Regisseur erlag Krebsleiden
Werner Schroeter gestorben
So kannte man ihn: mit seinem schwarzen Hut, eine weiße Rose in der Hand. Der deutsche Film- und Theaterregisseur Werner Schroeter ist am Montag, dem 12. April 2010, im Alter von 65 Jahren in Kassel einem schweren Krebsleiden erlegen
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal 13.04.2010
Nachruf auf Werner Schroeter
Schroeter gehörte wie Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Werner Herzog oder Wim Wenders zu den großen Regisseuren des Neuen Deutschen Films. Er war bekannt für seine hoch stilisierte Kunstsprache, seine kompromisslose Ästhetik und seinen Hang zum Melodram.
Erst 2008 galt dem deutschen Filmemacher ein Tribute bei der Viennale. In einem Galaabend im Gartenbaukino wurde Schroeters letzter Film "Nuit de chien" gezeigt. Die von Schroeter selbst mitgetroffene Auswahl des Tributes zeigte die Spannweite seines Schaffens zwischen radikalem Realismus und hochartifizieller Ästhetik.
"Stundenlang nichts als Verzückung und Tod"
Der bekennende Homosexuelle Schroeter, früher eng mit Rosa von Praunheim befreundet, begann seine Karriere als Experimentalfilmer und machte dann von Ende der 1960er Jahre an mit seinen eigenwilligen Streifen vor allem im Fernsehen auf sich aufmerksam. Der Mann mit wechselndem Wohnsitz bestach danach im Kino mit "Neapolitanische Geschwister" (1978), für den er den Bundesfilmpreis abholte, und mit dem Gastarbeiterdrama "Palermo oder Wolfsburg", das im Jahr 1980 auf der Berlinale den Goldenen Bären erhielt.
Nicht zuletzt die französischen Kinobesessenen schätzten den Autorenfilmer, dessen Werke ein Kritiker einmal so auf den Nenner brachte: "Stundenlang nichts als Verzückung und Ekstase, nichts als Tod, Abschied, Liebeswahn, Verzweiflung". Das gilt auch für seinen letzten Film "Nuit de chien", der auf der Viennale vorgestellt wurde.
Spezial-Löwe für das Gesamtwerk
Mit umstrittenen Klassiker-Inszenierungen und Regiearbeiten an deutschen und italienischen Opernhäusern verlässt der vielseitige Schroeter vor allem in den 1970er Jahren das Filmterrain. Seltener kommt ein neuer Schroeter-Film in die Kinos.
Mit mehreren Deutschen Filmpreisen wird dann "Malina" (1991) mit Isabelle Huppert nach der Uraufführung in Cannes bedacht. Nach sechs Jahren Pause schloss der Regisseur, der ein Fachmann für Kamera und Schnitt ist und der auch schon mal schauspielert, mit "Nuit de chien" ("Diese Nacht") seinen letzten Film ab und zeigt darin mit Pascal Greggory seine ungebrochene Liebe zu allem Melodramatischen, zur Welt der Oper - und zum künstlerischen Pathos.
Den Filmfestspielen in Venedig war der Streifen zwar nicht preiswürdig, der Regisseur selbst aber schon: Aus Venedig brachte Schroeter einen Spezial-Löwen für sein Gesamtwerk heim.
Schlingensief: Schroeter bedeutend wie Fassbinder
Der Theater- und Filmregisseur Christoph Schlingensief stellt Werner Schroeter auf eine Stufe mit bedeutenden Kollegen wie Rainer Werner Fassbinder und Derek Jarman. Er selbst habe Schroeter, der auch in der Tradition eines Pasolini gestanden habe, immer verehrt. Schroeter habe ihn in seinen eigenen Filmen wie "Egomania" (mit Tilda Swinton) sehr stark beeinflusst, sagte Schlingensief der Nachrichtenagentur dpa in einem Nachruf. "Sein Leben war auch immer Zeugnis für seine Kunst und umgekehrt, selbst in den letzten Monaten seines Lebens kämpfte er trotz seiner schweren Krebserkrankung für seine Kunst und seine Anerkennung", meinte der ebenfalls an Krebs erkrankte Schlingensief. Schroeter habe bis zuletzt "für das Leben und seine merkwürdigen Auswüchse gelebt, gelitten und geschaffen - dafür nicht nur Dank sondern tiefste innere Liebe!"