Neue Gesichter bei den Resonanzen

Quo vadis, musica antiqua?

Vieles hat sich in der Szene der Alten Musik verändert: Vor allem die spieltechnische Qualität der Musiker hat sich wesentlich verbessert. Bei den Resonanzen geben in acht der zehn Programme Ensembles und Solisten ihr Resonanzen-Debüt.

"Die Alte Musik ist tot - es lebe die Alte Musik!" Oft wünschte ich mir, dass dies das Motto der jungen Ensembles beziehungsweise Künstlerinnen und Künstler von heute sein sollte. In den vergangenen Jahren hat sich vieles in der Szene der Alten Musik verändert: Vor allem die spieltechnische Qualität der Musiker hat sich dabei wesentlich verbessert. Es ist kein Problem mehr, sauber intonierende Instrumentalistinnen und Instrumentalisten zu finden, die ihre Klangkörper - und sei es bei so exotischen Instrumenten wie Dulzianen, Schalmeien oder Chalumeaux - auch virtuos beherrschen.

Auf der Strecke bleibt dabei leider oft die eigenständige Interpretation. Längst hat sich ein allgemeiner Geschmack, wie man Barockmusik interpretiert, selbst bei renommierten Orchestern und Ensembles der jüngeren Generation herausgebildet. Dass man dadurch austauschbar wird und an Identität verliert beziehungsweise diese erst gar nicht aufkommen lässt, stört so lange nicht, so lange es an Engagements nicht mangelt.

Ensembles mit Personalstil

Wie viele junge Ensembles gibt es heute mit einem Personalstil, wie ihn etwa Harnoncourt, Christie, Jacobs, Koopman, Savall, Minkowski oder Rousset entwickelt haben, und die dadurch unverwechselbar wären? Dass dies - die Unverwechselbarkeit - im Zeitalter des unbegrenzten Informationsflusses immer wichtiger wird, ist unbestritten.

Dass sich die jungen Musikerinnen und Musiker eine Art Revolution gerade gegen diese etablierten Interpreten als Motto ins Portfolio gravieren müssten, ist im Sinne kreativer Schritte in die Zukunft logische Pflicht.

Viele Debüts

"Quo vadis, musica antiqua?" - die "Resonanzen 2009" bemühen sich um eine Antwort. Insgesamt geben in acht der zehn Programme Ensembles und Solisten ihr Debüt bei diesem Festival im Wiener Konzerthaus. Mit der Idee, "frisches Blut" einzusetzen, ist meist auch der Anspruch verbunden, neue Alte Musik zu präsentieren: Veronika Skuplik wird mit ihrem Ensemble "La Dolcezza" in die kontrapunktische Kunst der Ricercari und Fantazias des 17. Jahrhunderts entführen: Dabei werden den fantasievollen Capricci von Girolamo Frescobaldi Ricercari seines Schülers Luigi Battiferri gegenübergestellt.

Besonders freue ich mich auf das Konzert von Evangelina Mascardi und Monica Pustilnik, die an die legendäre Platte mit Lautenduetten von Hopkinson Smith und Paul O'Dette anknüpfen. In schwungvollen Tänzen, Bearbeitungen von "Schlagern" der Zeit und polyphonen Klanggemälden stellen die beiden jungen Argentinierinnen ihre Musikalität unter Beweis.

Dass neben "newcomers" auch etablierte Ensembles Platz finden, ist verständlich: So wird Paul McCreesh bei seinem Österreich-Debüt einem der Jahresregenten, Georg Friedrich Händel, huldigen. Fabio Biondi führt mit Vivaldis Dramma per musica Ercole sul Termodonte in das Reich der Amazonen.

Junge Künstler bei freiem Eintritt

Neu bei den "Resonanzen" ist auch eine Leiste mit jungen Ensembles und Künstlern, die quasi als Präludium um 18:00 Uhr vor den Hauptkonzerten auftreten. Neu ist auch die "Resonanzen"-Lounge, die - bei freiem Eintritt - nach den Konzerten mit Musik, Video oder "Resonanzen"-Kino den Abend ausklingen lässt.

Rechtzeitig zu den "Resonanzen 2009" ist in der ORF-Edition "Alte Musik" auch die Dokumentation des Festivals vom Vorjahr erschienen. Mit über 200 Minuten Spieldauer gibt diese Produktion einen lebendigen Höreindruck des Festivals für Alte Musik im Wiener Konzerthaus.

Mehr dazu in oe1.ORF.at
Insel der Seligen inmitten der Klassik-Krise?
Resonanzen starten am Samstag

Hör-Tipps
Alle Übertragungen von den Resonanzen 2009 der kommenden 35 Tage finden Sie hier.

CD-Tipp
"Resonanzen 2008" - Phantasie, Vision & Wahnsinn, ORF-CD 3036, erhältlich im ORF Shop

Link
Wiener Konzerthaus - Resonanzen