crazy-Horse-Gitarristen Danny Whitten in den Tod getrieben hat. Ihm hat Neil Young den Song "The Needle And The Damage Done" gewidmet. Da heißt es:
Ich hab dich an meiner Kellertür klopfen hören
Ich liebe dich Baby, kann ich mehr davon haben
Ich habe gesehen, wie die Nadel mir wieder einen Mann weggeräumt hat
Ich habe gesehen, welchen Schaden die Nadel anrichtet
Ein bisschen was davon ist in uns allen
Jeder Junkie ist wie eine untergehende Sonne
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Neil Young