Breite Medien-Palette von Textil bis Beton und Theorie

Linda Thalmann, bildende Kunst

Sie begann im Textil-Bereich: Linda Thalmann, Jahrgang 1983, die bereits die Studien Kunstgeschichte und Textil/Kunst beendet hat und nun Medienkultur-und Kunsttheorien an der Kunst-Uni Linz studiert. Ab 2. September zeigt sie ihre "ProthesenWerkstatt".

"Nach der Matura stellte sich die Frage: was mache ich nun? Es gab für mich die zwei Möglichkeiten: entweder Biochemie oder Kunst zu studieren. Nachdem ich mit Freunden, die im Textil-Bereich tätig waren gesprochen hatte, entschied ich mich für das Kunst-Studium. Es schien mir damals für mich das Richtige zu sein.

Es ist ein interessantes Gebiet, aber ich entdeckte im Laufe des Studiums, dass die Techniken, die im Textil-Bereich vermittelt werden, mir nicht liegen. Es ist oft so, dass zuerst das Material da ist und dann das Konzept entwickelt wird. Und ich arbeite genau umgekehrt", erzählt Linda Thalmann, gebürtige Linzerin, Jahrgang 1983, über ihre Anfänge.

Seit 2005 studiert die junge Nachwuchs-Künstlerin Medienkultur-und Kunsttheorien an der Kunst-Universität Linz und wird voraussichtlich 2010 abschließen.

Ihr Master-Studium in Textil/Kunst & Design hat sie in Linz bereits 2007 mit Auszeichnung beendet. In Kunstgeschichte hat sie ihren Bachelor 2006 an der Paris-Lodron-Universität Salzburg gemacht. Seit Herbst 2008 lebt die Nachwuchs-Künstlerin nun großteils in Wien.

Von Papier bis Beton

"Im Textil-Bereich mache ich aufgrund meiner Arbeitsweise derzeit nichts. Was mich im Moment interessiert, sind vor allem vergängliche Medien. Ich habe jetzt viel mit Papier, mit Kreide gearbeitet, was ich sehr spannend finde. Um auch dauerhaftes Material zu verwenden, war es zuletzt Beton.

Meist sind es billige Materialien, die man nicht immer leicht verarbeiten, aber leicht finden kann. Wenn es sich anbietet, kommt auch die Fotografie dazu. Und in letzter Zeit habe ich mich auch mit Film beschäftigt. Wobei mir dieses Medium noch etwas unheimlich ist aufgrund der Komponente Zeit", so Thalmann.

Der Mensch im Zentrum

"In meinen Arbeiten steht prinzipiell der Mensch im Zentrum. Ein Ausgangspunkt für viele meiner Werke ist, wenn ich mich über etwas ärgere - über Organisationen oder Gruppen. Was mich auch sehr interessiert, ist das Unvermögen des Menschen, sein unüberlegtes Verhalten und mitunter seine Unbildung.

Es geht bei mir meist um Irritation - auch wenn manche Sachen auf den ersten Blick vielleicht harmlos nett wirken. Und Humor ist mir ebenfalls sehr wichtig", beschreibt Thalmann ihren Zugang.

"ProthesenWerkstatt" bei "Fantasmarama"-Schau

Bis 7. September 2009 präsentierte Linda Thalmann ihr neues Projekt "prothesenWerkstatt", das parallel zum "Ars Electronica"-Festival im Rahmen der von ihr kuratierten Ausstellung "Fantasmarama. 101 Digital Emotions" in Linz stattfand.

Dabei wurden nach einer fundierten Befragung von Betroffenen "Körpererweiterungen" gefertigt, die ein schöneres Leben ermöglichen sollen.

Erste Einzel-Schau "grau.tier" in Gmünd

Ihre erste Einzel-Ausstellung "grau.tier", die bis 31. Juli zu sehen war, hatte die ambitionierte Künstlerin, die bereits seit 2001 zahlreich vertreten war, in der "Neuen Galerie" in Gmünd in Kärnten. Und das Thema war ein durchaus bekanntes: die Dummheit des Menschen.

"In meinen Arbeiten der letzten Jahre kam immer wieder der Esel vor. Esel und Mensch - das verschwimmt oft bei mir. Denn der Esel wird oft so unterschätzt und als störrisches, dummes Tier gesehen. Wobei er aufgrund seiner Intelligenz diese Sturheit hat. Gleichzeitig ist der Esel ein so ambivalentes Tier: einerseits ist er lieb und sehr ausdauernd, gleichzeitig aber nicht besonders belastbar.

Und beim Menschen sehe ich das ähnlich. In meiner Schau waren viele Beton-Esel zu sehen, die immer mehr ihre Form verlieren und sich schließlich auflösen", so Thalmann.

Die Exponate sind nun in der Galerie Miklautz in Gmünd/Kärnten noch zu sehen.

"Botanica 2009" und Gemeindebau-Schau in Wien

Arbeiten von Linda Thalmann waren heuer auch im Rahmen der OÖ. Landesgartenschau "Botanica 2009" in Bad Schallerbach sowie bei der Ausstellung "Was wäre Wien ohne Gemeindebau?" in Wien-Penzing zu sehen:

"Bei der 'Botanica' zeigte ich etwas, das die Besucher in dieser perfekt inszenierten Naturschau irritieren sollte. Meine Arbeit 'Heaps of Reality' besteht aus vielen künstlichen Maulwurfshügeln aus Beton, die sich clusterhaft an einer Stelle verdichten. So dass die Besucher nicht auf den ersten Blick erkennen, ob sie künstlich oder echt sind."

"Was mich faszinierte, als ich nach Wien zog, war einerseits diese Anhäufung von Gemeindebauten, die es in Linz so nicht gibt, und andererseits die Tatsache, dass jeder dieser Bauten durch die Aufschrift als solcher erkennbar ist.

Wenn man aus den Aufschriften die richtigen Teile herausnimmt, kommt man auf den Titel 'Mein Wohn Haus'. Ich werde Buttons mit Gemeindebau-Fotos machen, die dann jeder mitnehmen kann", erläutert Thalmann.

"Suppe im Salz" bei Sommerakademie 2008

Zu einer der wichtigsten Arbeiten Thalmanns zählt die Installation "Suppe im Salz", die im Sommer 2008 entstanden ist:

"Hier ging es um die Thematik des Niedergangs der salzproduzierenden Industrie, die natürlich Spuren bei den Menschen dieser Region hinterlassen hat. Die Installation sah so aus, dass ich Schüsseln aus Salz gemacht habe, in denen sich für kurze Zeit Nudelsuppe befand. Zusätzlich dazu lief ein Video, das den Zerstörungsprozess der Gefäße zeigte."

"mundtot" als Kommentar

In ihrer Arbeit "mundtot", die im Frühjahr 2008 entstand, setzte sich die junge Künstlerin mit dem Thema Meinungsäußerung auseinander:

"Es waren mit Transfer-Druck bedruckte Mundschutzmasken, die den Aufdruck 'Mundtot' trugen. Die Masken waren zum Mitnehmen gedacht, so dass man mit ihnen durch die Stadt gehen konnte. Bei dieser Arbeit ging es mir zu zeigen, warum man sich zu einem Thema äußert - oder eben nicht. Und: wird eine Nicht-Äußerung auch als Kommentar gesehen?"

Dritter Preis für "ARCOTEL Nike"-Fassadengestaltung

Und heuer hat Lindemann, die schon mehrfach ausgezeichnet wurde, den dritten Preis beim Wettbewerb zur Gestaltung zweier Fassadenblenden am "ARCOTEL Nike" in Linz erhalten.

Praxis und Theorie verbinden

"Ich möchte als freischaffende Künstlerin tätig sein, aber auch als Kuratorin arbeiten und schreiben. Es ist eine wichtige Ergänzung – und ich werde meinen Weg zwischen Theorie und Praxis finden", skizziert Thalmann ihre berufliche Perspektive.

Mit Blick auf "documenta 2017"

Wie lauten die Zukunftswünsche der jungen Nachwuchs-Künstlerin?

Wie lauten? "Zielstrebig weiter zu arbeiten, erreichen, dass die Arbeiten noch mehr Hintergrund bekommen - jedenfalls nicht aufgeben. Und die übernächste 'documenta' im Auge behalten", so Linda Thalmann schmunzelnd.

Die Ö1 Talentebörse ist ein Kunstförderprojekt mit Unterstützung der Bank Austria

Mehr zu Ausstellungen, Preisen und diversen Tätigkeiten von Linda Thalmann in oe1.ORF.at

Kontakt
Linda Thalmann

Tipp
Die Porträts der Ö1 Talentebörse können im Rahmen der Ö1 Podcast nachgehört werden. Alle Sendungen des kostenfreien Radio-Abos finden Sie hier.

Hör-Tipp
Ö1 Talentebörse, Dienstag, 25. August 2009, 7:55 Uhr

Links
Kunstuniversität Linz
Universität Salzburg
Kunstuniversität Linz – ARCOTEL Nike Fassadenwettbewerb
Kunstuniversität Linz – BestOff 08: Linda Thalmann: "mundtot"
Linda Thalmann
Fantasmarama. 101 Digital Emotions
Galerie Gmünd
OÖ Landesgartenschau Botanica 2009 - Kunstzone
Päckchen für Kirgistan
ProthesenWerkstatt