Neue Skurrilitäten
Alf Poier bittet zum "Satsang"
Für Alf Poier ist Satsang "das Ende meiner geistigen Entwicklung, die es nie gegeben hat. Meine Mutter hat zu mir des Öfteren gesagt: je älter, desto blöder! Seither freue ich mich aufs Altwerden." Und so strebt er weiter nach der höchsten Einsicht.
8. April 2017, 21:58
Was ist schon sicher?
Im wallenden weißen Gewand mit drittem Auge auf der Stirn begrüßt Guru Alf Poier nach längerer Absenz sein Publikum und bittet zum "Satsang", zum spirituell-kabarettistischem Gespräch zur Erlangung ultimativer Erkenntnis.
Botschafter von eigenen Gnaden
Viel ist inzwischen geschehen: Alf Poier war in Indien unterwegs, hat "Alfs Welt" fürs Fernsehen produziert, in seinem Atelier gewerkt und sich obendrein ein ländliches Anwesen in der Nähe von St. Pölten, in Eggendorf, gekauft und dieses in seine sehr persönliche Botschaft für Bewusstsein, Scheißdreck und Kunst umgewandelt - Stoff genug also für ein Kabarett-Programm. Der steirische Kabarettist, Marathonläufer, Zen-Meditations-Anhänger und nunmehrige Botschafter von eigenen Gnaden begibt sich wieder einmal auf die Suche nach dem Sinn des Daseins und nach sicherer Erkenntnis.
Alf Poier dreht und wendet - wie man es von ihm gewohnt ist - Begriffe so lange, bis ein neuer, ziemlich absurder Sinnzusammenhang erkennbar ist. Poier gibt sich nicht mit gängigen Sprachklischees und eingelernter Phrasendrescherei zufrieden und zwingt mit seiner scheinbar naiven Art seine Zuhörerschaft, ihm in Alfs Welt zu folgen, in eine Welt fragwürdiger Kunstwerke, schräger Erfindungen, absurder Wortkreationen und Nicht-Philosophien, sowie einer gehörigen Portion Brachialausdrücke, die am Rande des guten Geschmacks dahinschrammen.
Durchaus auch nachdenklich, aber doch voll von Tatendrang gibt sich der selbsternannte Kabarett-Botschafter Alf Poier in seinem aktuellen Solo "Satsang", das auch punktuell zum Dia-Vortrag mutiert. Er zeigt voll Besitzerstolz Dias seiner neuen Botschaft, die eine Mischung aus Museum, Künstlertreffpunkt und "entropischer Garten" werden soll. Außerdem präsentiert er auf der Bühne neben seinen bildnerischen Kunstwerken auch etliche Erfindungen: einen Rückspiegel-Hut, ein Fakir-Brett für Anfänger nur mit einem Nagel, eine Reisschachtel mit Reißverschluss und einen blinkenden Nacht-Federball, mit dem man auch bei Dunkelheit und Nebel spielen kann.
Geteilte Meinungen
Es sind die Ideologien, Dogmen und "Ismen" der heutigen Zeit, mit welchen Alf Poier auf seine Art abzuschließen versucht. Damit erregt er nicht jedermanns ungeteilten Zuspruch. Bislang wurden Alf Poiers fahrig-hektische Bühnenpräsenz, seine bewusst geschmacklosen Vergleiche und politisch unkorrekten Sprüche, sowie seine naiv-chaotischen Aktionen bislang als eine anarchistische Humor-Spielart durchaus positiv bewertet.
Nun zeigt sich die Kabarett-Kritik einem Alf Poier, der in seinem aktuellen Programm zu dem Schluss kommt, dass es trotz oder wegen aller Versuche der Selbst- und Fremderkenntnis keine Entwicklung gibt, nicht besonders gnädig. Seine Versuche, die gängige Begriffswelt satirisch auf den Kopf zu stellen, werden als Scharlatanerie und dem noch vor kurzem als kindlich-wild akzeptierten Kabarettisten seine etwas langsamere, weil vielleicht in die Jahre gekommene Gangart zum Vorwurf gemacht. Wohl zu Unrecht, denn Poier gelingt es immer noch, für überraschende Wendungen im kabarettistischen Geschehen zu sorgen und sich selbstkritisch anzunähern.
Eine Veranstaltung live aus der Bühne im Hof in St. Pölten mit Unterstützung von Wien Energie
Hör-Tipp
Kabarett direkt, Freitag, 20. November 2009, 20:00 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Alf Poer, "Satsang", 20. November 2009, Bühne im Hof, St. Pölten, 25. November 2009, Stadtsaal, Vöcklabruck, 26. November 2009, republic, Salzburg, 28. bis 30. November 2009, Kulisse, Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen in der Kulisse ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).
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