Antithese zu Fischer-Dieskau

Schlusnus singt Mahler

Die Gesangskunst von Heinrich Schlusnus war die Antithese zu Dietrich Fischer-Dieskau: Ungekünstelt lässt Schlusnus seine Stimme strömen und erzielt damit großen Eindruck. So zu hören in einer Aufnahme mit Mahlers "Liedern eines fahrenden Gesellen".

Heinrich Schlusnus: "Wenn mein Schatz Hochzeit macht"

Preiser Records, das Wiener Spezialhaus für historische Wiederauflagen, hat auf einer seiner neuesten Veröffentlichungen vier interessante LP-Einspielungen aus den 50er Jahren zum Teil erstmals auf CD zugänglich gemacht.

Es handelt sich dabei durchwegs um Vokalaufnahmen mit Künstlern, von denen zumindest drei bis heute einem breiteren Publikum noch immer ein Begriff sind. In erster Linie ist da wohl der Bariton Heinrich Schlusnus (1888-1952) zu nennen, der im Jahr 1950 beim Hessischen Rundfunk unter dem Dirigenten Winfried Zillig Gustav Mahlers "Lieder eines fahrenden Gesellen" aufgenommen hat und dabei stimmlich noch immer aus dem Vollen schöpfen konnte.

Jahrhundertstimme

Das Timbre dieser Jahrhundertstimme ist unverändert, lediglich der Atem ist altersbedingt etwas kürzer geworden. Ungekünstelt, quasi als Antithese zu Fischer-Dieskau, lässt Schlusnus seine Stimme strömen und erzielt damit großen Eindruck.

Auch die rund 2.000 Liederabende, die er im Laufe seiner Karriere gegeben hat, haben den ebenso als Verdi-Sänger berühmt gewordenen Künstler keineswegs zum Routinier werden lassen.

Goltz singt "Vier letzte Lieder"

Große Opernerfahrung haben auch die erst unlängst verstorbene Christel Goltz, die mit "Vier letzte Lieder" von Richard Strauss (unter Hollreiser) vertreten ist, und die Altistin Elisabeth Höngen vorzuweisen, die unter Ferdinand Leitner in Brahms "Alt-Rhapsodie" zu hören ist. Trotzdem finden beide den richtigen Ton für diese diffizilen Stücke, sehr geradlinig und keineswegs artifiziell, wie man es vor allem bei den vier letzten Liedern immer wieder hört - sozusagen in Schwarzkopf-Manier.

Mit Mahlers "Kindertotenlieder" (unter Willem van Otterloo) erinnert die neue Preiser-CD an den zwar vergessenen, aber nichtsdestoweniger bedeutenden schlesischen Konzertsänger Hermann Schey (1895-1981), der vor allem in Holland sehr erfolgreich gewesen ist, bis er auch dort vor den Nazis nicht mehr sicher war und in den Untergrund gehen musste. Seine unprätentiöse Vortragsweise macht ihn zu einem geradezu modernen Liedersänger ohne jedes vordergründige Pathos.

CD-Tipp
Lieder von Gustav Mahler, Johannes Brahms, Richard Strauss, gesungen von Heinrich Schlusnus, Hermann Schey, Elisabeth Höngen und Christel Goltz, Preiser Records

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Preiser Records

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