Ein Streich an Adeligen

Bratislava

Ein Konzert von Adeligen in Bratislava, die sich Maria Theresia präsentieren möchten, geht für diese eher weniger lustig aus. Haydn spielt ihnen gemeinsam mit der Königin von Ungarn und seinem Orchester einen Streich, über den sie sich sehr amüsieren.

Haydn örtlich - Teil 34

Maria Theresia weilt in ihrer Funktion als Königin von Ungarn in der Hauptstadt dieses ihres Landes. Fürst Nikolaus Esterházy möchte der musikliebenden Herrscherin gerne sein Orchester und damit natürlich auch sich selbst präsentieren. Also verfrachtet er seine eigene Person samt der ganzen Hofmusik mit allem was dazugehört auf entsprechende Wagen und macht sich auf nach - ja, wohin?

Der heutigen slowakischen Hauptstadt Bratislava, welcher der umfangreiche Tross zustrebt, haben viele Menschen aus vielen Nationen viele Namen gegeben. Also können wir beispielsweise sagen: Haydn und die Seinen spielen vor der Kaiserin und Königin in Pressburg. So heißt die Stadt bei denen, die Deutsch sprechen. Davon leiten die slowakischen Bauern in der Umgegend ihr "Presporok" ab.

Sie führen ihn damit unbewusst auf seine slawischen Wurzeln zurück. Das deutsche "Pressburg" kommt nämlich von einem hiesigen Slawenfürsten des frühen Mittelalters namens Predslav und eine Münze aus der Zeit des Königs Stephan von Ungarn nennt die Stadt um das Jahr 1000 Preslava Civitas.

Opern in Bratislava

Jedenfalls: Joseph Haydn hat dort schon 1764 Opern geleitet. Die Metropole an der Donau ist, nachdem die Türken 1526 den alten Königssitz Buda und mit ihm einen beträchtlichen Teil Ungarns erobert haben, die Hauptstadt Ungarns und heißt als solche in der Sprache der Maygaren "Pozsony".

"In Posonio" - auch die Namen finnougrischer Herkunft lassen sich ins indoeuropäische Latein übertragen - werden die Habsburger zu Königen von Ungarn gekrönt, dessen okkupierte Teile sie zäh und konsequent von den Türken zurückerobern. Aber à propos magyarische Bezeichnung: Auch "Pozsony" leitet sich vom Namen eines slawischen Fürsten ab, nämlich von Bozan, der im 11. Jahrhundert die hiesige Burg sein Eigen nannte.

Großer Musikbedarf

Die ungarisch nach ihm benannte Haupt- und Krönungsstadt bedarf in hohem Maße der Musik. Im Dom zum Hl. Martin, bei den Franziskanern und zumal in der Kirche der Ursulinen wird Hochrangiges angeboten. Die Schwestern Ursulinen lassen sich vom Franziskanerpater Gaudentius Dettelbach große Messen schreiben, bei denen sie selbst sämtliche Instrumente spielen und auch alle Chorpartien singen - inklusive der Bassstimmen.

Die hier ansässigen Adeligen ergänzen auch nach der weltlichen Seite hin und verpflichten Komponisten und Instrumentalisten von Rang.

Blütezeit unter Maria Theresia

Unter Maria Theresia erlebt Pressburg einen unglaublichen Aufschwung. Die Bevölkerung verdreifacht sich und es wird viel gebaut. Die Familie Esterházy lässt sich ihre Residenz allhier von Joseph Emanuel Fischer von Erlach aus Wien, dem Sohn des großen Johann Bernhard, planen. 1743 ist sie bezugsfertig.

Mitglieder der nunmehrigen habsburgisch-lothringischen Herrscherfamilie sind da öfters zu Gast und kommen so wiederholt in den Genuss, das esterházy'sche Orchester zu hören.

Dilettanten produzieren einen "Schmiss"
In Pressburg geschieht es, dass sich aristokratische Herrschaften selbst vor Maria Theresia musikalisch produzieren möchten. Man bittet sicherheitshalber aber auch den berühmten Herrn Haydn und einige Mitglieder des fürstlichen Orchesters dazu. Im Geheimen verständigt sich die hohe Dame mit dem Kapellmeister. Auf ihr Zeichen hören die "Profis" auf zu spielen und die adeligen Dilettanten produzieren einen ordentlichen "Schmiss" - zum allerhöchsten kaiserlich-königlichen Amusement.

Mit dem Tod Maria Theresias geht die Bedeutung Pressburgs zurück, zumal, als ihr Nachfolger Kaiser Joseph II. 1784 wieder Buda zur Hauptstadt Ungarns macht. Immerhin werden noch bis 1830 die Könige dieses Landes hier gekrönt. Die musikalische Kontinuität bleibt aber durch die Bürgerinnen und Bürger gewahrt und im 19. Jahrhundert wird die Stadt musikalisch mit Namen wie Johannes Brahms und Anton Bruckner, Franz Schmidt und auch Béla Bartók zu verbinden sein. Vorher noch, nämlich 1778, kommt hier Johann Nepomuk Hummel zur Welt, der sich nach seiner Ausbildung bei Mozart des fürstlichen Orchesters in Eisenstadt annehmen wird - auf ausdrücklichen Wunsch Haydns.

Mehr zu "Haydn 2009" in oe1.ORF.at

Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr

Links
austria.info - Joseph Haydn
Haydn 2009

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