Lachen belebt Körper und Geist
Wer lacht, lebt gesünder
Als Laie verbindet man mit dem Lachen vor allem Heiterkeit. Doch für Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen ist Lachen eine ernste und vielschichtige Angelegenheit. Es wird analysiert, interpretiert und sogar gemessen.
8. April 2017, 21:58
Die Wissenschaft von den psychischen und physischen Auswirkungen des Lachens nennt sich Gelotologie. Der Begriff ist vom griechischen Wort "gelos" abgeleitet, das "Lachen" bedeutet. Die moderne Wissenschaft befasst sich mit dem Lachen erst seit etwas mehr als hundert Jahren. Eine der ersten Studien erschien 1897 über den Zusammenhang von Kitzeln und Lachen.
Im 20. Jahrhundert stellte William Fry, einer der Pioniere der Gelotologie, im Selbstversuch fest, dass Lachen fast an Sport grenzt. Der amerikanische Psychologe fand heraus, dass er zehn Minuten kräftig rudern musste, um dieselbe Herzfrequenz wie nach einer Minute Lachen zu erreichen. Bei besonders herzlichem Gelächter kann der Puls auf 120 Schläge pro Minute ansteigen, was im aerobischen Bereich liegt. Nicht nur solche Erkenntnisse bestätigen das Sprichwort, Lachen sei gesund.
Was Lachen bewirken kann
Dank William Fry weiß man darüber sehr viel mehr. So zum Beispiel, dass es durch Lachen auch zu einem Abbau von Stresshormonen kommt. Schüler von Fry haben wiederum nachgewiesen, dass durch Lachen die Zahl der T-Lymphozyten steigt, es zu einer Vermehrung der Antikörper der Immunglobolin-a-Klasse kommt und der Gammainterferon-Wert im Blut ansteigt. All das ist für die Immunabwehr des Körpers wichtig.
Auch das allseits bekannte Phänomen, dass Lachen ansteckend wirkt, ist entschlüsselt. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Menschen, die einen lachenden Menschen beobachten, dieselben Gehirnbereiche aktiviert werden, als ob sie selbst lachen würden. Durch dieses Voraktivieren der Gehirnregion, die beim Lachen aktiv ist, wird das eigene Lachen erleichtert. Diesen Mechanismus gibt es auch beim Gähnen und beim Schmerzempfinden. Sieht man jemanden, der Schmerz empfindet, dann wird die Gehirnregion voraktiviert, die auch aktiv ist, wenn man selbst Schmerzen empfindet.
Bereiche der Lachforschung
Hirnforscher, Mediziner, Humanbiologen, Kulturforscher und Psychologen interessieren sich alle fürs Lachen. Aus den verschiedenen Disziplinen ergeben sich zwangsläufig viele verschiedene Fragestellungen. Es ist also kein Wunder, dass der Begriff Lachforschung zu einer Sammelkiste geworden ist. Ilona Papousek, biologische Psychologin an der Universität Graz, bringt ein wenig Ordnung ins begriffliche Chaos:
"Wenn man es ein wissenschaftlich betrachtet, sollte man zwischen verschiedenen Aspekten unterscheiden, die oft verwechselt werden. Das ist einerseits die Tätigkeit des Lachens selbst, dann Humor, im Sinne von etwas komisch oder witzig finden. Drittens Erheiterung und Heiterkeit, wobei man unterscheiden sollte zwischen kurzfristiger Erheiterung und Heiterkeit als Persönlichkeitsdisposition eines Menschen. Zu alldem kann man Forschung betreiben."
Gefährliches Lachen
In der Philosophie reicht die Auseinandersetzung mit dem Lachen und dem Lächerlichen sehr viel länger, nämlich gut 2000 Jahre, zurück. Platon und Aristoteles und auch spätere Denker waren dem Lachen gegenüber skeptisch eingestellt. Da Lachen sich nicht kontrollieren lässt, haftet ihm seit jeher etwas Anarchistisches an.
Umberto Eco beschrieb diese Angst vor dem Chaos, das Lachen anrichten könnte, in seinem Roman "Der Name der Rose". Ein Mönch will um jeden Preis verhindern, dass das einzige Exemplar der verlorenen Schrift von Aristoteles über die Komödie der Öffentlichkeit bekannt wird.
Lachen tötet die Furcht und ohne Furcht kann es keinen Glauben geben. Wer keine Furcht mehr vor dem Teufel hat, braucht keinen Gott mehr, und dann können wir auch über Gott lachen.
(Umberto Eco, "Im Namen der Rose")
Lachen als Kommunikations- und soziales Signal
Mindestens so faszinierend wie die körperlichen und seelischen Auswirkungen des Lachens, die in der Gelotologie im Vordergrund stehen, ist seine vielfältige Funktion. Beobachtungen haben gezeigt: Lachen ist ein Kommunikationssignal, das eine ganze Reihe von Information zusätzlich zur Sprache mittransportieren kann. Das "Ha ha" in dem Satz: "Wo hast du das Hemd gekauft?", kann die Frage als prinzipiell wohlmeinenden Kommentar unterstreichen. Man teilt mit: das ist ein hübsches Hemd. Das Lachen kann aber auch eine im Satz mitschwingende Ironie unterstreichen oder sie überhaupt erst enthüllen, wenn die Frage an sich neutral gesprochen ist.
Lachen ist ein Soziales- und Kommunikationssignal. Und zwar eines, das wir unabsichtlich senden, weil es unbewusst aktiviert wird. Witz oder Komik sind dafür keine Voraussetzungen, worauf es ankommt, ist die Gegenwart von anderen Menschen.
Lachverhalten der Geschlechter
Sowohl Männer als auch Frauen lachen mehr in der Gesellschaft von Männern und weniger in der Gesellschaft von Frauen. Dieses unterschiedliche Lachverhalten der Geschlechter ist jedoch kein Grund für Spannung oder Missverständnisse. Im Gegenteil, meint der Neurowissenschaftler und führende Lachforscher der USA, Robert Provine.
"Wenn Mary in Johns Gegenwart sehr viel lacht, dann signalisiert sie unbewusst, dass sie ihn interessant und attraktiv findet. John wiederum gefällt es, dass Mary lacht. Denn Männer mögen es, wenn Frauen in ihrer Gegenwart lachen. Denn, wenn eine Frau zu allem, was ein Mann sagt, lacht, denkt er sich, dass alles in bester Ordnung sei."
Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag 5. Jänner bis Donnerstag, 8. Jänner 2009, 9:05 Uhr