Ein Glückstag für Haydn
Vizekapellmeister bei Esterházy
Am 1. Mai 1761 unterzeichnen Haydn und ein Vertreter der Familie Esterházy einen Vertrag, wonach Joseph Vize-Kapellmeister sein wird. Es ist ein Glückstag, denn seine Arbeitgeber sind Freunde der Musik und unterstützen ihn in seinen Vorhaben.
8. April 2017, 21:58
Haydn örtlich - Teil 21
Er darf als ein Glückstag der Musikgeschichte angesehen werden, jener 1. Mai 1761, als die Vertragspartner mit ihrer Unterschrift ein Dokument rechtsgültig machen, dessen Text folgendermaßen beginnt:
"1mo.: Das weilen zu Eysenstat ein Capel-Meister nahmens Gregorius Werner schon lange Jahre hindurch dem Hochfürstlichen Hause
treu- emsige Dienste geleistet, nunmehr aber, seines hohen Alters, und daraus öfters entstehender Unpäslichkeit halber, seine
Dienst-schuldigkeit nach zukommen, nicht allerdings im stande ist, so wird er, Gregorius Werner, dannoch in Ansehung seiner
Lang-jährigen Diensten ferners, als Ober-Capel-Meister verbleiben, er Joseph Haydn hingegen als Vice-Capel-Meister in Eysenstadt in der Chor-Musique ihme Gregorio Werner, quà Ober-Capel-Meistern, subordinirt seyn, und von Ihme Dependieren, In allanderen Begebenheyten aber, wo eine Musique immer gemacht werden solle, wird alles, was zur Musique gehörig ist, in Genere und Specie an ihne Vice-Capel-Meister angewiesen."
Ein langer Vertrag
14 Paragraphen umfasst dieser Vertrag, von welchem "zwey gleich-Lauthende Exemplaria gefertigt, und ausgewechselt werden." Von der Seite des Arbeitgebers unterzeichnet auf erhabensten Befehl "Johann Stiftel, Secretair", der neue Vizekapellmeister setzt sein "Joseph Haydn, manu propria" darunter.
Der Vertrag regelt Vieles, vom Musikalischen bis hin zum Verhalten und zum Status des Neuaufgenommenen innerhalb der Hofhaltung. Er bekleidet den Rang eines Hausoffiziers. 400 Gulden erhält er jährlich, sie werden ihm quartalsweise ausgezahlt. Naturalien sind ebenfalls Teil seiner Besoldung. Die Sängerinnen hat er zu instruieren. Die Mitglieder des Orchesters soll er nicht nur musikalisch leiten, sondern auch auf deren Moral achten und allfällige Streitigkeiten zwischen ihnen schlichten. Er hat zu komponieren, wonach seinem Dienstgeber gerade der Sinn steht. Und "Vto.: wird er Joseph Haydn all-täglich - es seye demnach hier zu Wienn, oder auf denen Herrschaften - vor- und nach-Mittag in der Anti-chambre erscheinen, und sich melden lassen, allda die Hochfürstlich Ordre, ob eine Musique seyn solle?"
Ein Kenner und Liebhaber der Musik
Der Text des Dokumentes zeigt es deutlich: Der Dienstgeber kennt sich in der Musikorganisation aus. Und wie denn auch nicht. Er gebietet - und das im wahrsten Sinne des Wortes - über eine traditionsreiche Hofmusikkapelle, die sein Vorfahre Paulus in Nacheiferung seines kaiserlich habsburgischen Herrn und Freundes Leopold I. um 1690 begründet hat.
Und er ist ein wirklicher Freund der Musik, ein Kenner und Liebhaber, dem die Tonkunst neben ihrer repräsentativen Funktion auch ein inneres Bedürfnis ist: Fürst Paul Anton Esterházy. Im Krieg und als Diplomat hat er den Habsburgern treu gedient, gehört zur obersten Gesellschaft in den Ländern des Hauses Österreich.
Ein Vater für das Orchester
Sein Orchester ist zumindest um eine Flöte größer als das des böhmischen Kleinadeligen Morzin. Haydn hat seiner Funktion als Vizekapellmeister vom ersten Geigenpult aus nachzukommen. Diesen Umstand inszeniert er gleich in seiner ersten für den neuen Dienstgeber geschriebenen Symphonie, genannt "Le Matin". In deren zweiten Satz simuliert er die Situation, dass die Musiker am Morgen noch etwas verschlafen proben und die Vorzeichen verwechseln - sie intonieren einen dunklen Mollakkord. Der Vizekapellmeister spielt laut und deutlich die Phrase nochmals und deutet ihnen die Zeichen richtig - und jetzt erklingt das volle Orchester im strahlenden Dur.
Uraufgeführt wird dieses Werk im esterházy'schen Palais im Zentrum Wiens, wo auch der Vertrag unterschrieben worden ist. Haydn hat in diesem Werk seine Musiker in ihren Vorzügen - es gibt für fast jedes Instrument ein Solo - und in den Schwierigkeiten ihres Dienstes, der oft zu den frühesten oder auch nächtlichsten Zeiten ausgeübt werden muss vor dem Fürsten präsentiert. Sie werden ihn bald als Vater ihres Orchesters verehren und der Fürst wird diese Beschützerrolle so weit wie möglich respektieren.
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Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr
Links
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