Konsum als Hoffnung im Kampf gegen die Rezession

Kaufen wir uns aus der Krise!

Wenn wir nur alle genug einkaufen, wird die Wirtschaftskrise nicht so schlimm, heißt es. Regierungen überlegen, wie sie ihre Bürger zum Einkaufen motivieren können. Doch ist Konsum wirklich ein taugliches Mittel gegen die Krise?

Geld ausgeben ist gar nicht so leicht. Das merken derzeit viele Regierungen in aller Welt, wenn sie sich bemühen, etwas gegen die Wirtschaftskrise zu tun. Bankenpakete, Konjunkturpakete, Steuersenkungen - man kann nicht sagen, dass sich die Regierungen nichts einfallen ließen. Damit sie aber den Zweck zu erreichen - die Wirtschaft in Schwung oder zumindest die Krise in Grenzen zu halten - müssen die Programme ein paar Voraussetzungen erfüllen, da sind sich Ökonomen einig.

Zielgerichtet, schnell und befristet - das sind die Eigenschaften, die solche Programme erfüllen sollten. Befristet heißt, ein Konjunkturprogramm soll die Ausgaben des Staates nicht auf Dauer erhöhen. Sonst würden die Staaten noch mehr Defizit machen als sie jetzt ohnehin schon in Kauf nehmen. Schnell heißt, die Programme müssen den Menschen und damit der Wirtschaft bald zu Gute kommen. Wenn die Krise voll eingesetzt hat, ist es zu spät. Und zielgerichtet heißt, die Staaten müssen ihr Geld so ausgeben, dass es dort wirkt, wo es wirken soll.

Steuerzuckerl - Wirkung ohne Gewähr

Was nützt es zum Beispiel, Geld zu verteilen, wenn die Leute es für Produkte ausgeben, die importiert werden und vielleicht dem Handel, aber nicht der heimischen Produktion etwas bringen. Und was nützt es, wenn die Leute mehr Geld bekommen, dieses aber auf die Seite legen und nicht ausgeben. Diese Gefahr droht vor allem, wenn der Staat die Einkommenssteuern senkt. Den Steuerzahlern bleibt zwar mehr Geld. Es ist aber nicht gesagt, dass sie es ausgeben.

Die britische Regierung versucht, damit die Mehrwertsteuer zu senken. Das macht Produkte billiger, kostet den Staat aber Milliarden an Einnahmen. In eine andere Richtung geht die Idee der deutschen Regierung, Konsumschecks zu verteilen. Diese Schecks hätten den Vorteil, dass sie nicht gespart werden können, sondern eingelöst werden müssen. Und sie könnten gezielt an Menschen verteilt werden, die wenig verdienen und Unterstützung dringend brauchen. Stefan Schulmeister vom Institut für Wirtschaftsforschung ist aber skeptisch. Solche Schecks würden nur dazu führen, dass Leute Dinge früher kaufen und sich danach umso stärker zurückhalten.

Schulmeister hält auch nichts von Lohnsteuersenkungen. Sie nützen nur Menschen, die Steuern zahlen. Alle, die so wenig verdienen, dass sie von der Steuer befreit sind, haben nichts davon.

Konsum als Allheilmittel?

Der US-Ökonom Paul Krugman - er hat heuer den Wirtschafts-Nobelpreis bekommen - vertritt eine provokante These: In einer Krise wie wir sie jetzt erleben sei es sogar sinnvoll, Kisten voller Geld in Hubschrauber zu laden und (möglichst über bewohntem Gebiet) abzuwerfen. Dahinter steckt das Konzept, alles zu tun, um den Konsum anzukurbeln. Aber was ist ein Wirtschaftssystem wert, das nur leben kann, wenn die Menschen irgendetwas kaufen, egal ob sie die Dinge brauchen oder nicht.

Der Theologe Klaus Gabriel glaubt nicht, dass Konsum ein Selbstzweck sein sollte. Gabriel ist am Wiener Institut für Sozialethik tätig, er war früher Banker. Er meint, Konsum um seiner selbst willen sei nicht geeignet, eine Wirtschaftskrise zu bekämpfen. Geld ausgeben ja, aber nur für Dinge, die auch längere Sicht betrachtet sinnvoll sind. Einfach nur den Konsum zu fördern, würde bedeuten, die Spirale der Verschwendung weiter zu drehen, meint Gabriel.

Da ist der Theologe mit Wirtschaftsforscher Stefan Schulmeister einer Meinung. Ein Beispiel für nachhaltige Investitionen statt sinnlosem Konsum sei die Wohnbausanierung. Geld dafür auszugeben, ist aus mehreren Gründen sinnvoll: Wohnungen umzubauen macht und bringt viel Arbeit - die Bauwirtschaft profitiert. Dazu verbrauchen besser gedämmte Häuser weniger Energie, das nützt dem Klimaschutz. Damit ist das Geld langfristig sinnvoll angelegt. Das gilt auch für andere Infrastrukturprojekte.

In einem Punkt sind die meisten Wirtschaftsforscher einig: Ein System in einer Krise zu verändern ist besonders schwer. Gerade in der derzeitigen Krise liegt aber die Chance, den notwendigen Wandel zu schaffen - zum Beispiel in der Art, wie wir Energie nutzen. Dass die Wirtschaft nicht unendlich wachsen kann, das sehen wir jedenfalls an der derzeitigen Entwicklung. Und wir werden es im kommenden Jahr - auch da sind sich inzwischen alle einig, die sich damit beschäftigen - noch viel stärker zu spüren bekommen.

Mehr zu Konsum und Krise in ORF.at

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Hör-Tipp
Saldo, Freitag 19. Dezember 2008, 9:45 Uhr

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