Tumba statt Samba

Carnival in Curacao

Der Karneval auf der Antilleninsel Curacao erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Inzwischen avancierte er zum jährlichen Inselspektakel, das Tausende von Besuchern anlockt. Das ganze Jahr bereiten sich die Teilnehmer auf die Parade vor.

Zu solchen Klängen wird eifrig getanzt.

Ein gewaltiger Tross von vielen hundert Menschen in prächtigen Kostümen, mit Fahrzeugen und Musikgruppen formiert sich in Otrabanda, im Vorort Santa Maria an der Kreuzung Churchillweg und Jan-Noordweg - zwischen Fastfood-Läden und Niemandsland. Nach dem Eröffnungsschrei "Dushi Karneval!" wälzen sich die Gruppen, teils auf großen Lastern, teils zu Fuß, singend und tanzend über den Rooseweltweg in Richtung Stadtzentrum.

Die Startnummern werden eine Woche vor der großen Faschingssonntagsparade gezogen. Es ist immer dasselbe Ritual: Die Karnevalsgruppen melden sich und ihr Sujet für den Umzug an. Die Startnummern befinden sich in Luftballons, jede Gruppe zieht einen Ballon. Wenn dieser zerplatzt, fällt die Startnummer heraus.

Die niedrigen Startnummern sind natürlich bevorzugt, denn der Marsch durch die Stadt dauert zirka acht Stunden, je später die Parade beginnt, desto anstrengender ist es für die Teilnehmer ,im ausgelassenen alkoholfreudigen Trubel und in der Sonne durchzuhalten. Immerhin haben die Carnevalistas schon eine harte Zeit der Vorbereitungen hinter sich und relativ hohe finanzielle Belastungen zu tragen.

Wundersame Fantasiegestalten

Etwa 100 Euro für ein Kinderkostüm und 250 bis 500 Euro zum Beispiel für ein federngeschmücktes Trikot samt Kopfschmuck sind keine billige Angelegenheit. Dazu kommen noch die aufwändigen, fantasievollen Gestaltungen der Transporter und die Tonanlagen und riesigen Boxen, die angemietet werden müssen, um die Bands auch richtig dröhnen zu lassen. Wie die Band von Hendrick de Windt, dem Tumba-König des Jahres 2008, er hat seinen Siegertitel "Den bo brasa" auch selbst komponiert.

Wundersame Gestalten tanzen zum Tumba-Rhythmus: paillettengeschmückte, sich grazil bewegende Vogelmenschen, tollpatschige Clowns mit Fußbällen als Hut, blauweiße personifizierte Windmühlen von Delft und Mensch gewordene ausladende Lüster aus einem Kolonialhaushalt. Jede Menge Federboas, Pepita-Hüte, Tüll-Schleppen, tiefe Dekolletees, Brokatgewänder, knappe Trikots und Seidenröckchen in den knalligsten Farben.

Die Karnevalsprinzessin - die Queen of Rotterdam - erscheint als Elfe in einem zartgrünen Kleid, mit Krönchen und farblich passender Stola. Begleitet wird sie von weiß gekleideten Nixen und allerlei Meeresgetier aus Plastik. Die Karnevalspräsidentin - eine schlanke, großgewachsene Dame um die Fünfzig - zeigt viel Haut, trägt dafür einen aufwändig gestalteten Kopfschmuck aus Fasanenfedern, Pailletten und gewaltigen Ohrgehängen.

Perfektes Styling

Alle Darsteller der jeweiligen Gruppen sind bis ins kleinste Detail durchgestylt, egal ob sie einer Formation mit 50 oder 200 Teilnehmern angehören.

Eine Miniaturgruppe besteht nur aus zwei Leuten, die auf einem Lastwagen ein Stück Strand aufgebaut haben, mit Sand, Muscheln und Steinen. Die üppige Dame hat sich in einen Gold-Bikini gehüllt und ihr Begleiter gibt den Herrscher des Strandes in einem roten Satingewand, mit riesigen Sonnenbrillen und Sombrero. Die Lautsprecher-Boxen, die auf den Truck montiert wurden, verbreiten bass-lastige Tumba-Klänge, auf den Wägen und um sie herum wird getanzt. Fernsehteams und Fotografen umkreisen ihrerseits wieder die Tanzenden und fügen sich so in den Fluss des Geschehens ein.

Kulturelle Unterschiede
Nur einmal wird es ein wenig ruhiger, als nämlich eine holländische Gruppe, adjustiert mit wenig einfallsreichen Narrenkappen, sich auf einem LKW zuprostet und holländische Volkslieder singt. Dieses Kuriosum geht beinahe unter in dem Farben- und Klangrausch karibischer Ausgelassenheit.

Die Straßen werden von Tausenden Menschen gesäumt. Behelfsmäßig wurden kleine Tribünen errichtet, tragbare Barbecues sorgen für das leibliche Wohl. Während die ersten Gruppen den Rooseveltweg schon passiert haben, formiert sich eine der größeren Gruppen: Estreno di Pikete. Sie präsentiert sich mit Streitwagen, geschnitzten Pferden, jede Menge Gladiatoren, Römern und Römerinnen.

Eine von ihnen ist Maria Liberia-Peters, die ehemalige Premierministerin von Curacao. Sie mischte sich auch während ihrer Amtszeit, gegen den Willen ihres Sicherheitspersonals, unters tanzende Karnevalsvolk. Auch nach ihrer Pensionierung nimmt sie an der großen Parade, verkleidet als Römerin, teil und lässt den Streitwagen, auf dem sie bequem den Rooseveltweg hinunterfahren könnte, zumeist links liegen. Die groß gewachsene Nachfolgerin der Arawks, der Ureinwohner von Curacao, tanzt lieber ausgelassen und geschmeidig mit den anderen Mitgliedern ihrer Gruppe.