Haydn unter "alten Bekannten"

Barmherzige Brüder in Eisenstadt

In Eisenstadt wohnen Joseph Haydn und seine Frau zunächst in der Armenanstalt, obwohl sie weder krank noch arm sind. Der Meister findet unter den Ordensbrüdern einen Freund, für den er dann auch Musik schreibt, die für etwas Spezielles bestimmt ist.

Haydn örtlich - Teil 23

"Eyn Gebeude mit einer schönen Kirchen". So beschreibt jener Vertrag eine Armenanstalt mit zugehörigem Gotteshaus im fürstlichen Eisenstadt, die 1759 Anton Esterházy den Barmherzigen Brüdern übergibt, damit sie darin ihren krankenpflegerischen und geistlichen Pflichten obliegen.

Als Haydn nach Eisenstadt kommt, da sind weder er noch seine Frau arm oder krank. Trotzdem wohnt der neue Vizekapellmeister mit seiner Gattin höchstwahrscheinlich kurze Zeit im hiesigen Konvent.

Wiederkehrende Kontinuitäten

Es gibt immer wieder so etwas wie Kontinuitäten in Haydns Leben. Die sind im Wirken eines so innovativen Geistes wohl von ergänzender Bedeutung, haben viel mit der Art zu tun, wie Haydn auf Menschen zugeht.

Der Orden der Barmherzigen Brüder ist eine solche Kontinuität. In Wien hat er sich in deren Leopoldstädter Niederlassung seine ersten Verdienste als Kirchenmusiker erarbeitet, sich sein eigenes regelmäßiges Geld verdient. Offenbar kann er an diese Wiener Tätigkeit in Eisenstadt anschließen, vielleicht Grüße mit- und Erfahrungen einbringen. Die Gemeinschaft und deren Wirken kennt er und weiß, dass die Musik hier auch in medizinischer Hinsicht eine wichtige Rolle spielt, dass die Brüder den Gedenktag ihres heiligen Gründers Johannes von Gott festlich feiern. Haydns Vorgesetzter Gregorius Joseph Werner hat zu diesem Anlasse seine Motette "Iste confessor" komponiert.

Vielleicht hat man Haydn einen empfehlenden Brief mitgegeben. Seine freundliche Art ergänzt diesen bestätigend und es fällt den Ordensangehörigen nicht schwer, ihn an- und aufzunehmen.

Ein Freund unter den Brüdern

Der Neuankömmling wird unter den Brüdern einen Freund finden, dem auch im Zusammenhang mit Haydns Werk Bedeutung zukommt: Frater Primitivus Nemec.

Neben seinen krankenpflegerischen Pflichten betreut dieser Ordensmann auch die fürstliche Bibliothek und er ist ein genialischer Mechanicus. Er konstruiert Uhren, in welche er kleine Orgeln einbaut. Zur gegebenen Stunde zeigen diese technischen Wunderwerke nicht nur die Zeit an, sondern spielen auch schöne Musik. Haydn schreibt für ihn eigene kleine Stücke oder adaptiert Passagen aus seinen Quartetten und Symphonien, damit sie sein Freund für die Uhr setzen kann.

Ein kleines, aber feines Werk

In Verbundenheit schreibt Haydn den Barmherzigen Brüdern Anfang der 1770er-Jahre für ihr Hochfest am 8. März eine Messe zu Ehren des Hl. Johannes von Gott. Rein äußerlich ist das Werk - so wie die Kirche, für welche es gedacht ist - klein: Es dauert keine Viertelstunde, kommt mit vier Singstimmen, zwei Geigen, Cello und Kontrabass und der Orgel aus. Aber die inneren Dimensionen sind umso intensiver geweitet. Zentraler Satz ist das "Benedictus" - in der Liturgie erklingt es gemäß damaligem Brauch nach der Wandlung, das heißt, in dem Augenblick, da Gott in Gestalt von Brot und Wein real anwesend ist. Haydn lässt diesen Satz mit einem technisch anspruchsvollen Solo der Orgel beginnen, welches die Sopranstimme fortsetzt - es sind das die einzigen Soli in diesem ansonsten ganz vom Ensemble getragenen Werk. Haydn hat die Orgel selbst gespielt und für die Aufführung wahrscheinlich auch die besten Kräfte der Hofmusik verpflichtet - auf eigene Kosten.

Die Orgel ist ein kleines aber feines Instrument, das 1732 von Johann Franz Frey aus Wiener Neustadt erbaut worden ist und deren klangliche Möglichkeiten der Komponist aufs Delikateste nützt.

Auf die erste Seite der Partitur schreibt Haydn sein übliches "in Nomine Domini - di me Giuseppe Haydn". Im Namen des Herrn beginnt er jedes Werk, sei es geistlich oder weltlich. Am Ende heißt es: "Laus Deo, Beatae Virgini Mariae et Sancti Joanni de Deo." Gott, Maria, der Mutter des Herrn und diesmal eben auch dem Hl. Johannes von Gott, ihnen sei - so hofft es der Meister - mit dieser Musik gebührendes Lob dargebracht.

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Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr

Links
austria.info - Joseph Haydn
Haydn 2009

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