Komponistinnen einst und jetzt

Klingende Fragmente

Oft waren die Frauen von Komponisten die Kopistinnen ihrer Männer, seit Maria Magdalena Bach. Als Schöpferinnen wurden sie übersehen. Die Zeitgenossinnen Elisabeth Harnik, Lisi Naske und Elfi Aichinger nützen ihre Chance.

Sie erlebte ihren einzigen kurzen Hauch von Ruhm, "my one brief whiff of fame" 1919, als ihre Viola-Sonate für den ersten Preis eines Kompositionswettbewerbs der amerikanischen Mäzenin Elizabeth Sprague Coolidge wurde.

Letztlich gewann aber Ernest Bloch doch den ersten Preis. Cooldige beauftragte sie aber weiterhin - sie war die einzige Komponistin, beauftragt von dieser überaus produktiven Mäzenin.

Zum Beispiel Rebecca Clarke

Sie war - wie viele Frauen ihres Metiers - die erste: Die erste an der Stanford University, wo sie vieles erfuhr, was Frauen erfahren: nämlich Avancen ihrer Lehrer. Dass ihr ihr Harmonielehre-Lehrer Percy Miles ihr einen Heiratsantrag machte, wurde nicht ihm, sondern ihr angekreidet. Sie wurde aus dem Studium verwiesen, das war 1905, vor mehr als 100 Jahren.

1905 - als bezweifelt wurde, ob Damen als Teilnehmerinen eines Schwimmwettbewerbes für anständig gehalten werden sollten, und der Berichterstatter eines Schwimmrennens die Nachnamen der Damen aus Rücksicht auf die Familien nicht nennen wollte. Und das war ein Fortschritt: 1896 noch verbot der deutsche Radfahrbund Frauen Damenrennen zu bestreiten, sie sollten statt dessen am Rande mit Blumen winken. Damenrennen und Herrenwitze - zurück zu Rebecca Clarke.

Ihr Vater verwies sie des Hauses. Sie brach ihr Kompositionsstudium ab, sie wurde Bratschistin. Auch hier war sie wieder eine der ersten: Sie wurde Mitglied des bis dahin männlichen Queens Hall Orchestras.

Damenrennen und Herrenwitze

"Können Frauen komponieren" konnte man noch 1979 in der FAZ einen Artikel schreiben. "Woher meine musikalischen Ideen kommen, ist mir oftmals selbst ein Rätsel", bekennt die Komponistin Elisabeth Harnik. "Ich habe in meinem Inneren einen stillen Ort, und dort strömt die Musik in mein Bewußsein; sie erschafft sich sozusagen selbst. Meine Rolle ist es, ihre Entfaltung zuzulassen, indem ich absolut präsent bin und auf mein inneres Ohr höre. Die Anfänge eines Stückes kommen mir oft in den Sinn, wenn ich spazierengehe oder mich in einem entspannten Gemütszustand befinde. Es ist, als sei ich auf der Entdeckungsreise zu einem Stück, das seine eigene Ordnung und Form hat und auf einer anderen Ebene bereits zu existieren scheint."

Daß Frauen grundsätzlich anders komponieren als Männer oder daß es einem Stück anzuhören ist, ob es von einer Frau oder einem Mann geschaffen wurde, glaubt sie übrigens nicht: "Ich denke, man kann nur über jeden Komponisten und jede Komponistin ganz individuell sprechen."

Organisationen sind männerdominiert

Auch bei der Frage, ob es Frauen in ihrem Beruf grundsätzlich schwerer haben als Männer, vermeidet sie es sorgsam, in die Klischee-Schublade zu greifen. "Das Geschäft ist hart, egal ob du ein Mann oder eine Frau bist. Was es allerdings für Frauen schwieriger macht, ist die Tatsache, daß Organisationen, Ausschüsse und Ressorts, die darüber entscheiden, wer aufgeführt wird oder Aufträge bekommt, immer noch vorwiegend von Männern besetzt sind. Die scheuen sich wohl oftmals, Frauen zu ihrem Recht kommen zu lassen. Wenn Frauen in derselben Position säßen, würden sie aber womöglich ganz ähnlich handeln."

Verhasst, verdruckt, verfolgt
"Eine Komponistin wird es niemals geben, nur etwa eine verdruckte Copistin - ich glaube nicht an das Feminium des Wortes Schöpfer. In den Tod verhasst ist mir alles, was nach Frauenemanzipation schmeckt,- sagte ein Zeitgenosse Clara Schumanns. Dass Frauen oft die Kopistinnen ihrer Männer waren, seit Maria Magdalena Bach, hat sie als Schöpferinnen übersehen lassen. Es dauert lange, bis Marianne von Willmeres Gedichte der Urheberschaft Goethes entrissen wurden, bis Fanny Mendelssohns Werke als ihre erkannt waren.

Noch 1927 wurde eine Schutzbestimmung erlassen, Frauen sollten nicht Strecken über 200 Meter laufen. "Dass an Musikhochschulen sich so wenig Frauen für das Fach Komposition einschreiben, hängt mit einem durch Jahrhunderte eingeimpften Minderwertigkeitskomplex zusammen. Diesen habe ich glücklicherweise nie gehabt. Ich verdanke das meinem Elternhaus, wichtigen Menschenbegegnungen und Lehrern, die mich ernst genommen haben", schrieb die Komponistin Erna Woll 1986.

Erfolgreiche Zeitgenossinnen
Die Zeitgenossinnen Elisabeth Harnik, Lisi Naske und Elfi Aichinger nützen ihre Chance. Nicht für die Ewigkeit, sondern für ihre und unser aller Gegenwart komponiert Elfi Achinger, Ihre Chor-Vocalise beschließt das Programm, das nicht beweisen will sondern bereichern.

Der Wiener Motettenchor, ein Laien- und Laiinnen-Ensemble mit höchstem Engegament unter der Leitung der Wiener Universitätsprofessorin Ingrun Fussenegger, trat im Mai 2008 im Radiokulturhaus mit einem Komponistinnenprogramm von Romantik bis Gegenwart auf. Ein Erfolg - für die dramaturgische Auswahl, für die Komponistinnen, für das Publikum.

Hör-Tipp
Heimspiel Spezial, Dienstag, 6. Jänner 2009, 16:30 Uhr