Ein Lamento

Die Schrecken des Eises und der Finsternis

Was ist das Gegenteil von Theater? - Richtig: der Winter. Jahr für Jahr das Gleiche: wegen vollständigen Misserfolgs wieder aufgenommen. Wieder Eis und Schnee und Frost. Und dann will man uns neuerdings noch die Glühbirne verbieten. Ein Lamento.

Ich bin nicht winterdepressiv. Am Winter nervt mich lediglich alles, was er zu bieten hat, schlicht alle seine Eigenheiten: Kälte, Schnee, Dunkelheit. Die massiven Schuhe, die es braucht, um das Haus zu verlassen, und die die Beine schwer machen. Die dicken Pullover. Die unhandlichen Jacken und Mäntel. Allein so eine Jacke, die man zu allem Sonstigen auch noch zu schultern hat, ist ja die reine Qual. Dazu kommen noch die lästige Kopfbedeckungen, ohne die man sich die Ohren abfriert oder sich gar extrem schmerzhafte Nebenhöhlenentzündungen zuzieht. Die Wahrheit ist ja: Die meisten Leute, die glauben, an Migräne zu leiden, haben in Wahrheit eine Nebenhöhlenentzündung. Fragen Sie Ihren Arzt.

Den Schnee finden manche Menschen ja sogar amüsant. Ich halte das für geisteskrank und für fast schon debil. Möglicherweise, in den ersten Stunden, mag es ja visuell seinen Charme haben, wenn plötzlich die Welt im Weiß versinkt. Aber der Mensch sollte doch zu einem Mindestmaß an Voraussicht fähig sein. Dann weiß er: Die Rache der Natur folgt ohne Verzug: Das Abkehren des Autos. Bei Eisbefall gar das Abkratzen – eine Plackerei. Die Rutschgefahr. Die noch massiveren, unabdingbaren Stiefel. Und spätestens nach zwei Tagen verwandelt sich die sogenannte „weiße Pracht“ ohnehin in braunen Gatsch. Als preisbewusster Mensch muss ich dann noch auf die Kosten der Schneeräumung hinweisen. Um das Geld könnte man ja auch fein essen gehen. Also: Meinetwegen hätte man auf die Erfindung des Schnees verzichten können.

Das Schlimmste aber ist vermutlich, und das will bei all den anderen Übeln des Winters etwas heißen, die Dunkelheit. Gerade eben erst wurde es ein wenig hell, schon bricht wieder die Nacht herein. Man fragt sich, wozu es überhaupt noch Tag wird. Lohnt sich ja gar nicht. Der Mensch hatte schon Gründe, warum er sich irgendwann in grauer Vorzeit dazu entschloss, bei Nacht zu schlafen und bei Tag munter zu sein. Wobei man meinethalben bei der Erschaffung der Welt auch auf die Nacht gänzlich hätte verzichten können. Was bringt die?

Im Winter ist es besonders schlimm: endlose Finsternis, die sich aufs Gemüt schlägt. Übrigens ist mittlerweile sogar medizinisch nachgewiesen, dass Dunkelheit Depressionen erzeugt. Dagegen wird neuerdings eine „Lichttherapie“ empfohlen. Man kann also festhalten: Von der Dunkelheit profitieren die Ärzte, die Psychotherapeuten und die Stromerzeuger. Berufsgruppen, die ohnehin nicht am Hungertuch nagen. Alle anderen leiden.

Völlig treffend nannte Christoph Ransmayr eines seiner Bücher „Die Schrecken des Eises und der Finsternis“. Kann ich jedem und jeder nur empfehlen, der oder die von irgendwelchen Klima- oder Treibhausängsten befallen ist. Zu Ransmayrs Zeiten wusste man eben noch, dass die Finsternis der Feind des Menschen ist. Und das Eis sowieso. Das Eis überhaupt. Je schneller es von diesem Planeten verschwindet, desto besser für alle Beteiligten. Wenn mir Leute ausgerechnet im Winter mit dem Klimawandel kommen, sage ich gern: Solange nicht am Neusiedler See die Palmen verdorren, kann es nicht zu heiß sein.

Zu der winterlichen Schrecknissen passte gut die Meldung, dass auch noch die Russen das Gas abgedreht hätten. Da gab’s Aufregung! Selbst den eingefleischtesten Schnee-, Winter- und Kältefreunde wurde da mulmig zumute. Haha, jetzt plötzlich, kann ich da nur sagen. Indes bestätigt die ganze Affäre nur, was ich seinerzeit schon predigte: Wir hätten nicht der EU beitreten sollen, sondern der GUS. Dort bekommt man Gas zum halben Preis, halbwegs Wohlverhalten vorausgesetzt. Was dem gelernten Österreicher, dem unerreichten Weltmeister des Opportunismus ja nicht schwer fallen sollte. Bei der EU hingegen müssen wir immer nur zahlen.

Dafür will uns die EU jetzt zu allem Überfluss die Glühbirnen verbieten – ein Schurkenstreich, den man nur noch fassungslos beobachten kann. Ich frage: Wie kann man bei halbwegs gesundem Verstand auf die Idee kommen, die Glühbirne zu verbieten? – Wo doch, neben allem anderen, gerade die Glühbirne das Symbol der Zivilisation, des Fortschritts, der kreativen Potenz der Menschheit schlechthin ist. Was ist in tausenden von Illustrationen das allgemein bekannte Merkzeichen dafür, dass jemand einen Einfall hat, dass er eine Idee geboren hat, dass sein dunkler Geist von einer Erkenntnis erhellt wurde? – Richtig: eine brennende Glühbirne. Was also sagt das über die EU, wenn sie dieses Symbol der Weisheit und der Erleuchtung verbietet? – Eben.

Naja. So könnte man noch lange lamentieren. Aber ich hör‘ eh schon auf. Und tschüss.