Ein Ort für Marienverehrung
Die Schlosskapelle
Das Schloss Esterházy verfügt natürlich über eine Kapelle. Joseph Haydn schreibt die passende Musik für den Heiligen Ort. Es muss viel gespielt und gesungen werden - nicht nur während der Messen, sondern auch über den Tag verteilt zu den Proprien.
8. April 2017, 21:58
Haydn örtlich - Teil 30
Ein Schloss ohne Kapelle ist ebenso wenig vorstellbar, wie etwa ein solches Schloss ohne Ahnengalerie. Das Schloss als Gebäude mit einem Anspruch auf Öffentlichkeit bedarf aller denkbaren Zeichen der Identität. Diese müssen spontan verstanden werden können.
Eine fürstliche Familie ist nicht einfach "privat", sie repräsentiert das "Land" und dessen geistige und wirtschaftliche - dessen politische - Ausrichtung.
Öffentlicher Katholizismus und private Frömmigkeit
Die Familie Esterházy ist katholisch. Das definiert sie, nicht zuletzt auch in ihrer Nähe zur Familie Habsburg, aus welcher die römischen Kaiser und die Könige von Ungarn kommen und welcher man durch die Konfession gewissermaßen geistig verwandt ist. Das heißt: Der esterházy'sche Katholizismus ist ein Phänomen des Öffentlichen, wie jener der Kaiser und Könige. Das ergibt keinen Gegensatz zur tiefen persönlichen Frömmigkeit und Gläubigkeit dieser so sehr in der Öffentlichkeit stehenden Menschen.
Fürst Paulus etwa gründet ja nicht nur die Wallfahrtskirche auf dem Eisenstädter Berg - er legt mit seiner 1711 in Wien als Kupferstich erscheinenden "Harmonia Caelestis" eine Sammlung von Kantaten für das ganze Kirchenjahr vor. Schlichte, bescheidene Musik fasst der ungarische Magnat hier zur Ehre Gottes und seiner Heiligen zusammen, er wendet sich vertrauensvoll und demütig Maria und seinem Namenspatron, dem Apostel Paulus zu. Joseph Haydn hat ein Exemplar dieses Kompendiums himmlischer Harmonie in seinem Besitz. Aufgeführt werden die Werke an den entsprechenden Feiertagen in der Eisenstädter Schlosskapelle. Vor allem dafür richtet Fürst Paulus eine Hofmusik ein.
Musik in der Schlosskapelle
Dieses Gotteshaus ist ein Marienheiligtum. Die Frau, umkleidet mit der Sonne, den Mond zu ihren Füßen, um ihr Haupt einen Kranz von 12 Sternen - so wie sie Johannes in seiner "Offenbarung" beschreibt -, sie ziert im Bild den Hochaltar. Die Musik kommt von hinten oben. Groß genug ist die Empore, um auch in klangstarken Besetzungen das Lob Gottes und der Heiligen singen zu können. Schon Fürst Paulus verlangt in manchen seiner Kantaten neben den Streichern und der Orgel auch Trompeten und Pauken, ja sogar eine Harfe, welche dem Gesang noch zusätzliche Bedeutung, noch intensiveren Ausdruck geben sollen.
Hinauf auf diese Empore kommt man über eine recht unbequeme Treppe, die eher einer Hühnersteige gleicht denn einem Aufgang, der zu würdigem Tun betreten wird. Zudem: Die Menschen, welche da hinaufsteigen, sie sind schön angezogen - die Damen gewandet in wallende Kleider, manche der Herren bemüht, ihre kostbaren Instrumente unbeschadet an den hochgelegenen Ort der Bestimmung zu bringen.
Messen und Proprien
Auch Joseph Haydn geht die engen Treppen hinauf in Erfüllung seiner Dienstpflicht. Von der Orgel aus leitet er das gottesdienstlich-musikalische Geschehen. Viel ist da zu spielen und zu singen, nicht nur die stets gleichbleibenden Teile der Messe, sondern auch die Proprien, die tagesspezifischen Zwischengesänge. Zur Wandlung erklingt zumeist die Orgel ganz alleine und in angemessenen Klangfarben.
Haydn schreibt, was notwendig ist - vieles davon zur besonderen Ehre der Gottesmutter Maria, dazu auch eucharistische Hymnen oder eine Pfingstmotette. Und er komponiert auch eine Messe zum Fest des Namenspatrons seines Dienstherren, des Hl. Nikolaus. Der Namenstag wird damals in Österreich viel größer gefeiert als der Geburtstag, kann man sich an einem solchen Tag doch besonders seinen heiligen Patron in Erinnerung rufen.
Eine neue Orgel
Die Orgel, auf welcher Haydn in der Schlosskapelle musiziert hat, ist nicht mehr vorhanden. Nicht gar lang nach 1800 ist ein neues Instrument aufgestellt worden. Dieses repräsentiert einen damals an Aktualität gewinnenden Klangstil - jenen der beginnenden Romantik, des aufkommenden Biedermeier.
Hat der alternde Meister sie noch disponiert - oder vielleicht Johann Nepomuk Hummel, der als Konzertmeister nach Haydn viele von dessen Agenden übernimmt? Aber auch Hummels Aktualität kommt ja letztlich aus dem Geiste seiner Lehrer und Mentoren - Mozart und eben auch Haydn.
Mehr zu "Haydn 2009" in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr
Links
austria.info - Joseph Haydn
Haydn 2009
Übersicht
- Haydn örtlich