Magisches Pianissimo
Die schönste Stimme der Welt
Zinka Milanov besaß die schönste Stimme der Welt. Sie selbst war davon überzeugt. Fachleute, Kolleginnen und Kollegen haben das auch neidlos bestätigt. Ihre magischen Pianissimo-Töne wurden als unvergleichlich bezeichnet.
8. April 2017, 21:58
"Pace, pace" aus "La forza del destino"
Sie selbst hat keinen Augenblick daran gezweifelt und hat das auch stets betont: Sie besaß die schönste Stimme der Welt. Punktum. Und Fachleute und Kollegen, von Sir Rudolf Bing (22 Jahre lang Generalmanager der Met) über den deutschen Kritiker-Papst Jürgen Kesting bis zu Christa Ludwig, haben das auch immer wieder neidlos bestätigt und vor allem ihre magischen Pianissimo-Töne als unvergleichlich bezeichnet.
Inspiration des Herzens
"Irgend jemand erzählte mir von dieser wundervollen Sopranistin", erinnerte sich Bing. "Und ich fuhr nach Connecticut, um sie dort im 'Maskenball' singen zu hören. Die Dekorationen hatte man anscheinend von einer alten Weihnachtsvorstellung von 'Hänsel und Gretel' übernommen; Chor und Orchester vermochten sich nur selten über die Tempi zu einigen, die anderen Solisten waren drittklassige Provinz und hatten die Dekorationen offensichtlich nie zuvor gesehen, geschweige denn in ihnen geprobt. Und in dieser lächerlichen Umgebung erklang eine Stimme von solcher Schönheit, wie ich sie nie zuvor gehört hatte."
"Diese Stimme ist wirklich die Stimme unseres Jahrhunderts", konstatierte Christa Ludwig. "Selbst von den wundervollsten anderen Künstlerinnen ist sie nicht übertroffen worden. Ihre Aufnahme von 'Pace, pace' ist die Inspiration meines Herzens."
Durchbruch in Wien
Zinka Milanov wurde am 17. Mai 1906 in Zagreb geboren. Schon als Kind hat sie großes gesangliches Talent gezeigt, hat dann in ihrer Heimatstadt studiert (unter anderen bei Milka Ternina) und 1927 in Laibach debütiert. Danach war sie jahrelang am Opernhaus von Zagreb tätig, wo sie quer durch den Gemüsegarten praktisch alles gesungen hat, angeblich sogar die beiden Brünhilden und das natürlich auf Kroatisch.
Gastspiele führten sie schließlich nach Dresden, Prag, nach Wien, zu den Salzburger Festspielen, wo sie auf Empfehlung von Bruno Walter unter Toscanini im Verdi-Requiem gesungen hat, und damit direkt nach New York.
Met-Primadonna
Am 17. Dezember 1937 debütierte sie als Leonora in "Il Trovatore" an der Met und wurde bald zur Nachfolgerin von Rosa Ponselle, die sich nach einem Streit mit dem Management und ihrer wenig freundlich aufgenommenen Carmen ziemlich abrupt und erst knapp über 40 Jahre alt von der Bühne gänzlich zurückgezogen hat.
Doch auch die Milanov - ohnehin mit einer Überportion Selbstbewusstsein ausgestattet - geriet mit dem damaligen Met-Chef Edward Johnson bald aneinander. Sie verließ die Metropolitan, wurde zwischenzeitlich Titos Geliebte, ließ sich von Rudolf Bing aber dann wieder zurückholen und blieb bis zu ihrem tränenreichen Abschied im Jahr 1966 die eigentliche Primadonna des Hauses, eine Position, die sie stets auch sehr scharfzüngig verteidigt hat.
Ausgeprägtes Ego
Unzählige Anekdoten - insbesondere über ihr ausgeprägtes Ego - kursieren über Zinka Milanov, deren Wesen die amerikanische Musikautorin Mary Ellis Peltz einmal als "halb Kind, halb Frau und ganz und gar Primadonna" charakterisiert hat.
Eine der witzigsten liefert der ehemalige RCA-Präsident George Marek: "Wir hatten eben eine Aufnahme in Rom beendet, als ich ein Abendessen zu meinem Geburtstag gab. Milanov saß zu meiner Rechten, und dann kamen Björling, Warren und andere. Sie alle sangen 'Happy Birthday'. Danach wandte sie sich zu mir und sagte: 'Wie ist es, wenn die schönste Stimme der Welt für einen 'Happy Birthday' singt?' Und beim Abhören des Takes in New York sagte sie zu Björling: 'Oh, Jussi, meine Stimme ist so schön, dass ich weinen möchte.'"
Tod in New York
Zinka Milanov hat auch viele Konzerte gegeben, oft gemeinsam mit ihrem Bruder, dem Komponisten Bozidar Kunc am Klavier, mit dem sie sehr innig verbunden gewesen ist und der sie stets auch beraten und ihre Karriere nach Kräften gefördert hat.
Bei einem solchen Konzert - 1964 in Detroit - ist Bozidar Kunc plötzlich tot am Podium zusammengebrochen. Seine Schwester, die nach ihrem Bühnenrückzug in New York unterrichtet hat, überlebte ihn dann noch ein Vierteljahrhundert. Zinka Milanov starb vor 20 Jahren, am 30. Mai 1989.
Hör-Tipp
Apropos, Oper Dienstag, 5. Mai 2009, 15:06 Uhr